Wie beeinflussen Krieg und Krisen die Bildung von Kindern?

Autor:
Jana Sepehr

Warum das wichtig ist
Bildung erhöht die Chancen von Kindern auf eine bessere Zukunft und ein selbstbestimmtes Leben. Sie verringert Armut und schützt Mädchen und Frauen vor Kinderehen. Deshalb fordern wir Regierungen weltweit auf, sich dafür einzusetzen, dass alle Kinder zur Schule gehen können. Machst du mit? 

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Seit Jahrzehnten ist Afghanistan von bewaffneten Konflikten geplagt – mit gravierenden Folgen für die Bevölkerung, vor allem für Kinder: Etwa die Hälfte der Kinder geht nicht zur Schule, 69 Prozent der Bevölkerung (über 15 Jahren) sind Analphabeten. 

Afghanistan war einst auch die Heimat von Hila und Wana Limar. Als Kinder flohen die Schwestern von Kabul nach Hamburg. Hila, 32, studierte Architektur und leitet heute als Vorstandsvorsitzende den Verein Visions for Children, der mit Projekten in Afghanistan und Uganda die Bildungschancen von Kindern verbessern will. Wana arbeitet als Redakteurin und Moderatorin und engagiert sich ebenfalls ehrenamtlich in dem Verein. 

Kindern Zugang zu Bildung zu ermöglichen, ist eine globale Herausforderung

Aus ihrer eigenen Erfahrung wissend, dass Bildung Schlüssel zu einer besseren Zukunft ist, haben sich Hila und Wana  entschieden, ihre Energie und Zeit dafür aufzuwenden, Kindern Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Für ihr soziales Engagement wurden die Schwestern 2019 gleich zweimal ausgezeichnet: Sie gewannen den Edition F Award als zwei von “25 Frauen, die mit ihrer Stimme unsere Gesellschaft bewegen” und wurden zu Hamburgerinnen des Jahres gekürt. “Die Auszeichnungen sind eine Bestätigung dafür, dass die Problematik und der Sinn unserer Arbeit verstanden wurde”, sagt Hila Limar.

Laut UNESCO, würde der Ausbauen von Bildungsstätten weltweit dazu führen, dass etwa 171 Mio. Menschen allein durch das Erlernen von grundlegenden Lesefähigkeiten der Armut entfliehen könnten. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge würde der Besuch der Schule Armut um 12 Prozent reduzieren und einer Einkommenssteigerung um 10 Prozent in einem Jahr führen.

Von der Architektin zur Aktivistin für Bildung

“Wir sind als ehrenamtlicher, studentischer Verein gestartet und als Zusammenschluss von Freund*innen, die in ihrer Freizeit die Vereinsarbeit betrieben – nach der Uni, an Wochenenden, nach dem Jobben, in den Ferien. Wir sind immer schon intrinsisch motiviert gewesen, zu helfen”, sagt Hila. Seit 2007 ist sie aktives Mitglied des Vereins, seit 2009 dessen Vorsitzende. 

Seit sechs Jahren wächst Visions for Children stetig. Die Projekte werden größer, mehr Fördergelder kommen rein und auch personell rüsten sie auf. “2018 habe ich die Entscheidung getroffen, meinen Beruf als Architektin aufzugeben und in Vollzeit bei Visions for Children einzusteigen. Es war an der Zeit, die internen Strukturen den neuen Gegebenheiten anzupassen und dazu gehörte es auch, sich voll der Aufgabe zu widmen”, erzählt Hila. “Seitdem  arbeite ich in Teilzeit für Visions for Children, das bedeutet, dass ich für 20 Stunden pro Woche vergütet werde, die restlichen 20 bis 30 Wochenstunden leiste ich noch ehrenamtlich.”

Bildung in Krisengebieten

“Was ich wirklich schockierend finde ist, dass 378 Millionen Kinder in Krisengebieten zwar vier Jahre zur Schule gehen, aber nichts lernen. Ich meine damit leider wirklich, dass sie keinen Satz richtig schreiben oder lesen und leichte Rechenaufgaben nicht lösen können. Das ist fatal.”

Weltweit leben 462 Millionen Kinder und Jugendliche im Schulalter in Ländern, die von Krisen, Kriegen oder Naturkatastrophen betroffen sind. Erdbeben, Überflutungen, bewaffnete Konflikte oder Gesundheitskrisen wie ein Ebola-Ausbruch führen dazu, dass Kinder zeitweise oder für den Rest ihres Lebens mehr zur Schule gehen. 

Die Arbeit von Visions for Children

Die Vision des Vereins ist es, dass jedes Kind Lesen und Schreiben lernt. “Unser Schwerpunkt ist die Förderung und langfristige Verbesserung der Lernbedingungen und der Bildungsqualität an Schulen in Krisen- und Kriegsgebieten”, erklärt Hila die Arbeit von Visions for Children. 

Konkret arbeiten sie daran, Schulen zu einem Ort zu machen, an dem Kinder lernen können. Das klingt logisch - ist es aber leider nicht immer: Hilas Erfahrungen als Architektin spielen ihr hier in die Karten. “Wenn ich auf der Baustelle einer unserer Schulen in Afghanistan oder Uganda bin, fallen meinem geschulten Auge bei der Endabnahme Mängel auf.” Mit Partnern vor Ort arbeitet sie an Entwürfen für neue Schulen und Gebäude, an der Ausstattung und daran, die nötige Infrastruktur zu schaffen. 

Als Vorsitzende des Vereins ist Hila zudem dafür zuständig, alle Bereiche zu überblicken, die Budgetplanung zu entwerfen und die Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Unternehmen, Stiftungen und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zu koordinieren. 

Doch besonders wenn sie die Projekte in Afghanistan und Uganda besucht, geht ihr Herz auf: “Wenn ich die Kinder sehe und spüre, wie ihre Lernmotivation und ihr Selbstbewusstsein durch das neue Schulgebäude gestiegen sind – dann weiß ich, dass ich das richtige tue.”


“Aktivist*innen erzählen“ ist eine Artikelserie, in der Aktivist*innen zu Wort kommen, die in Bereichen wie der globalen Gesundheit, dem Umweltschutz und der Gleichberechtigung arbeiten oder sich engagieren. Unser Ziel ist es, euch Fragen zu den Themen zu beantworten, für die Global Citizen brennt und Kampagnen durchführt. Du kannst dich hier mit uns für diese Themen stark machen. Du hast eine Frage an eine*n Aktivist*in? Dann stell sie uns einfach in unserer Facebook-Gruppe.