Es hat schon etwas von einem dystopischen Science-Fiction-Film – während die Klimakrise Wälder und Seen zum Kochen bringt, eine Pandemie Milliarden Menschen gefährdet und Welthunger überhand nimmt, pumpt eine Handvoll megareicher Männer Milliarden an US-Dollar in ihre Raumfahrtunternehmen. 

Leider kein Film, sondern schiere Wirklichkeit: David Beasley, Leiter des Welternährungsprogramms (WFP), sah in einem CNN-Clip, wie der "Wettlauf ins All" als edles Unterfangen dargestellt wurde, als etwas, das jemand wie Jeff Bezos schon sein ganzes Leben lang machen wollte. Beasley findet jedoch, dass das Geld besser eingesetzt werden sollte. 

Also rief er am 26. Juni Jeff Bezos, Elon Musk und Richard Branson in einem Tweet dazu auf, sechs Milliarden US-Dollar (rund 5,04 Milliarden Euro) beizusteuern, um 41 Millionen Menschen in 43 Ländern vor dem Hungertod in diesem Jahr zu retten. Das mag nach einer großen Bitte klingen, aber für die drei Milliardäre ist das eher Taschengeld.

Bezos ist 192,6 Milliarden US-Dollar (rund 161,75 Milliarden Euro) schwer, Musk ist 165,9 Milliarden US-Dollar (rund 139,33 Milliarden Euro) wert und Branson besitzt 6,3 Milliarden US-Dollar (rund 5,29 Milliarden Euro). Zusammen sind das unglaubliche 364,8 Milliarden US-Dollar (rund 306,37 Milliarden Euro), die nach Beasleys Schätzung 60 Mal so oft reichen würden, um Menschen vor Hunger zu bewahren. 

Die Zahl der Menschen, die vom Hungertod bedroht sind, hat sich durch Covid-19 verdoppelt

Schon vor der COVID-19-Pandemie wuchs der Welthunger seit Jahren. Anhaltende Konflikte, regionale wirtschaftliche Stagnation und die eskalierenden Auswirkungen der Klimakrise auf die Landwirtschaft verschlimmern die Situation stetig. 

Die Pandemie hat diesen Trend erheblich beschleunigt. Die wirtschaftliche Lage destabilisierte sich weltweit, landwirtschaftliche Produktion wurde unterbrochen und Lieferketten gestört. Infolgedessen verdoppelte sich die Zahl der Menschen, die vom Hungertod bedroht sind, auf 270 Millionen. In vier Ländern – Äthiopien, Madagaskar, Südsudan und dem Jemen – sind bereits mehr als 600.000 Menschen von einer Hungersnot bedroht. 

Zusammen mit Forbes hat Global Citizen deswegen die Kampagne "Give While You Live" ins Leben gerufen, um Milliardär*innen zu ermutigen, jährlich fünf Prozent ihres Vermögens an gemeinnützige Organisationen zu spenden. 
"Global Citizen unterstützt alle Bemühungen, die darauf abzielen, dass die Gelder viel schneller an Wohltätigkeitsorganisationen fließen, insbesondere da philanthropische Stiftungen gerade ein beispielloses Wachstum erleben und Milliarden von Dollars ungenutzt bleiben – und das zu einer Zeit, in der Wohltätigkeitsorganisationen diese Gelder mehr denn je benötigen, um auf die Gesundheits-, Wirtschafts- und Hungerkrisen zu reagieren", sagte Michael Sheldrick, Global Director of Policy and Advocacy bei Global Citizen. 

Während Millionen Menschen in größter Armut leben, sind in den USA neue Milliardär*innen aufgetaucht

Die Pandemie hat aber nicht nur schlimme Folgen für die globale Armut und Menschen, die an Hunger leiden. Auch die globale Ungleichheit hat sich weiter verschärft. Allein in den USA sind in den ersten elf Monaten der Pandemie 56 neue Milliardär*innen aufgetaucht, und das Gesamtvermögen aller 650 Milliardär*innen stieg um sagenhafte 1,3 Billionen US-Dollar (rund 1,09 Billionen Euro) auf 4,6 Billionen US-Dollar (rund 3,86 Billionen Euro). Das sind unvorstellbare Zahlen.

Auf der anderen Seite stehen Organisationen wie WFP und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) vor enormen Finanzierungslücken. Gerade so konnten sie ihre Nothilfeprogramme aufgestocken, um den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie Kleinkindern und schwangeren Frauen zu helfen, während sie gleichzeitig Familien mit Lebensmittelpaketen unterstützen. 

Gruppen wie der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) und das Ban Ki-moon Centre for Global Citizens versuchen unterdessen, Kleinbäuer*innen dabei zu helfen, sich von der Pandemie zu erholen und die Verluste zu begrenzen, die sie erlitten haben. Aber auch hier wird finanzielle Unterstützung benötigt, um Programme effizient durchzuführen.

Die Raketen werden große Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre freisetzen

In Anbetracht der Millionen von Menschen, die an Hunger und Armut leiden, wirkt der “Wettlauf ins All” geradezu zynisch. Laut CNN will Bezos seinen Bruder und jede*n andere*n mitnehmen, der oder die gerne von sich sagen, dem Mond näher gekommen zu sein. 

Kritiker*innen betrachten das Vorhaben schon als Perversion, gerade unter den derzeitigen Umständen. Schon jetzt befindet sich viel “Weltraumschrott” in der Erdumlaufbahn. Kaputte Satelliten kollidieren miteinander und kleine Teile verlieren sich zurück auf die Erde. 

Und auch wenn Raketen wie Blue Origin, Virgin Galactic und SpaceX den Reisenden einen Instagram-tauglichen Blick auf die Erde ermöglichen werden, setzen sie gleichzeitig astronomische Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre frei. 

In der Vergangenheit blickte die Menschheit oft zu den Sternen, um nach einem Ausweg aus Problemen zu suchen, die ihre Existenz plagten. Jetzt, wo die Lösung für Armut auf der Hand liegt und der Nachthimmel mit Luftverschmutzung bedeckt ist, entwickelt sich der Weltraum zum exklusiven Spielplatz für die Superreichen.

Wenn auch du dafür bist, dass Entscheidungsträger*innen jetzt handeln müssen, um den Hunger weltweit zu besiegen, dann werde hier mit uns aktiv.

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Ein Beitrag von Joe McCarthy