In Großbritannien – genauer gesagt in Leeds – wurde nun der erste Supermarkt eröffnet, der ausschließlich Lebensmittelabfälle verkauft. Ja, richtig gehört! Freiwillige der Aktivistengruppe Real Junk Food Project betreiben die Lagerhalle, die täglich mit Nahrungsmitteln von anderen Supermarktketten beliefert wird, die sonst auf dem Müll gelandet wären. Und was das Projekt an angeblichen Lebensmittelabfällen erhält, ist nicht gerade wenig: pro Tag werden zwischen zwei und zehn Tonnen geliefert. JEDEN Tag. Und die Nahrungsmittel stehen jedem zur Verfügung.

Wie viel aber kosten die Lebensmittel, die die anderen Supermärkte längst aussortiert haben? Das kommt darauf an. Und zwar darauf, wie viel der Käufer bereit ist dafür zu zahlen. Denn es ist dem Käufer überlassen, wie viel ihm die Nahrungsmittel noch wert sind. Diejenigen, die kein Geld haben, können stattdessen mit ihrer „Zeit“ oder ihrer Mithilfe bezahlen und so das Projekt unterstützen. Adam Smith, Gründer des Real Junk Food Projects, ist mehr als überzeugt von der „Zahl so viel du möchtest“-Initiative. Die Verschwendung von Essen ist ihm bestens bekannt.

Vor ein paar Jahren arbeitete Smith als Koch in Australien. Um sein Arbeitsvisum zu verlängern, jobbte er gleichzeitig auf einer nahe gelegenen Farm. Eines Tages sah er, wie der Farmer eine ganze Tonne frischer Zucchini an die Schweine verfütterte. „Wie soll ich denn jeden Tag das frische Gemüse dahin bringen, wo es gebraucht wird?“, sagte der Farmer damals. Als Smith in seine Heimatstadt Leeds zurückkehrte, eröffnete er sein eigenes Café und verkaufte Speisen aus Lebensmitteln, die die großen Supermärkte wegschmissen. In Smiths Café müssen die Kunden nur das zahlen, was sie auch wirklich zahlen wollten. Und sein Konzept ging auf! Mittlerweile gibt es 120 „Real Junk Food“-Cafés rund um den Globus.

Für die Lebensmittel war die Reise aber auch bei Smiths Café nicht zu Ende: „Bis jetzt haben wir die Lebensmittel, die im Café übrig blieben, immer an Schulen gespendet. Es gibt viele Schulkinder, deren Familien sich das Mittagessen in der Schule nicht leisten können. Doch während der Sommerferien hatten wir so viele Lebensmittel übrig, dass wir nicht wussten, wohin damit“, sagt Smith. „Dann haben wir sie erstmal in einer Ecke unseres Lagerhauses gestapelt und auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken gepostet, dass wir Lebensmittel übrig hätten. Und was soll ich sagen, die Menschen kamen in Massen.“ Smith hofft, dass sich das Supermarkt-Konzept und die Unterstützung der Schulkinder über ganz Großbritannien ausbreiten wird. Allein in Leeds hilft das „Fuel for School“-Projekt von Adam Smith ca. 12.000 Schülern.

Doch auch in der Hauptstadt Großbritanniens tut sich was. Die Londoner Tageszeitung „Evening Standard” hat erst kürzlich eine neue Kampagne ins Leben gerufen, um der Lebensmittelverschwendung ein Ende zu bereiten. Über die ganze Titelseite war vergangene Woche in der Zeitung zu lesen: Warum schmeißt unser Land Millionen Tonnen frischer Lebensmittel in den Müll, wenn 400.000 Londoner nicht wissen, wo ihre nächste Mahlzeit herkommt?

Die „Food for London”-Kampagne der Zeitung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die übriggebliebenen Nahrungsmittel an die zu verteilen, die nicht genug zu essen haben, darunter Obdachlose und ältere Menschen. Nachforschungen des Evening Standard haben ergeben, dass in London gerade einmal 3% aller Lebensmittel - wenn sie nicht mehr im Supermarkt stehen dürfen - gespendet werden. Der Rest wird einfach weggeschmissen.

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Die Nachforschungen haben aber noch viel mehr ergeben: Würden die Supermärkte das Doppelte von dem spenden, was sie bisher spenden, könnten ein ganzes Jahr lang pro Woche 732.000 Mahlzeiten bereitgestellt werden. Damit ließe sich nicht nur Lebensmittelverschwendung verringern, sondern auch der Armut in den Städten entgegenwirken. Natürlich ist Lebensmittelverschwendung nicht nur in London ein Problem. Aber die Hauptstadt könnte ein wichtiges Signal aussenden.

Auch andere Länder machen sich inzwischen Gedanken über die eigentlich noch völlig genießbaren Lebensmittel, die Tag für Tag weggeschmissen werden. Frankreich zum Beispiel hat deshalb Anfang des Jahres ein neues Gesetz erlassen, das es allen Supermärkten verbietet, Lebensmittel wegzuschmeißen. Seit dem Gesetz müssen alle Lebensmittelabfälle zu Hilfsorganisationen und Tafeln geliefert werden.

Es scheint sich also was zu tun, was das Thema Lebensmittelverschwendung angeht. Und das ist gut so. Denn erschreckenderweise werden weltweit ein Drittel der 4 Milliarden Tonnen Lebensmittel, die jährlich produziert werden, einfach so auf den Müll geworfen. Einfach so. Und das obwohl die Lebensmittel noch absolut genießbar sind. Innerhalb Europas nimmt Großbritannien sogar einen der letzten Plätze ein, was die Lebensmittelverschwendung angeht: jedes Jahr landen 15 Millionen Tonnen einfach so auf dem Müll und nicht bei den Menschen, die es bräuchten.

Dagegen lässt sich aber etwas tun. Anfang des Jahres hat sich Starbucks in den USA dazu entschieden, 100% seiner ungenutzten Lebensmittel zu spenden. Das sind tolle Neuigkeiten, allerdings gibt es die gleiche Überlegung noch nicht in England. Doch jeder kann aktiv werden und die 160 Starbucks-Filialen in Großbritannien dazu auffordern, ab sofort keine Lebensmittel mehr wegzuschmeißen.

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Super! 1. Supermarkt in Großbritannien, der nur „Lebensmittelabfälle” verkauft

Ein Beitrag von James Hitchings-Hales