Warum das wichtig ist 
Elin Ersson hat es geschafft, eine erneute Debatte über die Abschiebungen von Asylsuchenden in Schweden auszulösen. Viele Länder haben in den vergangenen Jahren ihre Asylgesetze verschärft. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen fordern dazu auf, Menschenrechte (darunter auch faire Asylverfahren) ernst zu nehmen. Global Citizen setzt sich für eine gerechte Welt für alle ein. Hier kannst du aktiv werden.

Als Elin Ersson Anfang der Woche in Göteborg, Schweden, ein Flugzeug betritt, schaltet sie ihre Handykamera ein, läuft den Gang entlang und sagt mit ruhiger, entschlossener Stimme: „Ich werde mich nicht hinsetzen, bis diese Person das Flugzeug verlassen hat.“

Die Person, die sie meint, ist ein 52 Jahre alter Afghane der ebenfalls an Bord ist und nach Afghanistan abgeschoben werden sollte. Die Passagiermaschine von Turkish Airlines sollte ihn nach Istanbul bringen.

„Da hinten sitzt jemand, der soll nach Afghanistan abgeschoben werden. Dort ist Krieg und wenn er dahin kommt, wird er höchstwahrscheinlich getötet. Ich versuche, sein Leben zu retten“, sagt Ersson. „Solange ich und hoffentlich andere stehen bleiben, kann der Pilot nicht starten.“

Mehrmals wird die junge Schwedin von den Flugbegleitern aufgefordert, das Handy auszuschalten und sich auf ihren Platz zu setzen. Ein englischsprachiger Passagier beschimpft sie, reißt ihr das Handy aus der Hand. Die Bilder verwackeln, bis Ersson ihr Handy zurückbekommt und sagt: „Ich versuche, mein Land zu verändern. Es ist nicht richtig, Menschen in die Hölle zu schicken.“

Erst als ein türkischer Passagier ihr zustimmt und man Menschen im Hintergrund klatschen hört, laufen Ersson Tränen über die Wange. „Hier ist ein Türke, der sagt: Was ich hier mache, sei richtig. Er ist auf meiner Seite. Einige klatschen und hinten ist eine Fußballmannschaft aufgestanden“, sagt Ersson mit zittriger Stimme. „Ich weiß nicht, ob sie aufgestanden sind, weil sie mir zuhören wollen. Aber solange sie stehen, darf die Maschine nicht starten.“

Mehr als vier Millionen Mal wurde das Video mittlerweile auf Facebook angeklickt. Ersson bekam viele positive Kommentare wie „Wir sind stolz auf dich“ und „Danke, dass du so tapfer warst“.

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Obwohl Schweden für Migranten und Geflüchtete schwer zu erreichen ist, beantragten laut der schwedische Migrationsagentur im Jahr 2015 rund 42.000 Afghanen Asyl. Weitere 4.700 Asylanträge folgten bis Ende 2017.

Mehr als 2,5 Millionen Afghanen leben derzeit als Geflüchtete im Ausland – die meisten von ihnen verließen ihre Heimat nach der US-geführten Intervention gegen die Taliban im Jahr 2001, wodurch die gewaltsamen Auseinandersetzung erneut eskalierten.

Noch immer ist die Sicherheitslage in vielen Teilen Afghanistans instabil und Abschiebungen in das Land sind umstritten.

Nach rund zwei Stunden hatte sich Elin Ersson mit ihrer Protestaktion durchgesetzt: „Sie laden sein Gepäck aus“, sagt Ersson erleichtert in die Kamera. Dann verließ der Mann mit drei Begleitern das Flugzeug.

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Auch wenn die Studentin die Abschiebung vorerst verhindern konnte, gilt es als wahrscheinlich, dass der Afghane aus Schweden ausgewiesen werden wird, berichtet CNN. Dennoch hat die Aktion der jungen Frau die Aufmerksamkeit auf eine schwedische Politik gerichtet, deren Abschiebegesetz von vielen Einwohnern als zu strikt empfunden wird.

Auch das Schicksal von Elin Ersson ist noch offen. Unklar ist, ob die Fluglinie Turkish Airlines sie für die Verspätung zur Verantwortung ziehen wird. Laut Tagesschau wies die schwedische Polizei darauf hin, dass jemand, der sich den Anordnungen eines Flugkapitäns widersetzt, nach dem Luftfahrtgesetz zu Bußgeld oder bis zu sechs Monaten Haft verurteilt werden kann.

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Gerechtigkeit fordern

Wie eine junge Schwedin die Abschiebung eines Afghanen stoppte

Ein Beitrag von Joe McCarthy  und  Jana Sepehr