Mehr als 135 Millionen Mädchen und Frauen (wobei Statistiken von weiteren 70 Millionen Betroffenen ausgehen!) leiden unter den körperlichen und seelischen Folgen weiblicher Genitalverstümmelung. Und auch wenn die Zahl der Beschneidungen eher langsam sinkt, so gibt es inzwischen mehr Hoffnung auf ein Ende dieser schrecklichen Praktik als noch vor 10 Jahren.

Denn inzwischen haben viele Menschen, vor allem aus dem medizinischen Bereich, es sich zur Aufgabe gemacht, gegen diesen alten Brauch vorzugehen und weibliche Beschneidungen zu verhindern bzw. den Mädchen und Frauen, die bereits beschnitten wurden, moralische Unterstützung zu leisten.

So gibt es zum Beispiel inzwischen viele Ärzte auf der Welt, die die weiblichen Genitalien mithilfe eines operativen Eingriffs wiederherstellen. Durch diese Operation kann Frauen dabei geholfen werden, Geschlechtsverkehr ohne Schmerzen zu haben. Für viele Frauen stellt dieser rekonstruktive Eingriff eine Chance auf ein „normales Leben” dar. Die Möglichkeit gibt es zwar leider erst seit 2004, aber sie verbreitet sich. 

Image: Flickr: UK Department for International Development

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Die medizinische und seelische Unterstützung für die Mädchen und Frauen, deren Genitalien verstümmelt wurden, ist also absolut notwendig. Daneben ist es jedoch essentiell, dass intensive Aufklärungsarbeit geleistet wird, so dass es erst gar nicht zur Genitalverstümmelung kommt und diese grausame Sitte endlich abgelegt wird. 

Aus diesem Grund bildet die Gadaref Midwifery School im Sudan neue Hebammen dazu aus, gegen weibliche Genitalverstümmelung vorzugehen.

Hebammen sind im Sudan auch als „Qabilat” bekannt, was soviel wie „Empfänger” bedeutet, weil sie neues Leben in die Welt bringen.

Und die zukünftigen Hebammen haben alle eines gemeinsam: sie wollen alle aktiv dazu beitragen, dass weibliche Genitalverstümmelung nicht mehr praktiziert wird. 

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Denn als Hebammen sind die Frauen in den verschiedenen Gemeinden, in denen sie arbeiten, hoch angesehen. Im Sudan und in anderen afrikanischen Ländern, die südlich der Sahara liegen, werden sie sowohl von Frauen und Männern als auch von den Dorfältesten respektiert.

An der Gadaref Midwifery School im Südsudan leistet jede neu ausgebildete Hebamme einen Eid: Sie schwört, dass sie niemals ein anderes Mädchen oder eine andere Frau beschneiden wird und stattdessen alles in ihrer Macht stehende tut, um weibliche Genitalverstümmelung zu verhindern, sollte sie jemals Zeugin einer solchen Verstümmelung in einer der Gemeinden sein.

Darüberhinaus klären die Hebammen der Schule Kinder, Lehrer und Familien über die negativen Folgen weiblicher Genitalverstümmelung auf. Sie ermutigen die Kinder, sich an ihre Lehrer in der Schule zu wenden, wenn ein Mitglied der Familie vorhat, ein Mädchen beschneiden zu lassen oder sogar selbst Opfer einer Beschneidung wurde, so dass ihnen geholfen werden kann.

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Schon jetzt ist der Einfluss, den die Hebammen der Gadaref Midwifery School ausüben konnten, phänomenal.

Seitdem die Schule 1973 eröffnet wurde, ist die Zahl der weiblichen Genitalverstümmelungen im Bundesstaat Gadaref rapide gesunken. Nur ein Bezirk in ganz Gadaref erlaubt bis heute weibliche Beschneidung. Zwischen 2006 und 2014 ist die Anzahl weiblicher Genitalverstümmelung im Sudan von 43% auf 32% gesunken. Dieser Fortschritt kann auf die Arbeit der Hebammen und die Aufklärung, die sie tagtäglich leisten, zurückgeführt werden.

Das Beste dieser Initiative ist allerdings, dass eine wichtige und notwendige Bewegung gestartet wurde: Je mehr Frauen mit Schulen wie der Gadaref Midwifery School in Kontakt kommen, desto mehr setzen sie sich für ein Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung ein. Natürlich geht es hierbei auch um einen kulturellen Wandel, der vollzogen werden muss, um einen alten Brauch, der keinen medizinischen Nutzen hat und noch dazu das Leben von jungen Mädchen und Frauen aufs Spiel setzt, endlich für beendet zu erklären. Doch der Einsatz von Menschen wie den Hebammen in Gadaref bringt Hoffnung, dass eines Tages keine Frau mehr an den Folgen ihrer Beschneidung leiden muss.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Diese Hebammen im Sudan kämpfen gegen weibliche Genitalverstümmelung

Ein Beitrag von Meghan Werft