200 Millionen Frauen und Mädchen leiden weltweit unter weiblicher Genitalverstümmelung, auch FGM genannt. Die Hälfte der Überlebenden kommen aus diesen drei Ländern: Indonesien, Ägypten und Äthiopien.

Statistiken haben den Nachteil, dass man leicht vergisst, dass es sich dabei um reale Menschen handelt, von denen jeder seine eigene Geschichte hat. Und jeder einzelne Fall von FGM ist eine traumatische Erfahrung und eine brutale Körperverletzung. Warum berichten wir also über die neusten Zahlen? Weil sie außergewöhnlich sind. Sie sind außergewöhnlich, weil sie aufzeigen, wie sehr vorherige Statistiken das Problem unterschätzt haben. Tatsächlich sind nämlich 70 Millionen Frauen und Mädchen mehr von FGM betroffen als 2014 noch angenommen.

Das bedeutet, dass FGM wesentlich verbreiteter ist als zuvor geglaubt. Die neusten Zahlen stammen aus einem neuen UNICEF Bericht, der anlässlich zum heutigen internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung veröffentlicht wurde.

Der Hauptgrund für die unerwartet hohen Zahlen sind neue Daten aus Indonesien, da es bis vor Kurzem keine genauen Fallzahlen für die Region gab. Obwohl FGM seit 2006 in Indonesien verboten ist, ist es immer noch eins der Länder, in dem die Praxis sehr verbreitet ist.

Die Zahlen sind ohne Frage erschreckend. Doch die Nachricht muss nicht unbedingt nur negativ aufgenommen werden. Die neuen Informationen helfen uns, das Ausmaß des Problems zu erkennen, und unterstützen Organisationen und Menschen in ihrem Kampf gegen FGM.

“Es ist entscheidend, das Ausmaß weiblicher Genitalverstümmelung zu verstehen, um der Praxis ein Ende zu bereiten,” so die stellvertretende Direktorin von UNICEF, Dr. Geeta Rao Gupta.

Damit endlich Schluss ist mit FGM, muss auf globaler wie auch auf lokaler Ebene gehandelt werden.

In manchen Ländern ist FGM Normalität. In Somalia sind 98% der Frauen und Mädchen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren beschnitten. Weltweit sind die meisten Mädchen, die beschnitten werden, nicht mal 5 Jahre alt und damit zu jung, um sich gegen den brutalen Eingriff zu wehren. Nach der Beschneidung haben viele Frauen Probleme mit ihrer Periode, haben Schmerzen beim Pinkeln und beim Sex and haben ein erhöhtes Sterberisko bei Geburten, genau wie ihre Säuglinge. Neben den körperlichen Narben hinterlassen Beschneidung auch psychische, die Überlebende ein Leben lang mit sich tragen.

Trotzdem gibt es gute Nachrichten. Mehr und mehr Länder verbieten FGM und auch wenn das nicht bedeutet, dass es die Praxis von heute auf morgen nicht mehr gibt, ist es doch ein Schritt in die richtige Richtung. Ärzte und Hebammen auf der ganzen Welt bieten Operationen an, um den Eingriff rückgängig zu machen, und immer mehr Überlebende sprechen offen darüber, was ihnen angetan wurde, und versuchen so, jüngere Mädchen vor der gleichen traumatischen Erfahrung zu bewahren.

Die Zahlen sind furchtbar. Doch anstatt uns runterzuziehen, sollten sie uns daran erinnern, wie wichtig die Arbeit in diesem Bereich ist und wie viel noch getan werden muss, damit keine Frau mehr an weiblicher Genitalverstümmelung leiden muss.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

70 Millionen Frauen und Mädchen mehr von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen als zuvor angenommen

Ein Beitrag von Yosola Olorunshola