Harsche Realität: in weiten Teilen der Welt stehen Frauen bis heute unter der Vormundschaft ihrer Ehemänner. Was konkret bedeutet, dass sie sich selbst für viele alltägliche Dinge erstmal das Einverständnis ihres Ehemanns oder eines männlichen Verwandten einholen müssen. 
Kein Scherz.  

Einen Ausweis beantragen? Ein Bankkonto eröffnen? Rumreisen? Alles nicht möglich, wenn nicht vorher ein Mann 'ja' dazu gesagt hat. Frauen erhalten noch nicht einmal medizinische Versorgung ohne das Einverständnis eines entsprechenden Mannes

Diese Bevormundung ist unfassbar ungerecht und unterdrückt Frauen. Zeit, dass dies endlich ein Ende findet! Das dachten sich auch über 14.000 Menschen in Saudi-Arabien und haben eine entsprechende Petition hierfür unterschrieben.



Zwar haben Frauen in Saudi-Arabien letztes Jahr das Wahlrecht zugesprochen bekommen, doch trotzdem müssen sie noch immer um die Erlaubnis eines männlichen Verwandten hoffen, der sie dann gleichzeitig auch zur Wahlstation fährt - denn Frauen dürfen übrigens auch nicht Autofahren (nicht mal mit Erlaubnis). 

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Frauen daran zu hindern, sich frei am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen, beruht dabei nicht nur auf Traditionen, sondern ist fest in den Gesetzen Saudi-Arabiens verankert. Und verständlicherweise fühlen viele Frauen sich aufgrund dieser Gesetze ihrer Freiheit beraubt und nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft.

„Frauen müssen endlich gleichberechtigt werden”, sagt Aktivistin Aziza al-Yussef, die die Petition mitorganisierte.

Bei der Einreichung zählte die Petition mehr als 14.000 Unterschriften, die von Frauen und Männern(!) getätigt wurden. Auch in den sozialen Netzwerken hat die Petition Wellen geschlagen: auf Twitter war #IAmMyOwnGuradian kurzzeitig Trend und hat dazu geführt, dass 2.500 Telegramme an König Salman verschickt wurden. Der Hashtag stieß zudem auf viel Solidarität von Frauen aus der ganzen Welt.

Eine 62-jährige Frau aus Saudi-Arabien teilte vor Kurzem ihre Geschichte mit der international gemeinnützigen Organisation 'Human Rights Watch': „Ob sie es glauben oder nicht, aber mein Sohn ist mein Vormund. Das ist wirklich demütigend...Mein eigener Sohn, den ich auf die Welt gebracht und großgezogen habe, ist mein Vormund.”

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Zahra, eine 25-jährige Frau, sagte gegenüber 'Human Rights Watch': „Wir Frauen in Saudi-Arabien müssen das Leben akzeptieren, das unsere Väter oder Ehemänner für uns ausgesucht haben. Man kann sich als Frau sein Leben nicht selbst aussuchen.”

Es ist nicht das erste Mal, dass die saudi-arabische Regierung mit der Forderung konfrontiert wurde, die Vormundschaft über Frauen ein für alle Mal zu beenden. Und dabei hat die Regierung schon zweimal - nämlich 2009 und 2013 - versprochen, die ungerechten Gesetze endlich abzuschaffen.

Aber beide Male wurden lediglich sehr kleine Schritte unternommen, die bei weitem nicht genug ist! So dürfen Frauen zwar inzwischen wählen und für ein öffentliches Amt kandidieren, doch Ämter, die Frauen besetzen könnten, sind extrem selten bzw. tragen wenig Verantwortung.

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Ebenso wurde versucht, den Frauen im Land mehr Freiheiten auf dem Arbeitsmarkt einzuräumen. Allerdings sind Frauen auch hier häufig noch auf ihren / einen männlichen Vormund angewiesen, denn viele Wirtschaftszweige und Unternehmen sträuben sich, Frauen einzustellen und verlangen das Einverständnis des Ehemannes.

Die Petition könnte die Regierung Saudi-Arabiens nun aufs Neue wachrütteln und hoffentlich klar machen, dass die Gesellschaft sich mit den bisherigen „Lockerungen” der Gesetze nicht zufrieden gibt. Hinter der Petition stehen nicht nur Frauen, sondern auch Männer sowie religiöse Mitglieder der Moscheen.

„Alle Menschen, die die Petition unterschrieben haben, sagen damit klar und deutlich, dass die Gesetze von der Regierung stammen und mit unserer Religion nichts zu tun haben”, sagt al-Yussef in Bezug auf die Geistlichen, die sich der Petition anschlossen.

Bleibt zu hoffen, dass der dritte Anlauf weitaus mehr Erfolg haben wird als die bisherigen. 

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Gerechtigkeit fordern

Frauen in Saudi-Arabien fordern: wir brauchen keinen männlichen Vormund!

Ein Beitrag von Meghan Werft