Warum das wichtig ist
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich gezeigt: Social Distancing und Hände waschen reichen nicht aus. Um das Virus zu bekämpfen, benötigen alle Menschen, überall Zugang zu COVID-19-Tests, -Medikamenten und -Impfstoffen. Schließe dich hier an und werde aktiv.

In den 1980er Jahren erkrankten weltweit täglich mehr als 1.000 Kinder an Polio, auch Kinderlähmung genannt.

Heute gilt die Krankheit als zu 99,9 Prozent ausgerottet. Polio wäre nach den Pocken erst die zweite Krankheit, die je vom Menschen ausgerottet wurde.

Nur in den ärmsten und am stärksten marginalisierten Gemeinschaften der Welt hat das Virus überlebt. Nach wie vor werden Kinder geimpft. Doch offenbar nicht ausreichend. Denn im Sudan, Tschad und Jemen gibt es nun neue Polio-Ausbrüche. Der Grund dafür: Der Impfschutz gegen Polio muss nach einiger Zeit aufgefrischt werden. Doch da in den betroffenen Gebieten viele Familien nicht sesshaft sind, sind die Kinder schwer zu erreichen.

Im Jemen kam es zu dem Ausbruch, da die letzten Impfkampagnen aufgrund des herrschenden Krieges schon zu lange her sind – sie fanden im November 2018 statt. UNICEF und WHO haben sich deswegen mit verschiedenen Organisationen zusammengetan, um die Ausbrüche mit verstärkten Impfungen einzudämmen. Mitten in der Corona-Pandemie stehen die Länder nun also vor einer doppelten medizinischen Herausforderung.

COVID-19 ist mehr als nur ein Gesundheitsproblem. Nach und nach wird klar, dass uns das Virus nicht nur kurz- sondern auch langfristig beeinflussen wird. Millionen von Arbeitsplätzen sind bereits weltweit weggefallen, Hunger und Ernährungsunsicherheit haben zugenommen. Zudem mussten mehr als eine Milliarde Kinder ihren Bildungsweg unter- oder abbrechen. Durch all das verschärfen sich Ungleichheiten weltweit.

Der Kampf gegen das Coronavirus ist beispiellos. Dennoch kann es hilfreich sein, auf die Erfahrungen bei der Bekämpfung anderer Krankheiten zu blicken.

1. Globale Zusammenarbeit

Die Bekämpfung einer globalen Gesundheitskrise beginnt mit globaler Solidarität, so beschrieb es die Globale Initiative zur Polioausrottung(GPEI).

Die GPEI wurde 1988 in Partnerschaft mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Rotary International, den US Centers for Disease Control and Prevention (CDC), dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) sowie der Bill & Melinda Gates Foundation gegründet.

Damals gab es die Kinderlähmung in 125 Ländern. Heute gibt es Wildpolio nur noch in Pakistan und Afghanistan. Erst vor kurzem wurde der gesamte afrikanische Kontinent als frei von Wildpolio geklärt, nachdem der letzte Poliofall auch in Nigeria mehrere Jahre zurück lag. 

Hinzu kommen die jüngsten Ausbrüche der Krankheit im Sudan, Tschad und Jemen aufgrund mangelnder Folgeimpfungen gegen das zirkulierende, vom Impfstoff-abgeleitete Poliovirus. Dies ist laut WHO eine Folge von bewaffneten Konflikten sowie des schlechten Zugangs zu Sanitäranlagen und des schwachen Gesundheitssystems. 

Dass Polio nahezu ausgerottet ist, wird der GPEI und anderen Partnerschaften sowie Geldgebern wie den G7-Ländern oder solchen aus dem privaten Sektor zugeschrieben. 20 Millionen Freiwillige und 200 Länder bemühen sich insgesamt um die Ausrottung der Kinderlähmung. Zudem arbeitet die GPEI auch mit Partnern aus Forschung und Wissenschaft zusammen.

Besonders wichtig im Kampf gegen Polio ist, dass Gesundheitspersonal, betroffene Gemeinschaften und Familien alle wichtigen Informationen und Fakten über Polio und die Impfung dagegen erhalten. Der Grund: der Verbreitung von Fehlinformation entgegenzuwirken. 

“Seit seiner Gründung hat die GPEI Millionen von Freiwillige und medizinische Mitarbeiter eingestellt und ausgebildet. Damit hat sie Familien erreicht, die andere Initiativen zuvor nicht erreicht hatten”, erklärt End Polio Now, eine Kampagne von Rotary International. 

Eine weitere Organisation, deren Erfolg mit effektiven globalen Partnerschaften zusammenhängt, ist die Impfallianz Gavi. Sie arbeitet eng mit der GPEI zusammen. Gavi wurde im Jahr 2000 gegründet, unter anderen von der Bill & Melinda Gates Foundation, der Weltbank, der WHO und UNICEF.

Wie Seth Berkley, CEO von Gavi, erklärte, hat die Impfallianz den Partnerschaften zu verdanken, dass seit dem Jahr 2000 760 Millionen Kinder mit Routineimpfungen versorgt wurden. 13 Millionen Leben konnten so gerettet werden. Gavi arbeitet beispielsweise mit den Vereinten Nationen, Regierungen und Philanthropen sowie mit der Pharmaindustrie und dem Privatsektor zusammen. 

“Bei Gavi laufen Stärken vieler verschiedener Partner zusammen: Von der wissenschaftlichen Expertise der WHO über das Beschaffungssystem von UNICEF und das finanzielle Know-how der Weltbank bis hin zur Marktkenntnis der Impfstofferzeuger”, sagt Gavi über sich selbst.

Die WHO sagte im März, dass im Kampf gegen COVID-19 globale Solidarität notwendig sei und rief den COVID-19 Solidaritätsfonds ins Leben. Dieser ermöglicht Privatpersonen, Unternehmen und Institutionen weltweit, sich am Kampf gegen die Corona-Pandemie zu beteiligen.

Auch Global Citizen hat zusammen mit Superstar Lady Gaga mit “One World: Together At Home” eine Kampagne gegen das Coronavirus ins Leben gerufen. Das Ziel der Aktion: Die Menschen unterstützen, die an vorderster Front gegen das Virus im Einsatz sind. 

Unter der Schirmherrschaft der Europäischen Kommission rief Global Citizen anschließend die Kampagne “Global Goal: Unite for Our Future” ins Leben. Das Ergebnis: 6,9 Milliarden US-Dollar Zusagen mit Regierungen und Stiftungen für die Entwicklung und Bereitstellung von COVID-19-Tests, -Medikamenten und Impfungen.

“Wir befinden uns an einem kritischen Punkt in der globalen Bekämpfung des Coronavirus – wir brauchen jeden, der sich an diesen massiven Bemühungen beteiligen kann, um die Welt sicherer zu machen”, sagte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO. 

2. Tests, Tests, Tests

Potentielle Coronafälle zu testen und zu erkennen muss auf der Prioritätenliste weit oben stehen.

Denn bei der Ausrottung von Polio war dies laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) einer der wichtigsten Faktoren. In Hochrisikogebieten wurden und werden regelmäßig Kinder getestet und Wasserquellen auf die entsprechenden Erreger untersucht. Die GPEI und ihre Partner haben Teststellen in besonders für Polio-Ausbrüche anfälligen Gebieten eingerichtet.

Eine besonders wichtige Methode der Test-Strategie der GPEI ist Microplanning. Ein Mikroplan hilft dabei, besonders betroffene Regionen und mögliche Herausforderungen zu identifizieren. Dazu sammelt das Gesundheitspersonal so viele Informationen wie möglich.
“Diese Strategie hat dazu beigetragen, Indien fünf Jahre lang poliofrei zu halten. Der indische Distrikt Mewat nutzt nun die Mikroplanung, um die Anzahl der Impfungen gegen Masern und Röteln zu erhöhen”, so die GPEI.

In Nigeria hingegen setzen die GPEI-Teams Polio-Überwachungssysteme ein. Diese identifizieren neue Fälle und deren Ursprung. Damit symptomfreie Poliofälle nicht untergehen, werden auch Abwassersysteme und Wasserquellen auf den Erreger getestet.

Inzwischen wird dieses Überwachungssystem auch zur Identifizierung von Gelbfieber-Fällen in Nigeria eingesetzt. Der Methode wird zugeschrieben, dass inzwischen 8 Millionen Menschen geimpft wurden und so Gelbfieber-Ausbrüche verhindert werden können.

“Da Polio eine übertragbare Krankheit ist, ermittelt das Gesundheitspersonal Kontaktpersonen, um nachzuverfolgen, wer sich möglicherweise angesteckt haben könnte”, erklärte die GPEI und fügte hinzu, dass diese Strategie auch bei einem Ebola-Ausbruch in Nigeria im Jahr 2014 geholfen hätte.

“Testen ist die einzige Möglichkeit, um Hotspots und das Aufflackern von Ausbrüchen zu identifizieren und anschließend einzudämmen”, sagte Gabrielle Landry Chappuis, Direktorin für auswärtige Angelegenheiten bei der Foundation for Innovative New Diagnostics (FIND), gegenüber Global Citizen. “Sie ermöglichen Ländern, ihre Wirtschaft wieder zu öffnen – und offen zu halten.”

Tests sind auch deshalb wichtig, weil es sowohl bei Polio als auch bei COVID-19 asymptomatische Fälle gibt.

Laut UNICEF zeigen 90 Prozent der mit Polio infizierten Menschen keine Symptome. Nur einer von 200 Fällen führt zu einer Lähmung, die meisten leiden an leichten Symptomen wie Fieber, Müdigkeit und Kopfschmerzen.

Beim Coronavirus sieht es ähnlich aus: Laut CDC zeigen 35 Prozent der Betroffenen keine Symptome. Tests sind also unerlässlich, um alle Fälle zu identifizieren und isolieren, um die weitere Ausbreitung zu verhindern.

3. Angemessene Finanzierung 

Impfstoffe und Medikamente zu entwickeln ist teuer. In die Ausrottung der Kinderlähmung wurden bereits mehr als 9 Milliarden Dollar (etwa 7,6 Milliarden Euro) investiert. Da nach wie vor Kinder geimpft werden müssen, wird der Betrag weiter steigen.  

Laut einem Bericht des Journal of Infectious Diseases kostet es jährlich 1 Milliarde US-Dollar (etwa 0,8 Milliarden Euro), um die Ausrottung von Polio voranzutreiben.

“Selbst wenn in diesem Jahr der letzte Mensch jemals an Polio erkranken sollte, bleibt noch viel Arbeit, um zu verhindern, dass die Krankheit nicht doch wieder auftritt. Die Kinder müssen noch mindestens drei weitere Jahre lang geimpft werden”, erklärte UNICEF.

Laut Gavi spielt die Finanzierung auch beim Coronavirus eine wichtige Rolle, zunächst besonders für die Entwicklung eines sicheren und wirksamen Impfstoffs. 

In den vergangenen und kommenden Monaten wurden und werden dringend große Geldsummen benötigt – konkret geht es um Milliardenbeträge. Nicht nur für die Impfstoffentwicklung, sondern auch für Medikamente und Tests, damit alle Menschen, überall die medizinische Versorgung erhalten, die sie benötigen.

Wie die Ausrottung von Polio erfordert auch der Kampf gegen das Coronavirus globale Zusammenarbeit und globale Finanzierungszusagen. 

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Ein Beitrag von Lerato Mogoatlhe