Drei Fragen, drei Antworten. 

Wir haben bei den Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne nachgefragt, was wir im Hinblick auf Entwicklungszusammenarbeit, internationale Besteuerung und die Subvention von fossilen Brennstoffen von ihnen erwarten können. 

All diese Themen haben auch mit den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (UN) zu tun, die bis 2030 erreicht werden sollen. Diese Ziele – auch bekannt als SDGs (kurz für Sustainable Development Goals) – haben eines gemeinsam: Sie sollen die Welt gerechter machen. Dazu gehört es, Armut und Hunger zu beenden, die Umwelt zu schützen und Gleichberechtigung zu stärken.

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es konkrete politische Maßnahmen einzelner Regierungen. Aber viel besser gelingt es, wenn Staaten sich zusammenschließen – etwa auf EU-Ebene oder durch globale Allianzen darüber hinaus. Denn am effektivsten ist es, wenn alle an einem Strang ziehen, um globale Herausforderungen zu meistern. 


Wir haben deshalb nachgefragt, wo unsere Regierungsparteien stehen. Hier bekommt ihr die drei wichtigsten Fragen – und Antworten. Und eine Einordnung von uns, warum diese Themen wichtig sind und wie wir die Antworten bewerten. 

Thema 1: Entwicklungszusammenarbeit

Global Citizen: Werden Sie sich erneut dazu verpflichten, die seit Jahrzehnten vereinbarten 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben? Und werden Sie sicherstellen, dass wichtige multilaterale Organisationen ausreichende Finanzierung aus Deutschland und der EU erhalten?

Bündnis 90/ Die Grünen: „Vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen ist es entscheidend, dass substanzielle Mittel für die Kooperation mit dem Globalen Süden bereitgestellt werden. Unser Ziel ist, dass alle EU-Länder ihr Versprechen einhalten, mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für ODA aufzubringen. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Höhe der Unterstützung, sondern auch darauf, Projekte partnerschaftlich, effizient, unbürokratisch und wirkungsorientiert umzusetzen. Die Gelder sollten vorrangig den am stärksten bedürftigen Ländern zugutekommen und dazu beitragen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung sowie die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens und des Montrealer Biodiversitätsabkommens zu erreichen.

Multilateralen Organisationen kommt eine wichtige Rolle in der Bewältigung globaler Krisen zu. Hier muss genau abgewogen werden, wie die zur Verfügung stehenden Mittel verteilt werden, um größtmögliche entwicklungspolitische Wirksamkeit zu entfalten.”

SPD: „Ja, wir stehen zur Zielvorgabe, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Ein besonderer Fokus muss dabei auf die am wenigsten entwickelten Länder gesetzt werden. Wir setzen uns gemeinsam mit unseren europäischen Partnern für mehr Steuergerechtigkeit, Transparenz und Auskunftsrechte sowie eine globale Mindestbesteuerung ein, damit gerade unsere internationalen Partner ihre erarbeitete Wertschöpfung für Investitionen in ihre Zukunft nutzen können. Finanzierung für multilaterale Organisationen fällt unter das EU-Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und Internationale Zusammenarbeit (NDICI) und im Rahmen der Halbzeitrevision setzen wir uns dafür ein, dass Finanzierung für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit nicht gekürzt wird.”

FDP: „Wir Freie Demokraten bekennen uns zu der kollektiven Verpflichtung aller EU-Mitgliedsstaaten, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen. Dabei spielt die Wirksamkeit die wichtigste Rolle: Die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit müssen an den Stellen und in dem Umfang eingesetzt werden, wo konkrete Bedarfe bestehen und nachhaltige Wirkungen erzielt werden können. Gesundheitsförderung ist dabei nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern auch ein entscheidender Faktor für Entwicklung. Wir Freie Demokraten setzen uns daher für die Stärkung multilateraler Gesundheitsstrukturen ein.”

Was denken wir bei Global Citizen dazu 

Wir freuen uns, dass alle drei Parteien klar und deutlich hinter der Verpflichtung stehen, dass alle EU-Staaten – inklusive Deutschland – 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen sollen. Das ist ein wichtiges Signal. Wir glauben, dass multilaterale Organisationen für eine effiziente Entwicklungszusammenarbeit entscheidend sind und die Gelder angesichts der globalen Herausforderungen wie Klimakrise, Krieg und anderer Krisen nicht gekürzt werden dürfen! In den kommenden Monaten stehen einige wichtige Entscheidungen an, in denen die deutsche Bundesregierung zeigen kann, dass sie ihren Verpflichtungen und globaler Verantwortung gerecht wird. Zum Beispiel erwarten wir eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung an die Internationale Entwicklungsorganisation (kurz IDA), deren Wiederauffüllungskonferenz Ende des Jahres stattfindet. 

Thema 2: Internationale Besteuerung

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass sich Deutschland und weitere EU-Staaten der neuen Taskforce für internationale Besteuerung (*Erklärung weiter unten) anschließen, um wichtige Diskussionen mitzugestalten und neue und zusätzliche konzessionäre Finanzmittel für Klima und Entwicklung freizusetzen?

Bündnis 90/Die Grünen: „Wir machen uns für die internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen stark und unterstützen zum Beispiel die längst überfällige Mindestbesteuerung großer multinationaler Unternehmen auf der Ebene der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Vor diesem Hintergrund begrüßen wir auch die französisch-kenianische Initiative zur Gründung einer Taskforce für internationale Besteuerung und insbesondere die Bemühung dieser Initiative, Gräben zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden in Steuerfragen zu überwinden. (...) Wir ermutigen auch weitere EU-Mitgliedstaaten dazu, sich in diesen Prozess der Ausarbeitung neuer, international-koordinierter Fiskalinstrumente einzubringen.”

SPD: „Die Klimakrise ist auch eine Krise der internationalen Gerechtigkeit. Während sie insbesondere von den reichen Ländern verursacht wurde, ist sie besonders in den ärmeren Ländern zu spüren. Wir werden deshalb die internationale Klimafinanzierung aufstocken und uns für die Schaffung einer internationalen Transformationsbank einsetzen. Auch die neue Taskforce für internationale Besteuerung wäre ein wichtiger Schritt zur Gewinnung von Finanzmitteln für Klima und Entwicklung. Es handelt sich hierbei aber letztlich um eine nationale Frage und ist damit eine Entscheidung der Bundesregierung, ob Deutschland sich diesem Bündnis anschließen wird.”

FDP:  „Wir Freie Demokraten lehnen zusätzliche Klimasteuern ab. Stattdessen wollen wir den EU-Emissionshandel (EU-ETS) schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. Der Weg zur Klimaneutralität ist erst beendet, wenn alle Emissionen weltweit einen einheitlichen, marktwirtschaftlichen CO2-Preis haben. Eine zusätzliche „globale Klimasteuer“ würde diese Bemühungen um einen einheitlichen CO2-Preis untergraben. Deshalb sollte sich Deutschland nicht in der Taskforce engagieren.”

Was denken wir bei Global Citizen dazu:

Deutschland sollte sich der internationalen Taskforce zum Thema Steuern und Abgaben anschließen, um wichtige Diskussionen darüber mitzugestalten, wie zusätzliche konzessionäre Finanzmittel für den Klima- und Entwicklungsbedarf erschlossen werden können. Zudem müssen innovative Finanzierungsquellen die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit und die Klimafinanzierung aus den nationalen Haushalten ergänzen. Dazu gehören zum Beispiel Steuern und Abgaben für Sektoren wie die Öl- und Gasindustrie oder Schiff- und Luftfahrt, die besonders zur Klimakrise beitragen und die Umwelt verschmutzen. In unserem Global Citizen Report “Where is the Money?” erfahrt ihr mehr über konkrete Steuer- und Ausgabeoptionen zur Finanzierung rund um Klima und Entwicklung. 

Thema 3: Subventionen für fossile Brennstoffe

Zwischen 2008 und 2019 haben die EU-Mitgliedstaaten 55 bis 58 Milliarden Euro pro Jahr an Subventionen für fossile Brennstoffe gezahlt. Werden Sie sich für die Kürzung dieser Subventionen und Maßnahmen einsetzen, die eine gerechte und effektive Energiewende möglich machen?

Bündnis 90/ Die Grünen: „Wir setzen uns für ein Ende der fossilen Subventionen ein. Gelder, die in fossile Subventionen fließen, werden an anderer Stelle dringend gebraucht, um unsere Wirtschaft schnell und sozial gerecht auf einen klimaneutralen Kurs zu bringen. In den kommenden Jahren ist im Einklang mit unseren Klimazielen ein endgültiger Abschied von der Erschließung neuer Öl- und Gasfelder nötig. In der Stromerzeugung wollen wir spätestens 2035 keine fossilen Brennstoffe mehr einsetzen. Parallel wollen wir unsere Wirtschaftspolitik in Deutschland und Europa so ausrichten, dass auch darüber hinaus die fossile Förderung und Verbrennung weltweit, im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens, bis 2050 beendet werden kann. Wir können und werden das fossile Modell vollständig durch erneuerbare Energien kombiniert mit grünem Wasserstoff ersetzen.” 

SPD: „Als Sozialdemokrat*innen im Europäischen Parlament sind wir gegen die Subventionierung fossiler Brennstoffe aus dem EU-Budget. Dementsprechend haben wir uns in relevanten Gesetzesvorschlägen dafür eingesetzt, dass keine EU-Gelder für fossile Projekte ausgegeben werden, so beispielsweise in den Verhandlungen zu den Strukturfonds, die rund ein Drittel des EU-Haushalts ausmachen. Im Just Transition Fund konnten wir jegliche Förderung von Infrastruktur für fossile Brennstoffe ausschließen und zudem den Mechanismus durchsetzen, der Mitgliedstaaten belohnt, die eine besonders schnelle Reduktion von Treibhausgasen erreichen können. Beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) dürfen nur besonders kohle-abhängige Staaten maximal 1,55 Prozent der Gelder für moderne Gas-Infrastruktur investieren, und auch dies – auf unser Drängen – nur bis Ende 2025. Auf nationaler Ebene wollen wir ebenfalls umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.”

FDP: „Wir wollen Subventionen insgesamt stufenweise abschmelzen. Das ist nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf EU-Ebene sinnvoll. Der Staat greift viel zu häufig in wirtschaftliche Prozesse ein, indem er Unternehmen und Verbraucherinnen sowie Verbrauchern für ein bestimmtes Verhalten Geld zahlt oder Steuervergünstigungen gewährt. Solche Subventionen kosten viel, nützen meist nur wenigen und schaden dem Gemeinwohl.”

Was denken wir bei Global Citizen dazu: 

Die G7-Staaten haben sich 2009 dazu verpflichtet, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe jedes Jahr abzubauen. Im Jahr 2016 haben sie sich außerdem dazu verpflichtet, das bis 2025 zu tun. Jedoch sind wir weit davon entfernt, diese Frist einzuhalten. Die weltweiten Subventionen für fossile Brennstoffe haben im Jahr 2022 sogar ein Allzeithoch von mehr als 1,5 Billionen US-Dollar erreicht. Deshalb fordern wir von den regierenden Parteien: 

  • Deutschland muss sich zu nationalen Aktionsplänen und Zeitvorgaben verpflichten, um Subventionen für fossile Brennstoffe abzubauen und die Mittel stattdessen für Klima- und Entwicklungsmaßnahmen im In- und Ausland nutzen.

  • Es muss eine Einigung über eine klare Definition von "ineffizienten Subventionen" erzielt werden, denn wenn nicht klar ist, was damit gemeint ist, können diese Maßnahmen auch nicht beendet werden. 

  • Es muss eine gemeinsame öffentliche Bestandsaufnahme aller Subventionen für fossile Brennstoffe gemacht werden, um für mehr Transparenz zu sorgen. Darüber hinaus muss begründet werden, warum die Subventionen als effizient gelten und warum die gleichen Ziele nicht mit alternativen sauberen Energien erreicht werden können.

In einer Welt, die mit komplexen globalen Herausforderungen konfrontiert ist, müssen wir die Probleme gemeinsam angehen. Schließe dich Global Citizen an und:
  1. Unterschreibe jetzt unsere Petition und forder Deutschland auf, Entwicklungszusammenarbeit ausreichend zu finanzieren. 

  2. Unterstütze das Entwicklungsministerium mit einem Tweet, denn es fordert ein ausreichendes Budget, um in eine gerechtere Zukunft für alle zu investieren. 

  3. Starte unser Quiz und erfahre, warum die internationale Zusammenarbeit und Multilateralismus im Kampf gegen Armut so entscheidend ist.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Was tun für globale Gerechtigkeit? Wir haben bei den Regierungsparteien nachgefragt

Ein Beitrag von Jana Sepehr