Schon bevor Willie Dell Grimes Mutter von zwölf, Großmutter von 25, Urgroßmutter von 26 und schließlich Ururgroßmutter von zwei Kindern wurde, träumte die heute 83-Jährige davon, eines Tages Lehrerin zu sein.

Das war Anfang der 1940er Jahre. Grimes, die in einem ländlichen Gebiet in South Carolina, USA, aufwuchs, musste nach der siebten Klasse die Schule aufgeben, da ihre Schule nur Unterricht bis zur 7. Klasse anbot. Die nächste weiterführende Schule war rund 15 Kilometer entfernt. Doch ihre Familie konnte sich das Busgeld für den weiten Schulweg nicht leisten.

Mehr als 50 Jahre später ist Grimes stolz, nun endlich ihr High School Zeugnis in den Händen zu halten. Sie absolvierte an einer Schule für Erwachsene in Richmond. „Sie ist ein Musterbeispiel für ein lebenslanges Lernen", sagte Bobby Cunningham, der Direktor der Schule, der lokalen Zeitung 'The State'.

Grimes meldete sich 1993, kurz nach dem Tod ihres Mannes, für ihren ersten Kurs bei der Abendschule an. „Ich musste mit den Grundlagen beginnen", sagte sie. Doch auch nach 46 Jahren hat ihr Lieblingsfach sich nicht geändert. Es war noch immer Mathe und ihr Hassfach Schreiben.

Nachdem Grimes 1999 alle Anforderungen erfüllt hatte, erhielt sie ein Zertifikat von der High School. Das war allerdings kein offizielles Zeugnis, da sie damals keine Abschlussprüfung an der Schule gemacht hatte.

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Der Tag, an dem das möglich wurde, sollte erst mehr als 20 Jahre später kommen: Der Staat South Carolina verabschiedete den Gesetzesvorschlag 155, der es Einzelpersonen, die kein Abiturzeugnis erhielten, erlaubt, einen Antrag bei ihrem Schulvorstand zu stellen. Was Grimes, kaum war das Gesetz durch, umgehend tat.

Inzwischen ist Grimes ein „Cavalier" - das Maskottchen der Highschool. „Ich habe mich entschieden, dass ich kein zweites Mal die Schule abbrechen würde", sagte sie.

Noch heute leiden viele Kinder auf der Welt unter dem gleichen Problem, wie Grimes, als sie noch ein Kind war: Fast 123 Millionen Kinder zwischen 6 und 15 Jahren werden in diesem Jahr nicht wieder in die Schule zurückkehren können, so geht es aus einem neuen Bericht des UN-Kinderfonds hervor. Etwa 20 Prozent dieser Kinder leben in Krisengebieten. Vor allem Mädchen sind benachteiligt und können seltener und kürzer zur Schule gehen, als ihre Brüder.

Viele Kampagnen von Global Citizen setzen sich dafür ein, dass Kindern weltweit der Zugang zu einer Schule ermöglicht wird. Auch du kannst dich dafür einsetzen, dass insbesondere Mädchen eine Schulbildung erhalten.

Auf dem langen Weg zu ihrem Abiturzeugnis, wurde Grimes von ihren Kinder unterstützt. „Wir alle haben ihr zu 100 Prozent den Rücken gestärkt”, sagte ihre Tochter und Erzieherin Susie Grimes. „Wir haben ihr gesagt: ‘Du hast uns immer gedrängt, zur Schule zu gehen. Jetzt sind wir dran, dir zu helfen.'"

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Zehn ihrer zwölf Kinder unterstützte Grimes dabei, ihr Abitur zu machen. Ihre Kinder wurden Feuerwehrmänner, Krankenschwestern und Sanitäter. Andere wurden Gartenbauer, Unternehmer und Berater. „Ich fühlte mich, als hätte ich die Pflicht einer Mutter erfüllt”, sagt Grimes.

Auch für ihre Klassenkameraden war Grimes ein Vorbild. Sie erinnerte und ermutigte mit ihrem starken Willen andere, ihre Ausbildung zu verfolgen, sagte der Schulleiter. „Ich war sehr stolz”, sagte Grimes. „Ich habe mein größtes Ziel erreicht: Mein Abiturzeugnis zu erhalten.”

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Ein Beitrag von Gabriella Canal