Die Bilder aus den Nachrichten werden uns noch lange begleiten: Das Hochwasser Mitte Juli forderte 160 Tote und viele Verletzte in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Seit über 50 Jahren gab es keine so schlimme Naturkatastrophe mehr in Deutschland. Doch auch wir sind nicht vor den Auswirkungen der Klimakrise gefeit. Klimaforscher*innen und -expert*innen sind sich einig, dass extreme Wetterbedingungen aufgrund der Erderwärmung immer öfter vorkommen werden. Zeit, etwas dagegen zu tun.
Im Jahr 2015 sind 196 Staaten zusammengekommen und haben in Paris einen bindenden Vertrag beschlossen, um die Klimakrise aufzuhalten. Im Pariser Klimaabkommen geht es darum, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu beschränken und viele der Staaten wollen sogar versuchen, sie auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Bereits 2009 haben die Industriestaaten zugesagt, Länder mit geringem Einkommen, die am stärksten von den Auswirkungen betroffen aber am wenigsten zu CO2-Emissionen beigetragen haben, finanziell zu unterstützen. Dabei sollten insgesamt 100 Milliarden US-Dollar (rund 84,78 Milliarden Euro) jährlich bereitgestellt werden. Von diesem Ziel sind wir jedoch weit entfernt und ein klarer Plan, wie das Ziel erreicht werden soll, fehlt bisher.
Die 20 reichsten Länder der Welt sind jedoch für 80 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, während die am stärksten von Armut betroffenen Menschen am meisten darunter leiden. Diese Ungerechtigkeit dürfen wir nicht weiter hinnehmen. Auch Deutschland leistet immer noch nicht seinen vereinbarten Beitrag. Dabei hat es als eines der größten Industrieländer eine besondere Verantwortung. Die aktuelle Bundesregierung hatte angekündigt, die deutsche Unterstützung von jährlich vier auf sechs Milliarden Euro anzuheben. Ein erster Schritt, der aber lange nicht ausreicht. Bis 2025 muss der jährliche Beitrag auf mindestens acht Milliarden Euro angehoben werden.
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 2021 wurde das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung als in Teilen verfassungswidrig erklärt und am 12. Mai ein geändertes Klimaschutzgesetz vorgelegt, bei dem die nationalen Klimaziele erhöht wurden. Klimaneutralität soll jetzt bereits bis 2045 erreicht werden, fünf Jahre früher als zuvor geplant. Auch das Ziel der Reduktion von CO2-Emissionen bis 2030 wurde verschärft, von 55 auf 65 Prozent. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Studien zeigen, dass dafür bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 70 Prozent notwendig ist. Auch wir fordern daher eine weitere Anhebung der nationalen Klimaziele!
Zum Glück liegen solche Entscheidungen auch in deiner Hand. Indem du dieses Jahr wählen gehst, kannst du dazu beitragen, dass wir in einer gerechten Welt leben, in der jeder Mensch das Recht auf eine gleichberechtigte Zukunft hat und unsere Umwelt geschützt wird. Du kannst deine Stimme dieses Jahr nutzen, um die gewählten Politiker*innen in die Pflicht zu nehmen, ihrer Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel und extreme Armut nachzukommen.
Deswegen haben wir uns die Wahlprogramme der großen Parteien vorgenommen und sie ganz genau im Bezug zu den Global Goals und unseren zehn Forderungen beleuchtet. In diesem Artikel fokussieren wir uns auf das Thema Klimapolitik. Wenn du dich für die anderen Themen interessierst, dann schau hier vorbei. Jetzt wollen wir aber mal sehen, wie sich die Parteien zu dieser globalen Herausforderung positionieren.
CDU/CSU: “Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland”
Für die CDU/CSU bildet das Pariser Klimaabkommen mit den darin verfassten Zielen das Grundgerüst im Kampf gegen die Klimakrise. In ihrem Bundestagswahlprogramm spricht sie sich dafür aus, das 1,5-Grad-Ziel international im Blick zu behalten. Damit hält sich die Partei um Kanzlerkandidat Armin Laschet an den aktuellen nationalen Emissionszielen fest. Soweit, so gut. Diese sollen jedoch nicht nur national erreicht, sondern der Einsatz in anderen Ländern zur Emissionsreduzierung angerechnet werden. Hierzulande muss dann weniger unternommen werden, obwohl Deutschland beim weltweiten CO2-Ausstoß in den Top 10 liegt. Diese Trickserei haben wir entdeckt, liebe CDU/CSU!
Die CO2-Emissionen in Deutschland sollen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Bis 2045 soll dann die CO2-Neutralität erreicht werden. Länder im globalen Süden will die CDU/CSU zwar unterstützen, eine Erhöhung der internationalen Klimafinanzierung sehen die Pläne der Union nicht vor.
Fazit: Bei der Bedeutung des Pariser Klimaabkommens sind wir uns einig, doch zur Erreichung braucht es viel größere Anstrengungen.
SPD: “Aus Respekt vor deiner Zukunft. Das Zukunftsprogramm der SPD.”
Die SPD setzt sich dafür ein, die globale Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und richtet sich dabei nach dem Pariser Klimaabkommen. Gleichzeitig hält sie aber an den aktuellen Zielen fest: Die Partei rund um den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz will, dass Deutschland spätestens 2045 komplett klimaneutral wird. Für 2030 sollen die CO2-Emissionen auf 65 Prozent gegenüber 1990, für 2040 dann auf 88 Prozent gesenkt werden. Länder mit niedrigem Einkommen sollen bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden, jedoch wird auch von der SPD keine Erhöhung der Gelder zur Unterstützung dieser Länder erwähnt.
Fazit: Die SPD bekennt sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens, ist aber ebenfalls bei ambitionierteren Zielen zurückhaltend.
Bündnis 90/Die Grünen: "Deutschland. Alles ist drin. Bundestagswahlprogramm 2021"
Die Grünen haben sich aus gutem Grund für ihren Parteinamen entschieden, denn Umweltschutz liegt ihnen besonders am Herzen. Das Pariser Klimaabkommen spielt auch hier eine zentrale Rolle und die Partei will die nationalen Klimaziele erhöhen und bis 2030 CO2-Emissionen bereits um 70 Prozent reduzieren. Fünf Jahre später soll Deutschland dann auch schon zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien ausgestattet sein, sodass wir bereits vor 2045 klimaneutral sein könnten.
Auch bei der finanziellen Unterstützung von Ländern mit niedrigem Einkommen legen die Grünen ordentlich drauf. Bis 2025 wollen sie jährlich 10 Milliarden Euro zur Unterstützung bereitstellen - und das zusätzlich zu den versprochenen Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe.
Fazit: In Sachen Klimaschutz gehen die Grünen vorne weg.
FDP: "Nie gab es mehr zu tun. Wahlprogramm der Freien Demokraten"
Die Partei bekennt sich zum Pariser Abkommen und der Verpflichtung Deutschlands, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Allerdings belassen sie die Verantwortung zur Umsetzung lieber den Wissenschaftler*innen und Forscher*innen. Ambitionen, Klimaneutralität bereits früher zu erreichen, gibt es im Wahlprogramm nicht. So richtig konkret wird es also nicht.
Zusätzlich will die Partei Maßnahmen zur Emissionsminderung in Ländern mit geringem Einkommen unterstützen, und diese auf die nationalen Ziele anrechnen. Ähnlich wie bei der CDU/CSU würde das aber weniger Verantwortung für die deutsche Bundesregierung bedeuten. Eine Erhöhung der Gelder für internationale Klimafinanzierung ist auch nicht vorgesehen.
Fazit: Obwohl die Partei das Pariser Abkommen wichtig findet, sieht die FDP die Verantwortung für die Erreichung der Emissionsziele bei Wirtschaft und Wissenschaft, mit weniger klaren Vorgaben durch die Politik. Sie will zudem auch nicht mehr zur internationalen Klimafinanzierung beitragen.
Die Linke: “Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit.”
Die Partei setzt sich für eine Klimaneutralität bis 2035 ein. Fünf Jahre davor sollen die Emissionen um mindestens 80 Prozent gesenkt werden. Eine Anrechnung von Emissionsreduktionen in anderen Länder auf die nationalen Ziele lehnt die Partei ab.
Gleichzeitig sieht die Linke Deutschland in der Verantwortung, Länder mit niedrigem Einkommen zu unterstützen und mehr Gelder bereitzustellen. Dazu will die Linke auf internationaler Ebene einen Kompensationsfonds einrichten, der sich auf die Auswirkungen von Klimawandel und Kolonialismus ausrichtet und ehemalige Kolonialmächte verpflichtet, mehr als andere Länder einzuzahlen.
Fazit: Um die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, setzt die Linke ehrgeizige Ziele. Auch bei der internationalen Klimafinanzierung werden wir uns einig.
AfD: “Deutschland. Aber normal.”
In puncto Klimaschutz sieht die AfD eine Bedrohung der Freiheit. Sie bestreitet, dass der Klimawandel menschengemacht ist und behauptet, die Erderwärmung läge im Bereich natürlicher Klimaschwankungen. Damit stellt sie sich entgegen des wissenschaftlichen Konsens. Der neueste Bericht des Weltklimarates belegt noch einmal deutlich, dass die Erderwärmung durch menschliches Handeln verursacht wird und bereits jetzt zu verheerenden Auswirkungen führt. Die Partei lehnt den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ab und will, dass Deutschland aus allen Organisationen zum Klimaschutz austritt und jegliche finanzielle Unterstützung untersagt. Damit ist die die einzige Partei, die sich nicht zum Pariser Klimaabkommen bekennt und dieses kündigen will.
Fazit: Wenn wir an die verheerenden Konsequenzen der Klimakrise denken und auf die wissenschaftlichen Belege blicken, wird uns bei dieser Position mulmig. Im Sinne einer nachhaltigen und gerechten Welt passt das gar nicht.
Wenn du noch mehr Informationen erhalten willst, empfehlen wir dir, dich genauer mit den Wahlprogrammen und Zielen der Parteien zu beschäftigen.
Diese Serie fasst die Wahlprogramme der großen Parteien für die Bundestagswahl zusammen. Wir testen, wie sehr sie für das Erreichen der Global Goals kämpfen und was sie für weltweite Bildungsgerechtigkeit, Zugang zu Gesundheitsversorgung, gegen den Klimawandel und für mehr Entwicklungszusammenarbeit tun wollen. Mit unserer Kampagne “Deine Stimme kann #ZukunftSchaffen” rufen wir die nächste Bundesregierung im Wahljahr 2021 dazu auf, sich für einen starken Beitrag für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einzusetzen und damit die Weichen für eine gerechte Welt für alle zu stellen. Hier erfährst du mehr.