LONDON, 12. März (Thomson Reuters Foundation) - Um seine älteste Tochter zu bestrafen, zwang ein Rechtsanwalt sie zweimal zur weiblichen Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM). Dies geschah in der Londoner Wohnung der Familie, berichtete ein Gericht Anfang März.

Wie den Geschworenen mitgeteilt wurde, war das Mädchen neun Jahre alt, als jemand zu ihr nach Hause kam und sie mit einer Rasierklinge schnitt, während sie im Flur lag. Jahre später, und nachdem die Wunde verheilt war, wurde das Mädchen, inzwischen 16 Jahre alt, erneut unter ähnlichen Umständen beschnitten.

„Dies geschah nicht aus irgendeinem kulturellen oder familiären Grund, sondern vielmehr - zumindest ist dies ihr Eindruck - als eine Art Bestrafung", sagte Staatsanwalt Mark Heywood gegenüber dem Zentralen Strafgerichtshof.

Der 50-jährige Angeklagte, der aus rechtlichen Gründen nicht namentlich genannt werden darf, hatte zwischen 2010 und 2013 bereits zwei Anklagen wegen Genitalverstümmelung und zwei Anklagen wegen vorsätzlicher Körperverletzung zurückgewiesen.

Zwischen 2009 und 2016 wies er drei weitere Fälle von Kindesmisshandlung zurück.

Seit 1985 ist FGM in Großbritannien gesetzlich verboten, doch eine erfolgreiche Strafverfolgung gab es bisher noch nicht.

Laut Heywood hat der Angeklagte jemanden zu sich nach Hause kommen lassen, um seine Tochter zu beschneiden, und zwar „wiederholt in einer Reihe von gezielten Handlungen,  die ihren kleinen Körper im Bereich ihrer Vagina schwer verletzten".

Das Mädchen kann sich zwar nicht daran erinnern, wer genau sie beschnitten hat, sagte jedoch aus, dass ihr Vater „die Person regelrecht anstachelte".

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„Sie bekam weder Medikamente noch Schmerzmittel. Sie flehte, dass man damit aufhörte. Es blutete sehr", so Heywood.

Das Mädchen beschrieb ein Gefühl von „wirklich tiefen innerlichen Schnitten" und war „zu verängstigt", um anschließend nachzusehen, was passiert war, berichtet Heywood weiter.

Ein Gynäkologe, der das Mädchen letztes Jahr untersucht hatte, sagte, dass es Beweise für Narben gab, die mit ihrem Bericht übereinstimmten.

Heywood sagte zudem, dass der Vater mitunter „brutal und grausam war" und seine Kinder mit einem Stock schlug.

Wie dem Gericht außerdem mitgeteilt wurde, ist die Ehe zwischen dem Angeklagten und seiner Frau - beide stammen ursprünglich aus Westafrika - inzwischen auseinandergebrochen.

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Die Verteidigerin Kate Bex sagte den Geschworenen, der Angeklagte sei ein frommer Katholik, der sich selbst als „liebevollen, fürsorglichen Vater" betrachtet und davon überzeugt ist, das die Vorwürfe Produkt „einer sehr erbitterten Scheidung seien".

Bex sagte weiter, der Angeklagte sei der Meinung, dass FGM hauptsächlich von weiblichen Beschneiderinnen aus abergläubischer Überzeugung begangen wird, um so die Keuschheit eines Mädchens zu wahren oder aber ihre soziale Akzeptanz sicherzustellen - jedoch nicht als Strafe.

Der Fall wird fortgesetzt.

(Ein Beitrag von Emma Batha, bearbeitet von Robert Carmichael. Bitte die Thomson Reuters Foundation entsprechend angeben, wenn dieser Artikel geteilt wird. Die Thomas Reuters Foundation liefert Beiträge über humanitäre Hilfe, Frauenrechte, Menschenhandel, Klimawandel und vieles mehr auf news.trust.org.)

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