Auf einmal soll alles ganz schnell gehen: Gemeinsam mit Kommunen und Ländern will die Bundesregierung womöglich einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr auf den Weg bringen. Das geht aus einem Schreiben hervor, das Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella geschickt haben, berichtet das Magazin Politico.

Ein Weg, um die Zahl von PKW zu verringern und die Städte bei der Einführung von Fahrverboten zu unterstützen.

Höchste Zeit, sagen die Einen. Nur ein Ablenkmanöver, sagen die Anderen. Die Grünen etwa befürworten das Vorhaben grundsätzlich. Allerdings fürchtet Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, dass die Idee nur „von dem Nichtstun der Bundesregierung gegenüber den Autokonzernen“ ablenken soll.

Seit Jahren ist bekannt, dass die Luft in vielen deutschen Großstädten einfach zu schlecht ist. So schlecht, dass eine Klage der EU-Kommission und durch Richter ausgesprochene Fahrverbote für Diesel in den Innenstädten drohen. Auch das ist nicht neu. Doch mittlerweile sind es nur noch wenige Wochen, bis das Szenario Wirklichkeit werden könnte.

Das Vorhaben solle erst einmal in den Städten Essen, Bonn, Mannheim, Herrenberg und Reutlingen getestet werden.

Es würde Milliarden kosten und Jahre dauern, bis die Verkehrssysteme in den Großstädten so ausgebaut sind, dass sie die Last durch zusätzliche Fahrgäste stemmen könnten. Insbesondere zu Stoßzeiten, würden deutlich mehr Züge gebraucht werden. Das bedeute auch höhere Personalkosten und eventuell erweiterte Schienennetze.

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Kann das gelingen? Als Vorzeigebeispiel dient oft Estlands Hauptstadt Tallin. Nachdem dort in einer Volksbefragung 2012 gut Dreiviertel der Wähler für den kostenlosen Nahverkehr gestimmt hatten, handelte der damalige Bürgermeister Edgar Savisaar schnell. Scheinbar ist die Umstellung geglückt und es wurde ein Finanzierungssystem gefunden, das sich rechnet.

Allerdings gibt es auch eine Reihe gescheiterter Versuche. Etwa in der Stadt Hasselt in Belgien, die das Projekt nach 16 Jahren für gescheitert erklärte. Aus Geldmangel stellte auch die US-Stadt Portland die kostenlosen Busfahrten im Jahr 2012, nach fast 40 Jahren, wieder ein.  

Fazit: Es muss sich in Deutschland etwas tun, damit die Autos von der Straße geholt und die Luft in den Städten sauberer wird. Doch ein kostenloser Nahverkehr kann nur mit viel Vorlauf und zusätzlichen Geldern ein Teil der Lösung sein. 

Editorial

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Ein Beitrag von Jana Sepehr