Ein Artikel von Moraa Obiria

NAKURU, Kenia, 2. Mai (Thomson Reuters Foundation) – Der Anblick der riesigen Berge aus Plastikmüll, die sich in Gioto, der größten Mülldeponie in Nakuru, auftürmten, war in den Augen des Fotojournalisten James Wakibia ein Schandfleck - der aus ihm einen Umweltaktivisten machte.

Mit dem Wissen, dass Plastikmüll nicht nur in seiner Heimat Nakuru, sondern in ganz Kenia ein Problem ist, machte Wakibia sich auf die Suche nach einem Weg, die Aufmerksamkeit der Regierung und der Verbraucher auf das Problem zu lenken.

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2015 startete er unter dem Hashtag #banplasticsKE eine Social-Media Kampagne, in der Hoffnung, ein Verbot von Plastik, allen voran von Plastiktüten, erreichen zu können. 

Einige Monate später, nachdem Kenias Generalsekretärin für Umwelt und Naturressourcen, Judi Wakhungu, in einer öffentlichen Twitternachricht ihre Unterstützung angeboten hatte, änderte er den Hashtag dann in #IsupportbanplasticsKE. Zudem machte er in den Straßen Nakurus Fotos von Menschen, die mit einem Plakat und dem neuen Hashtag darauf posierten, und postete die Bilder später auf Facebook und Twitter. 

Wakibias Anstrengungen waren nicht umsonst: im Februar dieses Jahres verlaß die Generalsekretärin eine amtliche Ankündigung, die ein Ende der Herstellung, Nutzung und Einfuhr von Plastiktüten für private und gewerbliche Verpackungszwecke in Kenia einläutet. Kurzum: ab dem 28. August heißt es Nie-wieder-Plastiktüte in Kenia.

„Ich freue mich so sehr, dass meine Bemühungen dazu beigetragen haben – zu etwas, was ich mir so gewünscht habe“, so Wakibia. „Plastiktüten sind eine Plage für die Umwelt.“

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Dies ist allerdings bereits der vierte Versuchder kenianischen Regierung, Plastiktüten endgültig los zu werden. 2005 und 2007 hat Kenia bereits Plastiktüten mit einer Stärke von 0,03 Millimetern verboten. 2012 hat das Land dann auch Tüten mit einer Stärke von 0,06 Millimetern verboten, um auch allen Plastiktüten, die leicht bzw. dünn genug sind, um vom Wind davongeweht zu werden, den Garaus zu machen.

Bisher aber sind diese Maßnahmen fehlgeschlagen.

In ganz Kenia scheinen Verbraucher weiterhin abhängig von Plastiktüten zu sein, die zum Beispiel von Supermärkten für Früchte, Gemüse oder Kosmetikartikel ausgeteilt werden - selbst dann, wenn die Artikel bereits anderweitig in Plastik verpackt sind.

Plastikbeutel können auch gesondert im Einzelhandel oder bei offenen Verkaufsständen für 5, 10 oder 20 kenianische Schilling – je nach Größe – für den persönlichen Gebrauch gekauft werden.

Gefängnisstrafe oder Bußgeld

Dieses Mal soll es keine Ausnahmen geben, sagt Geoffrey Wahungu, Generaldirektor der „National Environment Management Authority” (NEMA), eine staatliche Behörde, die bei Umweltproblemen berät und solche Gesetze und Richtlinien so schnell wie möglich durchsetzen will.

Die früheren Verbote hätten Probleme gehabt, weil sie Einschränkungen für den Stärkegrad von Plastiktüten erhoben hätten, meinte er.

Mit dem neuen Gesetz werde jetzt lediglich eine Erstverpackungerlaubt sein, das heißt, eine Verpackung, die im direkten Kontakt mit dem Produkt ist und dieses so aus gesundheitlichen Gründen schützt, erklärte er.

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Jeder, der sich über die amtliche Anweisung hinwegsetzt, läuft nach August Gefahr, zu einer ein- bis zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt zu werden, oder eine Geldstrafe von zwei bis vier Millionen Schilling (ca. 18.000-35.000 Euro) zahlen zu müssen. So sieht es schließlich das Gesetz für Umweltmanagement vor, sagt Wahungu.

Bis Ende August haben Hersteller, Unternehmer und Importeure nun Zeit, ihre Waren von unnötigen Plastikverpackungen zu befreien und auf biologisch abbaubare Alternativen umzusatteln.

Es könne allerdings hart werden, all die Fabriken zu kontrollieren, die ihre Waren illegal innerhalb des Landes herstellen, sagt Wahungu. Aber, wenn ihre Versorgung an Rohmaterial wegen des Einfuhrverbots unterbrochen werde, würde es sicher schwer für sie sein, weiterhin Plastiktüten zu benutzen.

Kenya plastic bag ban environment

James Waikibia, ein früherer Fotojournalist, der sich nun für die Umwelt stark macht. 27. März 2017. Image: TRF/Moraa Obiria

In der Zwischenzeit unterstützt NEMA innovative Verpackungsideen, die zum Beispiel aus Sisal, Wasserhyazinthen und Papyrus-Schilfgras hergestellt werden.

Schon vor der Einfuhr des neuen Verbots bemühte sich Kenia die Bevölkerung auf verschiedenen Wegen darüber zu informieren: durch die Medien, Landkreisverwaltungen, religiösen Führer, Gemeindesprecher und ansässigen Verbände.

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Die Regierung hat ebenfalls einen wirtschaftlichen Anreiz eingeführt, um gegen den möglichen Verlust von Arbeitsplätzen vorzugehen, eine Gefahr, vor denen Hersteller gewarnt haben, ebenso wie eine Unterstützung für Recycling-Initiativen.

Wahungus Team arbeitet außerdem Hand in Hand mit der Justiz, um die Umsetzung des Verbots so reibungslos wie möglich zu gestalten.

Plastik, Plastik - überall nur Plastik

Plastik macht zwar nur rund acht Prozent allen Abfalls in Kenia aus, verursacht aber 90 Prozent der Umweltverschmutzung, in der das Land und die Meere ersticken, meint Wahungu.

Gilbert Obwoyere, Vorsitzender der Fakultät für Umweltentwicklung und Ressourcen an der Egerton Universität in Njoro, meint, dass Plastikabfall überall im Land zu finden wäre.

„Plastik hängt von den Bäumen in der Stadt – Plastiktüten wehen durch die Luft, wenn es windig ist. Die Ozeane, Seen, Flüsse und Quellen sind mit Plastik verstopft. Und zu allem Überfluss tragen sie nichts Wertvolles zu unserem Ökosystem bei“, sagte er.

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Für ihn wird das Verbot ein Ansporn sein, neue Verpackungen zu erfinden – wozu Kenia bald keine andere Wahl mehr haben wird, als eben genau das zu tun.

„Wenn die Menschen wissen, dass es kein Plastik mehr gibt, werden sie mit etwas ankommen, dass umweltfreundlich und vielleicht sogar billiger ist“, hofft er.

Aber nicht alle Kenianer sind bereit, den Wechsel zu vollziehen.

Sammy Mwangi, ein Betreiber von gewerblichen Motorrädern in einer Nachbarschaft Nakurus bekannt als Sektion 58 ist besorgt, wie sich das Verbot auf die Arbeitnehmer in Plastikfabriken auswirken wird.

„Sie werden ihre Arbeit verlieren. Was erwartet die Regierung dann, wo sie hingehen?“, meint er.

Mokaya Nyarenchi, der geschälte Ananas in Plastiktüten in Nakurus Geschäftszentrum verkauft, macht sich ebenfalls Sorgen um die Zukunft.

„Wenn Papierverpackungen eingeführt werden, dann schadet es Händlernwie mir, die klein portionierte Früchte verkaufen wollen“, erklärte er.

Aber für Albert Mose, einem Computertechniker in der südlichen Gebirgsstadt von Eldoret, ist es höchste Zeit für Kenia, die Umweltverschmutzung durch all das Plastik aufzuhalten.

Er meint: „Es geht nur darum, die Einstellung der Menschen gegenüber der Umwelt zu verändern, so dass sie sie schützen und nicht zerstören wollen.“

(Ein Beitrag von Moraa Obiria; Überarbeitet von Megan Rowling; Bitte die 'Thomson Reuters Foundation' als Quelle angeben, wenn dieser Artikel zitiert / geteilt wird. Die Thomson Reuters Foundation liefert Beiträge über humanitäre Hilfe, Frauenrechte, Menschenhandel, Klimawandel und vieles mehr auf news.trust.org.)

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