Seit mehreren Wochen herrscht in Deutschland nun schon klirrende Kälte. Teils zeigen die Thermometer minus 20 Grad und mehr an. Da versucht natürlich jeder, so wenig Zeit wie nötig an der eisigen Luft zu verbringen. Doch manche haben gar keine andere Wahl, als selbst bei solchen Temperaturen im Freien auszuharren.

Damit wollte sich der Kölner Fotograf Sven Lüdecke nicht abfinden und ist deshalb seit September dabei, den gemeinnützigen Verein „Little Home Köln“ zu gründen. Seine Vision: den Obdachlosen auf Deutschlands Straßen ein kleines, rollendes Wohnhäuschen zu bauen, damit sie nicht draußen in der Kälte schlafen müssen.

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Im September letzten Jahres hat der 39-jährige Sven Lüdecke seine erste Wohnbox für einen Obdachlosen in Köln fertiggestellt. Dafür hat er zwei Wochen benötigt. Die Box ist 2,40 Meter lang, 1,60 Meter hoch und 1,40 Meter breit und bietet Platz für eine Matratze, einen kleinen Tisch und ein Schränkchen. Das mag nicht nach viel klingen, doch für manche ist es das Zuhause, das sie schon seit langer Zeit nicht mehr hatten.

Die Idee kam Sven Lüdecke durch einen Bericht, den er im Fernsehen gesehen hatte. In dem Beitrag stellten die Reporter eine Initiative aus New York vor, in der die Organisatoren kleine Wohnboxen für die Obdachlosen der Stadt bauten, damit sie bei den eisigen Temperaturen nicht auf der Straße schlafen mussten. Das Konzept überzeugte Sven Lüdecke so sehr, dass er selbst Initiative ergriff, um auch den Obdachlosen in Köln ein Dach über dem Kopf zu bieten.

Seitdem hämmert, schraubt und schweißt der 39-Jährige nun während seiner Freizeit neue Wohnboxen aus Europaletten, Pressholz und Dachpappen zusammen. Mittlerweile hat der Kölner über einhundert Helfer und Unterstützer, die ihm teils zur Hand gehen und teils finanziell unterstützen - auch Obdachlose helfen ihm beim Bau.

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In einem Interview mit dem Online-Radiosender detektor.fm erzählt Sven Lüdecke von der Reaktion der Obdachlosen, wenn sie eine Wohnbox geschenkt bekommen: „[Die Obdachlosen sind] sehr emotional, überwältigt, teilweise auch eingeschüchtert und verängstigt, weil sie nicht glauben können, dass wirklich jemand auf sie zukommt und ihnen etwas schenkt“.

Die Nachricht über Sven Lüdeckes rollende Schlafstätten verbreitete sich über die sozialen Netzwerke rasend schnell. Mittlerweile bekommt er Anfragen von Organisationen aus ganz Deutschland. Der Kölner musste deshalb eine Warteliste einrichten, weil er so schnell nicht mit dem Bau der Boxen hinterherkommt und nur am Wochenende Zeit hat.

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Die Initiative von Sven Lüdecke hat nicht nur Zustimmung gefunden. Inge Schürmann, Pressesprecherin der Stadt Köln, ist der Meinung, dass ein Leben in einer der selbst gebastelten Hütten menschenunwürdig sei. Außerdem seien sie für das Stadtbild undenkbar und unterlägen auch nicht den Brandschutzbestimmungen.

Allerdings sieht das Rainer Straub, stellvertretender Leiter des Bauaufsichtsamts in Köln, anders. Er sieht die Aktion durchaus positiv und meint, dass man die Bestimmungen für den Brand- oder Wärmeschutz auch in einem persönlichen Gespräch regeln könnte.

Vorerst rechnet Sven Lüdecke aber nicht mit einem Verbot seiner Aktion. Schließlich stehen die Wohnboxen bisher am Kölner Hauptbahnhof „und der ist Privatgrundstück der Deutschen Bahn“. Außerdem sind die Boxen auf Rollen gebaut, so dass man sie einfach wegrollen kann, wenn sie im Weg stehen würden.

Es gibt deutschlandweit viele andere Initiativen, um Obdachlosen auf den Straßen zu helfen. Kältebusse zum Beispiel, die in verschiedenen Städten unterwegs sind, oder andere Notunterkünfte, die die Menschen aufsuchen können. Manchmal aber ziehen sie es vor, draußen zu schlafen, weil sie häufig ihre Hunde nicht mit in die Unterkünfte nehmen dürfen. Da kommt die Idee des Kölners wie gerufen, denn sie bietet den Obdachlosen UND ihren treuen Vierbeinern ein Dach über dem Kopf.

Wer die Initiative des Kölners finanziell unterstützen möchte, kann auf das Konto des gemeinnützigen Vereins spenden.

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Ein Beitrag von Katrin Kausche