Warum das wichtig ist
Die 17 Global Goals der Vereinten Nationen (UN) sind ein Fahrplan zur Beendigung extremer Armut bis 2030. Doch die COVID-19-Pandemie hat die Fortschritte zur Erreichung dieser Ziele massiv untergraben. Der schnellste Weg, die Pandemie zu überwinden, ist sicherzustellen, dass alle Länder Zugang zu Impfstoffen haben und damit eine Chance, sich von der Pandemie zu erholen. Dafür müssten Impfstoffe gerecht verteilt werden und reiche Nationen aufhören, Impfstoffe zu horten. Leider war der G7-Gipfel - eine riesige Chance, diesen Trend umzukehren - am Ende eher ein Business-as-usual. Mehr über Impfstoff-Gerechtigkeit und darüber, wie du aktiv werden kannst, erfährst du hier.

Es war, als würde man jemandem in einem Pelzmantel dabei zusehen, wie er damit prahlt, Veganer zu sein.

Auf dem G7-Gipfel trafen sich die Staats- und Regierungschef*innen der mächtigsten Demokratien der Welt - Großbritannien, die USA, Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada und Japan sowie als Gäste Südafrika, Australien, Südkorea und Indien -, um die dringendsten Herausforderungen der Welt anzugehen. 

Es standen Menschenleben auf dem Spiel. Es gab große Erwartungen, dass kühne Zusagen gemacht werden würden, um die COVID-19-Pandemie zu beenden und die globalenTreibhausgasemissionen zu reduzieren. 

Aber bei beiden Themen enttäuschten die G7, denn bei den wirklich wichtigen Fragen blieben Führung und Ehrgeiz aus. 

Zusagen an einkommensschwache Länder – doch der Teufel steckt im Detail 

Er war auch ein Paradebeispiel dafür, wie man die Welt mit Sprache täuschen kann. Die Anzahl der auf dem Gipfel zugesagten Impfstoffe für einkommensschwache Länder könnte auf den ersten Blick Freude aufkommen lassen – doch der Teufel steckt wie immer im Detail. Und in diesem Fall ist es der Zeitplan, der so weit in der Zukunft liegt, dass viele Menschen in den ärmsten Ländern der Welt vor Ende nächsten Jahres keinen Zugang zu Impfstoffen hätten. 

Global Citizens haben sich dafür eingesetzt, dass die Staats- und Regierungschef*innen der G7-Staaten bis September eine Milliarde Impfdosen und bis Ende 2021 zwei Milliarden Impfdosen abgeben. Stattdessen wurden jedoch nur 870 Millionen Dosen zugesagt - und das für den Zeitraum der nächsten zwölf Monate. Das ist zu wenig und zu spät. Während beispielsweise in Deutschland bereits jetzt mehr als jede*r Vierte vollständig geimpft ist, wird dieses Ziel in einkommensschwachen Ländern erst Ende des Jahres erreicht werden - wenn überhaupt.

Der Egoismus is nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch kurzsichtig

Das ist keine gerechte Verteilung der Impfstoffe – das ist ein Eingeständnis, dass die reichen Länder in Kauf nehmen, dass die Pandemie in den armen Ländern unvermindert wütet, solange die Kneipen zu Hause geöffnet sind.

Es ist eine Entscheidung, die nicht nur moralisch fragwürdig ist, sondern auch kurzsichtig: Denn sie birgt die Gefahr, dass weitere Mutationen entstehen, wenn die Coronafälle in einigen Regionen weiter steigen. In der Konsequenz wird es über kurz oder lang dazu führen, dass auch wir unser “normales Leben” wieder einschränken müssen. Denn wir können uns nicht abkapseln – Mutationen werden dann auch uns erreichen und unsere Freiheit wieder einschränken. 

US-Präsident Joe Biden versprach, 500 Millionen Impfstoffe von Pfizer für mehr als 90 Länder zu kaufen und zu spenden - die größte Spende eines einzelnen Landes. Bereits in den Wochen vor dem G7-Gipfel machte Biden eine wichtiges Zugeständnis, indem er die vorübergehende Aussetzung der Patentrechte für Coronaimpfstoffe unterstützen wolle, um die weltweite Produktion anzukurbeln. Eine Ansicht, die auch der französische Präsidenten Emmanuel Macron für unterstützenswert hält. Der Rest der G7? Reagierte wenig begeistert.

Deutschland hat Zusagen für 30 Millionen Dosen gemacht. Obwohl die Situation in vielen Ländern nicht dringlicher sein könnte, bleibt der Zeitplan für die Abgabe dieser Dosen jedoch unklar.


Die Zeit des Redens ist vorbei, es muss gehandelt werden 

In Sachen Klimakrise war das Ergebnis noch enttäuschender. Zwischen dem, was im Vorfeld vorgeschlagen und was nun beschlossen wurde, liegen Welten. Das liegt vor allem an einem Versprechen, das seit Jahren wiederholt, aber nicht umgesetzt wird. 

Im Jahr 2009 einigten sich die Staats- und Regierungschef*innen darauf, 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für einkommensschwache Länder zu mobilisieren, um Anreize für ein sauberes Wirtschaftswachstum zu schaffen und gefährdeten Gemeinden bei der Anpassung an die Klimakrise zu unterstützen. Global Citizens haben die Staats- und Regierungschef*innen dazu aufgerufen, dieses Versprechen einzulösen. 

Stattdessen lieferte der G7-Gipfel zwar einige Erklärungen – aber ohne einen dringend notwendigen Zeitplan für den Ausstieg aus der Kohlekraft. Die Mitgliedstaaten einten sich darauf, bis spätestens 2050 CO2-neutral zu sein und bis 2030 mindestens 30 Prozent der Landflächen und Weltmeere intakt zu halten und zu schützen. Deutschland selbst verpflichtet sich dazu, die finanzielle Unterstützung für Länder mit niedrigem Einkommen bis 2025 von vier auf sechs Milliarden Euro jährlich anzuheben, um Projekte im Bereich Klima und Biodiversität zu unterstützen. Das ist ein guter erster Schritt, Global Citizens fordern jedoch weiterhin eine Erhöhung auf acht Milliarden Euro jährlich.

Im November wird Großbritannien Gastgeber der COP26 in Glasgow sein – eine weitere Gelegenheit für die Staats- und Regierungschef*innen, zusammenzukommen und das zu tun, was sie in Cornwall nicht taten: konkrete, greifbare Zusagen zu machen, die den bedrohenden, globalen Temperaturanstieg verlangsamen und die einkommensschwachen Länder vor den schlimmsten Folgen schützen werden. 

Die Zeit des Redens ist längst vorbei! Wir wissen längst, wie wir die Pandemie beenden und die globale Erwärmung stoppen können. Aber wir brauchen Politiker*innen, die anfangen, diese Themen wirklich ernst zu nehmen und handeln, um die Hoffnung nicht in Aussichtslosigkeit endet. 

Wenn auch du dich für eine gerechte Verteilung der COVID-19-Impfstoffe einsetzen willst, dann fordere die G7 hier dazu auf, eine Milliarde Impfdosen an Länder mit geringem Einkommen abzugeben. 

Advocacy

Gerechtigkeit fordern

Warum uns der G7-Gipfel sehr enttäuscht hat

Ein Beitrag von Jana Sepehr