Acht Monate, nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die COVID-19-Krise zur Pandemie erklärt hatte, erteilte sie im Dezember 2020 die erste Notfallzulassung für den Impfstoff von Pfizer/BioNTech. Für Menschen auf der ganzen Welt war diese Nachricht ein Grund zur Erleichterung und gab ihnen Anlass, auf ein baldiges Ende der Pandemie zu hoffen. 

Doch jetzt, zwei Jahre und fast acht Milliarden verabreichte Impfdosen weltweit später, sterben immer noch Menschen an COVID-19. Das ist zum Teil auf die weitverbreitete Ungerechtigkeit bei der Impfung zurückzuführen.

Einige Länder und internationale Organisationen wollen durch Initiativen wie COVAX (Covid-19 Vaccines Global Access), der Impfsäule des ACT-Accelerators (Access to COVID-19 Tools Accelerator), für mehr Impfstoffgerechtigkeit sorgen. Globale Gesundheitsexpert*innen weisen dabei auf die Wirksamkeit der von der WHO zugelassenen Impfstoffe hin und fordern wohlhabendere Länder auf, genügend Geld und Impfstoff zur Verfügung zu stellen, um die Pandemie überall zu beenden. Solange das nicht passiert, wird es weiterhin Erkrankte und auch Tote geben.

Hinzu kommt, dass die Behandlungen, die Infizierten helfen könnten, nicht für alle Menschen zugänglich sind. 

Dabei sind Diagnostika und Therapeutika bei der Pandemiebekämpfung von essenzieller Bedeutung. Länder, in denen es viele Testmöglichkeiten gibt, melden weniger COVID-19-Fälle. Selbiges gilt für Länder, die ihren Bürger*innen Testkits für zu Hause zur Verfügung stellen. Patient*innen, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert werden, kann so das Leben gerettet werden –  aber nur, wenn wir in Forschung und Entwicklung investieren.

Wir müssen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um unnötige Todesfälle zu verhindern. Deshalb sind Initiativen wie der COVID-19 Therapeutics Accelerator (CTA) so wichtig. Wir müssen sicherstellen, dass diese weiterhin in Behandlungen investieren können.

CTA wurde im März 2020 vom Wellcome Trust, der Bill & Melinda Gates Foundation und Mastercard als Reaktion auf die Pandemie ins Leben gerufen. Die Initiative fokussierte sich zunächst auf die Erforschung bestehender Therapeutika, die Patient*innen mit der Diagnose COVID-19 helfen könnten. Sie kümmerte sich aber auch um die Entwicklung neuer Heilmittel.

Außerdem arbeitet CTA mit der Therapeutics Partnership des ACT-Accelerator zusammen, um Therapeutika in einkommensschwache Länder zu bringen, denen es an eigenen Ressourcen dafür mangelt. Wie COVAX setzt die Therapeutics Partnership auch auf globale Zusammenarbeit, um die Pandemie weltweit so schnell wie möglich zu beenden. Während sich COVAX jedoch auf die Verteilung von Impfdosen an gefährdete Länder konzentriert, beschleunigt die Therapeutics Partnership die Entwicklung und Produktion von COVID-19-Tests, -Behandlungen und -Impfstoffen.

Das macht sie durch die Finanzierung von Forschung im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Seit dem 26. Oktober 2020 hat das CTA Zuschüsse in Höhe von über 98 Millionen US-Dollar (rund 86,46 Millionen Euro) gewährt, die für Studien zur Wirksamkeit von Behandlungen für moderate bis extreme Fälle von COVID-19 verwendet wurden. Da das Coronavirus weiterhin diejenigen am härtesten trifft, die in einkommensschwachen Ländern leben, sorgen Initiativen wie das CTA dafür, dass sich die Menschen dort gegen das Virus wehren können. 

Global Citizen sprach mit Sophie Evekink, der Leiterin der Abteilung Global Government Relations beim Wellcome Trust. Dabei haben wir erfahren, wie der CTA das Coronavirus durch Investitionen in Therapeutika bekämpft. 

Global Citizen: Wie setzt sich das CTA dafür ein, dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen Zugang zu Therapeutika erhalten?

Evekink: Wir haben klinische Studien wie beispielsweise RECOVERY International unterstützt, die in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wie Nepal durchgeführt werden. Diese Studien ermöglichen einen früheren Zugang zu vielversprechenden Arzneimitteln durch klinische Studienprotokolle. Sie stellen zudem sicher, dass alle aussichtsreichen Produkte in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitgestellt werden können. Darüber hinaus können lokale klinische Studiendaten die schnelle Zulassung von Behandlungen in diesen Ländern unterstützen.

Der COVID-19 Therapeutics Accelerator ist auf den ACT-Accelerator Therapeutics Pillar abgestimmt. Um sicherzustellen, dass wirksame Behandlungen auch wirklich die Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen erreichen, arbeitet der COVID-19 Therapeutics Accelerator mit anderen Organisationen des ACT-Accelerators, wie zum Beispiel der Unitaid, zusammen. Dabei wird die Entwicklung von Beschaffungs- und Lieferbedingungen, die in diesen Kontexten funktionieren müssen, unterstützt.

Welche Hindernisse hat das CTA bei der Arzneimittelentwicklung überwunden?

COVID-19 war ein völlig neues Virus, über das wir gerade in der Anfangsphase der Pandemie jeden Tag mehr gelernt haben. Diese Ungewissheit hatte zur Folge, dass wir bei der Behandlungsforschung einen Portfolio-Ansatz verfolgen und gleichzeitig in mehrere verschiedene Behandlungen und Projekte investieren mussten, denn wir wussten nicht, welche funktionieren würden.

Außerdem ist die Entwicklung von Medikamenten im Frühstadium immer mit einem hohen Wagnis verbunden, da nur begrenzte Mittel für die Forschung zur Verfügung stehen. Um dieses Risiko zu minimieren, stellte der COVID-19 Therapeutics Accelerator erhebliche finanzielle Unterstützung für Innovatoren bereit und gab ihnen Hilfestellungen bei der Entwicklung. Dazu gehörte auch die Beratung beim Übergang von der akademisch geleiteten klinischen Arzneimittelentwicklung im Frühstadium zu klinischen Phase-II-Versuchen in einem späteren Stadium. Zudem beinhaltete das den Zugang zu klinischen In-vivo- und In-vitro-Versuchsplattformen, die von der Drugs for Neglected Diseases Initiative (DNDi) betrieben werden, und den Zugriff auf das Fachwissen der Partner innerhalb der ACT-Accelerator Therapeutic Partnership.

Können Sie Beispiele für die Fortschritte, die das CTA bei der Erforschung und Entwicklung von COVID-19-Behandlungen gemacht hat, nennen? 

Der COVID-19 Therapeutics Accelerator unterstützte präklinische und frühe klinische Bewertungen von neu entwickelten Medikamenten zur Behandlung von COVID-19-Patient*innen durch Studienplattformen wie AGILE. Diese Studien ermöglichten eine rasche Frühbewertung potenzieller Behandlungen und trugen zur Identifizierung von Behandlungen bei, die für spätere klinische Studien infrage kamen. 

Wir haben auch klinische Studien in späteren Stadien finanziert, wie beispielsweise RECOVERY International, das in Indien, Nepal und Südostasien tätig ist. In diesen Studien wurden sowohl bestehende als auch neuartige Behandlungen von COVID-19 in verschiedenen Anwendungsfällen klinisch bewertet.

Warum sollten wir überhaupt COVID-19-Therapeutika finanzieren, wenn wir den Zugang zu COVID-19-Impfstoffen erweitern müssen?

Wenn sich die Finanzierung von Behandlungen verzögert, dann verlängert das die Pandemie. Das wiederum führt zu weiteren Todesfällen und höheren wirtschaftlichen Schäden. Die weltweite Einführung der Corona-Impfstoffe dauert sehr lange; wir müssen immer noch Menschen behandeln, die erkranken, und alle, die nicht geimpft werden können.

Die Behandlungsmöglichkeiten für Coronavirus-Patient*innen weltweit beschränken sich derzeit auf die Medikamente Dexamethason, Hydrocortison und Tocilizumab. Die werden in Verbindung mit Sauerstoff eingesetzt, was bisher nachweislich das Leben vieler schwerst erkrankter Patient*innen gerettet hat. Doch für die meisten Patient*innen gibt es keine wirksamen, bewährten Behandlungen. Auch nicht wenn es darum geht, leichte Symptome zu lindern. Deshalb wird die Verfügbarkeit dieser Behandlungen entscheidend sein, um den Verlauf der Pandemie zu ändern.

Wie können die führenden Politiker*innen der Welt das CTA dabei unterstützen den Zugang zu COVID-19-Therapeutika zu verbessern?

Damit Leben gerettet, der Welthandel wieder auf Kurs gebracht und COVID-19 eingedämmt werden kann, braucht jedes Land den gleichen Zugang zu Tests, Behandlungen, Impfstoffen und belastbaren Gesundheitssystemen. Es ist wichtig, dass die politischen Entscheidungsträger*innen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und jetzt in all diese Elemente investieren, um COVID-19 einzudämmen.

Mit dem ACT-Accelerator steht jedoch der Mechanismus zur Sicherstellung des Zugangs zu Behandlungen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen in all diesen Säulen vor einer erheblichen Finanzierungslücke.

In nur einem Jahr hat der ACT-Accelerator echte Fortschritte erzielt. Er hat die ersten Impfstoffe an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen geliefert, die Kosten für Tests erheblich gesenkt, Persönliche Schutzausrüstung (PSA) beschafft und den Zugang zu den ersten bewährten COVID-19-Behandlungen gesichert. Doch um uns aus der Krise zu führen, muss jedes Land seinen Teil dazu beitragen und die Finanzierungslücke des ACT-Accelerators in diesem und im kommenden Jahr schließen.

Diese Serie wurde mit Unterstützung durch die Bill and Melinda Gates Stiftung ermöglicht.

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Ein Beitrag von Jaxx Artz