Warum das wichtig ist
Polio ist eine infektiöse Krankheit, die zu 99,9 Prozent ausgerottet werden konnte. Dieser Fortschritt wird durch die Corona-Pandemie gefährdet. Du kannst mit Global Citizen im Kampf für globale Gesundheit aktiv werden.

Anm. der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 09.06.21 aktualisiert. 

Für Länder, die den Kampf gegen Polio, auch Kinderlähmung genannt, noch führen, ist der Ausbruch des Coronavirus besonders gefährlich. Schätzungen zufolge haben weltweit rund 80 Millionen Kinder ihre Schutzimpfung gegen Polio, aber auch andere Krankheiten wie Masern und Diphterie, verpasst. In insgesamt 52 Ländern wurden Ressourcen, die eigentlich zur Polio-Prävention eingesetzt werden sollten, umverteilt, um Maßnahmen gegen die Pandemie zu unterstützen.

Dabei konnte im letzten Jahr trotz der Pandemie ein großer Meilenstein gefeiert werden: Nigeria wurde im August als letztes Land Afrikas für poliofrei erklärt. Damit gilt der gesamte afrikanische Kontinent als frei von Wildpolio – ein enormer Erfolg. Demnach sind Pakistan und Afghanistan die letzten Länder weltweit, in denen Polio noch ausgerottet werden muss.

Für die Einwohner dieser Länder sind die verheerenden Folgen, die COVID-19 anrichtet, nur allzu vertraut. Pakistan und Afghanistan kämpfen nun an zwei Fronten: Aktuell werden sowohl Maßnahmen zur Eindämmung des Poliovirus als auch des Coronavirus durchgeführt. Aber auch Pazifikstaaten und Südostasien werden mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen haben. Hier sind die Impfraten bereits sehr gering, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Menschen dort wieder an Polio erkranken. 

Die Global Polio Eradication Initiative (GPEI) ist mit ihrer Infrastruktur und ihrem Einfluss von zentraler Bedeutung bei der Bekämpfung der COVID-19 Pandemie. Dort wo GPEI vor Ort ist, werden Mitarbeiter*innen, Ressourcen sowie Kontroll- und Testmöglichkeiten eingesetzt und genutzt, um das Coronavirus zu bekämpfen.

Die nationalen Gesundheitssysteme profitieren während dieser Pandemie von dem Wissen und der Erfahrung der Mitarbeiter*innen im Umgang mit Viren.

“Das war schon immer das ‘Plus’ in ‘PolioPlus’. Anders gesagt: Die Infrastruktur zur Bekämpfung von Polio hilft dabei, auf andere Krankheiten und humanitäre Katastrophen zu reagieren”, sagte Oliver Rosenbauer, GPEI Sprecher bei der Weltgesundheitsorganisation, gegenüber Global Citizen.

In Pakistan wurden durch die GPEI bereits 6.260 Mitarbeiter*innen des Gesundheitssystems speziell für den Umgang mit COVID-19 ausgebildet, sodass diese zusätzlich zu ihrer Arbeit mit Polio-Bezug jetzt auch das Coronavirus bekämpfen. Außerdem wurden über 280 Mitarbeiter*innen ausgebildet, um die Entwicklung von COVID-19 genau zu beobachten. In Afghanistan besuchen Außendienstmitarbeiter*innen regelmäßig örtliche Gesundheitseinrichtungen und dokumentieren die Anzahl der COVID-19 Fälle. Auch in Nigeria werden bei der Eindämmung des Coronavirus die Erkenntnisse vom jahrelangen Einsatz zur Eindämmung des Poliovirus genutzt. Diese Länder stehen beispielhaft für die 13 Staaten, in denen GPEI aktiv ist und gegen das Virus kämpft.

Als GPEI im Jahr 1988 gegründet wurde, erlitten jährlich mehr als 350.000 Kinder in 125 Ländern Lähmungen durch Polio. Diese Zahl wurde um 99 Prozent reduziert, sodass mehr als 18 Millionen Menschen heute gehen können, die sonst gelähmt sein würden. Laut GPEI wurden 1,5 Millionen Menschenleben gerettet. 

Nun stellt COVID-19 eine Bedrohung für den Fortschritt der letzten Jahre dar.

“Die Durchführung einer Polio-Impfung geschieht ganz praktisch mit engem Körperkontakt und ist somit inkompatibel mit den COVID-19-spezifischen Abstandsempfehlungen”, sagt Rosenbauer. Deshalb musste die GPEI ihre Immunitäts-Kampagnen vorübergehend aussetzen. Rosenbauer befürchtet, dass in Ländern, in denen das wilde Poliovirus noch nicht ausgerottet werden konnte, ein erneuter Anstieg und eine Ausbreitung des Virus folgt.

Die Beobachtung des Poliovirus wird durch GPEI fortgesetzt, um einen Überblick über die Entwicklungen zu behalten und so schnell wie möglich an die Anstrengungen und die Fortschritte der letzten Jahre anknüpfen zu können.

Ein Lichtblick in der aktuellen Situation ist laut GPEI die eingeschränkte Mobilität der Menschen aufgrund von geschlossenen Grenzen und Ausgangssperren.

“Das könnte bedeuten, dass das Risiko einer Verbreitung etwas verringert wird. Allerdings sind das ausschließlich Mutmaßungen und unsere Priorität liegt darauf, so schnell wie möglich wieder zu Impfungen vornehmen zu können”, sagt Rosenbauer. 

Richtigerweise schauen aktuell alle auf das Coronavirus, sagt er, allerdings dürfe man dabei nicht blind gegenüber anderen Krisen werden.

“Solange Kinder in Pakistan dem Risiko der Kinderlähmung ausgesetzt sind, sind Kinder auf der ganzen Welt gefährdet, an Polio zu erkranken. Das dürfen wir nicht vergessen”, sagt er. “Deshalb ist es wichtig, dass wir alles Ressourcen mobilisieren, um schnell und effektiv Pläne mit Notfallschutzmaßnahmen einführen zu können, sobald das Programm weiterläuft.”

Aktivist*innen und Gesundheitsorganisationen setzen sich dafür ein, dass sowohl Polio als auch die Coronapandemie bekämpft werden. Dazu müssen die Länder Maßnahmen ergreifen und die Industriestaaten dem GPEI weitere Mittel zusagen. Nur so kann die lebensnotwendige Arbeit zur Ausrottung von Polio fortgesetzt werden. 

Deutschland leistet bereits einen wichtigen Beitrag, um Polio zu bekämpfen. 2021 hat die Bundesregierung 35 Millionen Euro bereitgestellt. Doch besonders nach dem Wechsel der Regierung im September muss gewährleistet werden, dass diese Unterstützung in den kommenden Jahren fortgeführt wird. 

Wenn du mehr über Polio erfahren möchtest, dann kannst du hier unser Quiz machen. Um die Global Polio Eradication Initiative (GPEI) dieses Jahr bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, kannst du hier aktiv werden.  

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Ein Beitrag von Meg Black