Kommt es nur mir so vor, oder gibt es in letzter Zeit mehr Klimaproteste als sonst? Von den Aktivistinnen von Just Stop Oil, die Suppe auf einen van Gogh schütten, der Gruppe Letzte Generation, die in Potsdam ein Monet-Gemälde mit Kartoffelbrei beschmierten bis hin zu den Aktivist*innen der Animal Rebellion, die Milch auf den Boden von Supermärkten gießen – die Proteste werden immer kreativer. Doch warum gerade jetzt? 

Das hat alles mit COP27, der zum 27. Mal stattfindenden jährlichen Klimakonferenz der Vereinten Nationen zu tun. Seit rund drei Jahrzehnten kommen fast alle Länder der Erde zu globalen Klimagipfeln zusammen (was an sich schon eine ziemlich beeindruckende Leistung ist). In dieser Zeit hat sich die Klimakrise von einem Randthema zu einer globalen Priorität entwickelt. 

Aber wie jede langjährige Serie hatte auch diese ihre Höhepunkte (das Pariser Abkommen 2015) und ihre Tiefpunkte (der Gipfel in Kopenhagen 2009).

Die COP27 findet vor einem komplexen und schwierigen Hintergrund statt: Putins Krieg gegen die Ukraine hat nicht nur Millionen von Menschen in akuten Hunger gestürzt, sondern die starke Abhängigkeit von russischen Energiequellen, insbesondere Gas, hat Europa in eine Energiekrise gestürzt, die einige Länder als Vorwand nutzen, um wieder in fossile Brennstoffe zu investieren, anstatt erneuerbare Energien zu fördern. 

Gleichzeitig sind die Auswirkungen der Klimakrise bereits überall zu spüren: Ein Drittel von Pakistan steht unter Wasser. Es war der heißeste Sommer in Europa seit 500 Jahren. Über eine Million Menschen wurden durch die schlimmsten Überschwemmungen, die Nigeria je erlebt hat, vertrieben. Dürreperioden am Horn von Afrika. Waldbrände in Kalifornien. Der Bedarf an mutigen Klimamaßnahmen war noch nie so groß wie heute.

Obwohl argumentiert wird, dass die Aussichten auf aussagekräftige Ergebnisse dieses Treffens gering sind, sind die UN-Klimakonferenzen das einzige Forum, in dem die Meinungen und Bedenken der ärmsten Länder das gleiche Gewicht haben wie die der größten Volkswirtschaften.

Hier erfährst du alles, was du über die COP27 wissen müssen – und warum wir es uns nicht leisten können, dass sie zum Flop wird. 

Was ist COP?

Die COP ist ein jährlicher Klimagipfel, der von der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) einberufen wird. COP steht für Conference of the Parties, eine Versammlung von Ländern. 2022 findet sie zum 27. Mal statt, also ist dies COP27.

Wann findet COP27 statt?

COP27 findet vom 6. bis zum 18. November 2022 statt. 

Wo findet COP27 statt?

COP27 findet im ägyptischen Urlaubsort Scharm El-Scheich statt. Dies ist die erste COP in Afrika seit der COP22, die 2016 in Marokko stattfand. Sie wird als "afrikanische COP" bezeichnet, sowohl was den Fokus als auch den Ort angeht, da afrikanische Länder mit den schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise konfrontiert sind.

Moment mal – werden Aktivist*innen und die Freiheiten in Ägypten nicht gerade unterdrückt?

Laut CIVICUS, einer Organisation, die die Offenheit des zivilgesellschaftlichen Raums (der es Menschen und Gruppen ermöglicht, sich zu organisieren und zu engagieren) in verschiedenen Ländern untersucht, wird Ägypten als geschlossen eingestuft – die schlechteste Bewertung, die es gibt. 

Das Kairoer Institut für Menschenrechtsstudien und andere zivilgesellschaftliche Organisationen haben hingewiesen: "Die Realität ist, dass fast alle Organisationen und Einzelpersonen, die versuchen, Menschenrechtsverletzungen in Ägypten aufzudecken oder dafür zu sorgen, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden, inhaftiert, gefoltert oder anderweitig einer Vielzahl von Drohungen und Angriffen ausgesetzt werden."

Einem aktuellen Bericht von Human Rights Watch zufolge hat das ägyptische Regime die Umweltschützer*innen des Landes im Vorfeld der COP27 erfolgreich zum Schweigen gebracht. Dies ist Teil seiner umfassenden Strategie zur Unterdrückung der Menschenrechte, die auch sinnvolle globale Klimaschutzmaßnahmen einzudämmen droht. 

James Lloyd, einer der Organisator*innen des Nature Positive Pavilion, sagte: "Wir sind besorgt, dass die Schließung der Pavillons am ersten Tag des Gipfels die kritischen Räume für diesen Dialog wegnimmt und Veranstaltungen und wichtige Diskussionen unterbricht, die entscheidend sind, um die Netto-Null- und Natur-Positiv-Agenda voranzubringen."

Was genau passiert bei der COP?

Bei einem Blick auf den Plan der COP27 versteht man erstmal nur Bahnhof – es sei denn, man ist mit dem Fachjargon und der sterilen Sprache der internationalen Diplomatie vertraut.

In der Praxis läuft es so ab: Bevor die Verhandlungen so richtig losgehen, wird die COP mit einer feierlichen Eröffnungssitzung gestartet. Nach dem Auftakt sprechen zunächst die Staats- und Regierungschef*innen beim sogenannten “Leaders Summit” und dann werden die Verhandlungen zwischen den Staaten weitergeführt. Im Vorfeld der Klimakonferenz bereiten Fachexpert*innen und -beamt*innen die technischen Fragen vor, die dann von den Verhandler*innen – meistens die Außen-, Umwelt- oder Klimaminister*innen der Länder – verhandelt werden. Dort wird oft bis zuletzt um jedes Wort gerungen, das dann in der Abschlusserklärung, dem sogenannten Communiqué, steht. Da kann es schon mal chaotisch werden, da alle Staaten (ca. 200!) ein Vetorecht haben. Eine wichtige Rolle kommt daher dem COP-Präsidenten zu, in diesem Jahr dem ägyptischen Außenminister Sameh Shoukry, der zwischen den Parteien vermitteln muss.

Doch außerhalb der Türen protestieren die Aktivist*innen gewöhnlich gegen oberflächliche Verpflichtungen und demonstrieren gegen politische Untätigkeit. Doch diesmal wird befürchtet, dass die Zivilgesellschaft so gut wie gar nicht an der Veranstaltung teilnehmen wird, da Demonstrationen in Ägypten praktisch verboten sind und für viele Aktivist*innen die Reise nach Scharm El-Scheich schlicht zu teuer. 

Was genau wurde in Paris beschlossen?

Diese COP war ein wichtiger Erfolg: Im Rahmen des Pariser Abkommens auf der COP21 im Jahr 2015 verpflichteten sich die Staaten, die globale Erwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten. Das Abkommen ist zwar rechtsverbindlich, aber die Verpflichtungen, die die Länder zur Reduzierung ihrer Emissionen eingegangen sind, sind es nicht. 

Das ist quasi so, als hättest du eine rechtsverbindliche Vereinbarung zum Abnehmen unterzeichnet, aber niemand hat etwas davon gesagt, dass du keinen Schokoladenkuchen essen darfst. 

Wer nimmt an COP27 teil?

Die COP-Teilnehmenden sind Vertreter*innen von Regierungen oder Wohltätigkeitsorganisationen und NGOs. Es gibt 197 Parteien, die sich grob in fünf regionale Gruppen aufteilen: Afrika, Asien, Osteuropa, Lateinamerika und die Karibik sowie Westeuropa und andere Staaten.

Was sind unsere Forderungen an die COP27?

Klimafinanzierung

Im Jahr 2009 verpflichteten sich die wohlhabenden Nationen (die auch die Hauptverantwortlichen für die Klimakrise sind), bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung zu mobilisieren, um gefährdete Länder bei der Vermeidung und Reduzierung von Treibhausgasemissionen sowie der Anpassung an aktuelle und künftige Auswirkungen der Klimakrise zu unterstützen.

Aber dazu ist es bis jetzt nicht gekommen. Wir fordern die reichen Länder auf, ihr Versprechen einzulösen und ab sofort bis 2025 die 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Länder bereitzustellen. Auch auf Deutschland fällt hier übrigens ein schlechtes Licht: Denn sein gerechter Anteil sind jährlich acht Milliarden Euro – und bisher gibt die Bundesregierung nur die Hälfte, also vier Milliarden Euro, für internationale Klimafinanzierung aus. 

Diese Mittel müssen neu und zusätzlich zur öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt werden und zwar aufgeteilt zwischen Klimaschutz und Anpassung. Darüber hinaus müssen sich die Länder auf ein ehrgeizigeres Finanzierungsziel für die Zeit nach 2025 einigen, das gemeinsam mit den betroffenen Ländern und den von der Klimakrise bedrohten Bevölkerungsgruppen erarbeitet wird.

Anpassungsmaßnahmen

Landwirt*innen, die uns mit Lebensmitteln versorgen, haben mit den steigenden Temperaturen zu kämpfen. Diese trocknen die Böden aus, lassen die Pflanzen vertrocknen und vergrößern die Schädlingspopulationen. Ohne ausreichende Gelder zur Anpassung an die Klimakrise könnten viele von ihnen gezwungen sein, die Nahrungsmittelproduktion komplett aufzugeben. Infolge der Klimakrise könnte die weltweite Landwirtschaft bis zum Jahr 2050 um 30 Prozent zurückgehen – und das, während die Weltbevölkerung gleichzeitig auf mehr als neun Milliarden Menschen ansteigen würde. 

Zum Erhalt der Lebensmittelsicherheit und der Ernährung benötigen wir Mittel zur Klimaanpassung in ländliche Gemeinden und in kleinbäuerliche Betriebe. Dafür müssen wir uns auch in Partnerschaften mit lokalen und marginalisierten Communities für den Schutz und die Wiederherstellung der Natur einsetzen. Länder müssen den Prozess der Anpassung an die sich verschärfenden Auswirkungen der derzeitigen und künftigen Klimakrise perfektionieren. Wir fordern die Einhaltung der auf der COP26 eingegangenen Verpflichtung, die Mittel für die Anpassung bis 2025 zu verdoppeln.

Deckung von Verlust und Schäden

Verluste und Schäden beziehen sich in der Regel auf die zerstörerischen Auswirkungen der Klimakrise, die weder durch Reduzierung noch durch Anpassung vermieden werden können.

Sie werden häufig unterteilt in wirtschaftliche Verluste und Schäden, einschließlich der Beeinträchtigung des Lebensunterhalts und von Eigentum, und nichtwirtschaftliche Verluste und Schäden, einschließlich des Verlusts von Menschenleben und der Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt und des kulturellen Erbes.

Wir fordern die Einrichtung eines zusätzlichen, angemessenen und zugänglichen Finanzierungsmechanismus, um Verluste und Schäden für die von der Klimakrise am stärksten betroffenen Communities, insbesondere im Globalen Süden, zu beheben.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen

Wir fordern, dass alle Parteien konkrete Pläne für den Abbau der Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2025 oder früher verabschieden und diese Gelder stattdessen in saubere, gerechte und nachhaltige Energiesysteme und grüne Erholung investieren. 

Die COP27 muss den fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas ein Ende setzen. Darüber hinaus müssen sich die Regierungen als wichtigen Schritt in Richtung Netto-Null zu einem vollständigen Ausstieg aus der Kohle bis 2030 verpflichten.

Was kannst du tun?

Werde bei uns aktiv!

Schaue auf unserer Kampagnenseite für Klimaschutz vorbei und erfahre, wie du etwas bewirken kannst – sei es, indem du Petitionen unterzeichnest, die Staats- und Regierungschef*innen und Unternehmen aufforderst, die Klimakrise besser zu bewältigen, indem du E-Mails an die G20-Minister schickst, um natürliche Ökosysteme zu schützen, oder indem du Botschaften an die europäischen Länder sendest, um einen grünen Übergang für alle zu unterstützen. 

Global Citizen Explains

Umwelt schützen

COP27: Alles, was du über die UN-Klimakonferenz wissen musst

Ein Beitrag von Tess Lowery