Warum das wichtig ist
Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung sind Probleme, die uns alle angehen. Deshalb müssen wir hingucken, hinhören, solidarisch sein und lernen – was es bedeutet, sich rassistisch zu äußern und was wir als Individuen und Gesellschaft besser machen können. 

Als Reni Eddo-Lodge vier Jahre alt war, fragte sie ihre Mutter, wann sie Weiß sein würde, “weil alle guten Menschen im Fernsehen weiß waren, und alle Bösen waren dunkelhäutig. Ich betrachtete mich als guten Menschen, deswegen dachte ich, dass ich irgendwann weiß werden würde”, schreibt die heutige Autorin in einem Essay in der ZEIT.

Dies ist nur eine Geschichte von unzähligen, die eindrucksvoll zeigt, wie tief Stereotype und Rassismus in unserem gesellschaftlichen Leben verankert sind  – und was dies mit Menschen macht, die nicht Weiß sind. 

Um zu verstehen, was Rassismus ist, sollten wir Menschen zuhören, die betroffen sind. Wir haben fünf Buchtipps für dich, von Autor*innen, die aus ihrem Leben erzählen. Sie haben verschiedene Wurzeln, Berufe und Lebensgeschichten. Doch was sie gemeinsam haben, sind Erfahrungen mit Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung – und den Willen, die Gesellschaft zu verändern. Aus ihren Geschichten können wir lernen.

1. Alice Hasters – Was Weiße Menschen nicht über Rassismus wissen wollen 

“Wo kommst du her?” Dutzende Male hat Alice Hasters diese Frage gehört. Dabei wollen viele Menschen nicht wissen, wo sie geboren ist oder wo sie sich Zuhause fühlt – sie wollen wissen, warum sie Schwarz ist. 

Hasters weiß, dass Fragen wie diese meist nicht böse gemeint sind – dennoch sind sie rassistisch. Warum das so ist, erklärt sie in ihrem Buch. Als Tochter einer Schwarzen US-Amerikanerin und eines Weißen Vaters ist sie in Deutschland aufgewachsen. 

In ihrem Buch erzählt sie davon, wie Rassismus ihren Alltag als Schwarze Frau in Deutschland prägt – gegliedert in fünf Kapitel: Alltag, Schule, Körper, Liebe und Familie.

2. Michel Abdollahi – Deutschland schafft mich 

“Hamburg war ein Downgrade. Im Vergleich zu Teheran war das eine Kleinstadt”, sagt Michel Abdollahi über seine Ankunft in Deutschland. Manche kennen ihn als Poetry Slam Guru oder aus dem Fernsehen. Manche sehen in ihm den Iraner, den Migranten, andere den Comedian – wieder andere den Muslim. Denn einst stand er am Hamburger Jungfernstieg mit einem Schild auf der Straße auf dem stand: “Ich bin Muslim. Was wollen Sie wissen?” 

Die Fragen und Reaktionen der Passant*innen wurden für den Norddeutschen Rundfunk (NDR) aufgenommen. Abdollahi hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen auf – meist – lustige Art und Weise aufzuklären. "Auch vor 200 Jahren hatte der lustige Pfarrer mehr Anhänger als der ernste“, sagte Abdollahi mir einst. 

Abdollahi wurde 1981 in Teheran geboren und kam schon als kleiner Junge nach Hamburg. Er studierte Jura, moderierte Talk-Shows und Poetry Slams und wurde für seine Reportagen mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. 

In seinem Buch Deutschland schafft mich schreibt Abdollahi über die Absurdität der Angst vor Überfremdung, über Stigmatisierung, Islamfeindlichkeit und die Bedeutung von Herkunft. Dass der Titel des Buches manch einen an Deutschland schafft sich ab von Tilo Sarrazin erinnert, ist kein Zufall. Zehn Jahre nach Veröffentlichung des Buches stellt Absollahi fest: "...Deutschland hat sich immer noch nicht abgeschafft. Aber es ist auf dem besten Weg, das nachzuholen. Nur nicht durch die, die Sarrazin für alles Übel verantwortlich macht, sondern durch die Geister, die er rief."

3. Trevor Noah - Farbenblind

In seinem Buch Farbenblind (English: Born a Crime) schreibt der weltweit gefeierte Comedian Trevor Noah mit seinem trockenen Humor und lebhaften Anekdoten aus seiner Kindheit über Armut, Rassismus und Diskriminierung. Aber auch über die Auflehnung seiner Eltern, vor allem seiner Mutter, die versuchten, sich dem Apartheidsystem zu widersetzen. 

Trevor Noah kam 1984 als Sohn einer südafrikanischen, Schwarzen Mutter und eines Weißen, eingewanderten Deutschweizers in Johannesburg zur Welt. Kein leichtes Schicksal: Denn in dem südafrikanischen Apartheidsregime standen damals "gemischtrassige" Beziehungen unter Strafe. Als “illegal” geborenes Kind wuchs Noah deshalb in den ersten Jahren bei seiner Großmutter in einem Township in Soweto auf. 

Trevor Noah moderiert nicht nur die renomierte USA-amerikanische Nachrichtensatire The Daily Show, sondern war im Dezember 2018 auch der Host unseres Global Citizen Festival: Mandela 100 in Johannesburg.

4. Dunja Hayali - Haymatland

Dunja Hayalis Eltern, beide im Irak aufgewachsen, lernten sich in Wien kennen. Ihr Vater verließ Mossul, um im Ausland Architektur zu studieren. Mit dem Titel in der Tasche, wollte er dann in den Irak zurückkehren. Doch wie das manchmal so im Leben ist, kam es ganz anders, als geplant: Er studierte Medizin, heiratete und zog nach Deutschland.

Und so wurde Dunja Hayali in Deutschland geboren – auch wenn sie sich, vor allem in den sozialen Medien, dann und wann anhören muss, sie solle doch “dahin zurückgehen wo sie herkommt.” 

“Meine Heimat ist Datteln, dort bin ich geboren. Meine Heimat ist Köln, dort bin ich im Studium flügge geworden. Meine Heimat ist Berlin, dort lebe und arbeite ich. Meine Heimat ist immer da, wo meine Familie und meine Freunde sind. (...) Und ich bin durch und durch deutsch”, schreibt Hayali in ihrem Buch Haymatland – einem Buch über Heimat, Identität, Hass und Hoffnung. 

5. Reni Eddo-Lodge – Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche 

Vor sechs Jahren veröffentlichte Reni Eddo-Lodge einen Post auf ihrem Blog, der lautete: 

“Ich spreche nicht länger mit Weißen über das Thema Hautfarbe. Das betrifft nicht alle Weißen, sondern nur die große Mehrheit, die sich weigert, die Existenz von strukturellem Rassismus und seinen Symptomen anzuerkennen. Ich kann mich nicht mehr mit der emotionalen Distanz auseinandersetzen, die Weiße an den Tag legen, wenn eine Person of Colour (PoC) von ihren Erfahrungen berichtet. Man sieht, wie sich ihr Blick verschließt und hart wird. Es ist, als würde ihnen Sirup in die Ohren gegossen, der ihre Gehörgänge verstopft. Es ist, als könnten sie uns nicht mehr hören. (...)”

Der Post ging viral. Nur wenig später wurde Reni Eddo-Lodge überschwemmt mit Kommentaren – Schwarze und People of Color bedankten sich bei ihr, dass sie es so deutlich aussprach. Viele fühlten mit ihr und teilten ihre Erfahrungen. Doch es gab auch andere, vor allem Weiße Menschen die meinten, sie würde der Welt etwas vorenthalten, wenn sie nicht mehr mit Weißen über Hautfarbe sprach. Genau aus diesem Grund entschied sich Reni Eddo-Lodge die Sache zu erklären und das sehr lesenswerte Buch zu schreiben: Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche (Englisch: Why I'm No Longer Talking to White People About Race). 

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Fünf Bücher, fünf Leben: Diese Bücher solltest du zum Thema Rassismus lesen

Ein Beitrag von Jana Sepehr