Anm. der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 24.3.2022 aktualisiert.

Cornelia Röper, 32 Jahre alt, hat Sustainable Business Development an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde studiert und die soziale Plattform “Wefugees” gegründet, auf der Geflüchtete Fragen stellen können – und Antworten bekommen. Dafür wurde sie 2018 mit dem Changemaker Award der Bill und Melinda Gates Stiftung in Berlin ausgezeichnet. “Wenn wir alle nicht das Ziel haben, unseren Profit zu maximieren, sondern positive soziale Veränderung herbeizuführen, dann können wir die Welt verändern”, sagte sie bei der Preisverleihung. 

Wie kamst du auf die Idee, "Wefugees" ins Leben zu rufen?

Es war nicht allein meine Idee, sondern die Idee vieler Geflüchteter, Helfer*innen und mir, die wir gemeinsam in Gesprächen und Workshops entwickelten. Ich glaube, die Idee wurde so gut angenommen, weil wir uns getraut haben, wirklich zuzuhören.

2015 wollte ich selbst in der Geflüchtetenhilfe aktiv werden und war überwältigt von der Vielzahl an Facebookgruppen, Initiativen und Einzelpersonen, die in dieser Zeit entstanden. Da das alles nicht zentral organisiert wurde, war es unglaublich schwer, an Informationen zu kommen und man kann sich vorstellen, dass ich selbst als Ehrenamtliche mit über 42 Facebookgruppen, die geflüchteten Menschen in Berlin Hilfe anbieten, recht schnell überfordert war.

Es war unmöglich, vorhandene Informationen wiederzufinden. Daraufhin haben ich Co-Design Workshops ins Leben gerufen, die Plattform aufgesetzt und meine Mitgründerin Henriette Schmidt kennengelernt.

Heute gilt Wefugees mit 11.000 regelmäßigen Nutzer*innen pro Monat als weltweit größte Frage-Antwort-Plattform für Geflüchtete.

Was sind die häufigsten Fragen, die Geflüchtete stellen? 


Wir haben natürlich viele Fragen zum Asylprozess, der für viele schwer zu durchschauen ist und großen psychischen Druck aufbaut.

Danach kommt ein bunter Mix aus Fragen zu Hochzeiten, Reisebestimmungen, Fragen zum Bewerben auf Jobs oder Wohnungen, deutschen Bräuchen, deutschen Systemen wie etwa: “Wie funktioniert Pfand?”

Wir haben eine ganz neue Funktion, mit der man für Fragen voten kann. Wenn man auf der Seite Wefugees auf “Most Votes” klickt, bekommt man einen guten Eindruck der Vielfältigkeit der am häufigsten gestellten Fragen.

Was muss passieren, damit Integration in Deutschland gelingt?

Integration muss von zwei Seiten gewollt sein, damit sie funktionieren kann.

Zum einen müssen die in Deutschland Lebenden offen und gastfreundlich sein und den Neuankommenden ihre Gesellschaft, Systeme und Floskeln erklären. Zum anderen sind natürlich die Neuankommenden gefragt, sich zu informieren, die Sprache zu lernen, Interesse am neuen Heimatland zu zeigen und neugierig zu bleiben.

Was wollt ihr mit “Wefugees“ noch erreichen?

Digitalisierung der Asyl- und Sozialberatung in Deutschland. Wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass leichte Beratung online funktioniert und damit viel mehr Menschen erreicht werden können als über konventionelle 1:1-Beratungen. Die Beratung via E-Mail oder Chatsysteme reichen noch nicht. Erst wenn Fragen und Antworten öffentlich einsehbar, durchsuchbar und “googlebar” sind, steigern wir Effizienz und Effektivität der Beratungen.

Dafür bieten wir Trägern Workshops und Beratung zum Thema an und laden sie ein, “Wefugees” als ihren eigenen digitalen Kanal zu nutzen. Sie werden dafür als Organisation verifiziert und kenntlich gemacht.

Weiter in die Zukunft gedacht, möchten wir gerne in andere Länder expandieren, sobald eine Finanzierung dazu steht.

Was machst du, wenn du nicht bei "Wefugees" aktiv bist?

Ich arbeite schon am nächsten Global Goal: "Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“. Dazu bin ich zum Vorstand des Verbandes für die Digitalisierung der Sozialwirtschaft e.V. gewählt worden und suche wieder Mitstreiter*innen, die gemeinsam mit mir und etablierten Sozialträgern das Pflegesystem in Deutschland verbessern wollen.

Das machen wir auch nicht nur als Verband, sondern gründen ein Startup, um verschiedene Plattformen aufzubauen.

Der Preis ist mit 10.000 dotiert. Weißt du schon, wie du das Geld nutzen möchtest?

Die fließen direkt an unsere Community Managerin! Sie hält die Leute auf der Plattform zusammen, sichert die Qualität und verlinkt unsere Fachkräfte auf “Wefugees”.

Inzwischen hat Wefugees ihre Seite auch auf ukrainischer Sprache zugänglich gemacht, um den Flüchtenden bei ihrer Anreise in Deutschland zu helfen. 

Editorial

Gerechtigkeit fordern

“Wefugee”-Gründerin erhält Changemaker-Award der Gates Stiftung

Ein Beitrag von Jana Sepehr