Letzte Woche Dienstag hat Russlands Präsident Vladimir Putin ein neues Gesetz verabschiedet, das Täter häuslicher Gewalt mit wesentlich leichteren Strafen davonkommen lässt als zuvor.    

Der Gesetzesentwurf, der auch als „Ohrfeigengesetz“ bekannt ist, richtet sich vor allem an Straftäter, der 'zum ersten Mal' häusliche Gewalt anwendeen und 'keine bleibenden Schäden' beim Opfer verursacht haben. Die 'neue, milde' Strafe für solch ein Handeln sieht jetzt eine 15-tägige Gefängnisstrafe, ein paar Sozialstunden und eine Geldstrafe von umgerechnet 500 US-Dollar vor. Bisher mussten solche Straftäter für zwei Jahre hinter Gitter. 

Wiederholungstäter, die Gewalt gegen ihren Partner und / oder Kinder anwenden, müssen laut CNN für sechs Monate Sozialdienst leisten, stehen unter Hausarrest und müssen eine Geldstrafe von umgerechnet 675 US-Dollar zahlen.

Mehr Lesen: 10 völlig absurde, frauenverachtende Gesetze, die auch heute noch existieren

Das neue Gesetz hatte es ein Leichtes in den beiden Häusern des russischen Parlaments - der Entwurf wurde zügig verabschiedet, bevor er dann von Putin unterzeichnet wurde. Auch die darauf folgende Rechtfertigung des Gesetzes ist ähnlich interessant.

So sagte Duma Vitaly Milonov, einer der russischen Gesetzgeber, dass „Männer und Frauen bzw. Ehemänner und Ehefrauen eben auch mal Auseinandersetzungen hätten. Und manchmal fliegen in solchen Konflikten schonmal die Pfannen oder die ungekochten Spaghetti.“  

„Und um ehrlich zu sein ist das, was wir heute häusliche Gewalt nennen auch nicht wirklich häusliche Gewalt - das wollen uns nur die neuen liberalen Medien so verkaufen“, sagt er weiter. 

Laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti stirbt ca. alle 40 Minuten eine Frau in Russland an den Folgen von häuslicher Gewalt. An ungekochten Spaghetti hingegen sterben exakt null Frauen.

Mehr Lesen: Was passiert, wenn man einen Jungen vor ein Mädchen stellt und ihn auffordert, sie zu schlagen?

Das Thema Häusliche Gewalt wird in Russland oft diskutiert. Vor allem die Meinung der männlichen Bevölkerung findet dabei öfter ihren Weg in die Öffentlichkeit. Tote Frauen kann man ja auch schlecht interviewen. 

Vor Kurzem veröffentlichte eine russische Boulevardzeitung zum Beispiel einen Artikel und hob darin die „Vorteile“ hervor, wenn man Frauen schlägt. Der Artikel beruft sich auf wissenschaftliche Studien, die angeblich herausgefunden haben sollen, dass Frauen - wenn sie geschlagen werden - öfter einen Jungen zur Welt bringen.

Aktivisten Alena Popova wollte sich das nicht bieten lassen und protestierte kurzer Hand alleine(!) vor dem russischen Parlament. Sie wurde daraufhin bezichtigt, von einer anderen Regierung für ihren Protest bezahlt worden zu sein.

Das schreckt Alena allerdings herzlich wenig ab: im Internet hat sie bereits zum Unterzeichnen einer Petition aufgerufen, die fordert, das Gesetz wieder aufzuheben. 300.000 Menschen sind ihrem Aufruf bisher gefolgt und teilen zudem unter dem Hashtag #Iamnotscaredtospeak Geschichten über Gewalt, die sie Zuhause erfahren haben.

Frauen und Kinder sind die mit Abstand häufigsten Opfer häuslicher Gewalt. Doch auch Männer sind nicht davor gefeit. Das neue Gesetz in Russland hat das Potential, solche Übergriffe zu verharmlosen und Täter nach und nach ungestraft davon kommen zu lassen. 

News

Gerechtigkeit fordern

Russland reduziert Strafe bei Häuslicher Gewalt, weil 'Streit ja normal ist'

Ein Beitrag von Colleen Curry