Im ersten Leben war Till Wahnbaeck Historiker, später arbeitete er im Marketing beim Kosmetik-Konzern Procter & Gamble und noch später als Vorsitzender der Welthungerhilfe. Heute ist er Sozialunternehmer und Mitgründer von Impacc, einer gemeinnützigen Organisation, die Entwicklungszusammenarbeit neu gestalten will. Damit will Wahnbaeck eine Lücke schließen: “Es gibt NGOs, die Projekte finanzieren und Unternehmen, die auf möglichst viel Profit aus sind. Aber in der Mitte fehlt es an Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen, die nachhaltig, umweltfreundlich und sozial verantwortungsvoll wachsen wollen.” Und das vor allem in Afrika. Deshalb machte sich Wahnbaeck auf, eine Mischform zu gründen: “Wir verfolgen die Ziele einer Hilfsorganisation, mit den Werkzeugen einer Venture Capital Bude”, sagt Wahnbaeck. 

Mit einem mittlerweile 12-köpfigen Team aus Angestellten und Pro Bono Mitarbeiter*innen legt er wert auf “Investitionen für die Gemeinnützigkeit”, so Wahnbaeck. “Wir investieren nachhaltig in soziale Unternehmen, die Jobs schaffen.” Das bekämpfe nicht nur Armut, sondern verändere auch das Narrativ vom afrikanischen Kontinent. “Wir geben ihnen nicht bedingungslos Geld und erwarten dann Dankbarkeit, sondern bieten einen Deal auf Augenhöhe an.”

Das konkrete Konzept von Impacc geht so: Jahr für Jahr bewerben sich in Afrika tätige Start-ups bei ihnen. Impacc prüft, ob die Ideen lokal funktionieren können, skalierbar und klimafreundlich sind und bietet einer Auswahl an Unternehmen eine Finanzierung an. “Das ist etwas anderes, als einer Firma ein Projektbudget zu geben. Wir sagen: ‘Lasst uns Geschäftspartner werden’. Wir kaufen uns dann ein und sitzen auch im Aufsichtsrat”, sagt Wahnbaeck. Sobald die Unternehmen erfolgreich sind, steigt Impacc wieder aus – normalerweise nach zehn Jahren. Das Geld fließe dann in die nächsten Start-ups. 

Auch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) glauben an die Idee und unterstützen Impacc als gemeinnützige Organisation finanziell.

Nachhaltigkeit ist ein Schwerpunkt

Rund 300 Bewerbungen haben sie im vergangenen Jahr bekommen und neun Start-ups wurden bisher mit insgesamt etwas mehr als einer halben Million Euro unterstützt. Darunter eine Firma, die kompostierbare Damenbinden in Uganda fertigt, ein Start-up das Bio-Toiletten, die Fäkalien in Dünger umwandeln, in Ghana herstellt – oder auch eine Textilrecycling-Firma in Kenia. 

Letzteres Unternehmen ist ACT, kurz für: Africa Collect Textiles. Der Niederländer Elmar Stroomer hat ACT vor rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Kenianer Alex Musembi gegründet, um dem Textilmüllproblem in Afrika etwas entgegenzusetzen.

Denn Länder wie Kenia, Ghana oder Tunesien werden seit Jahren von Second-Hand-Kleidung überschwemmt – und es werden immer mehr. Hunderte Tonnen landen täglich allein in Ghana. Die Folge: Lokale Bekleidungshersteller verschwinden, Städte verschmutzen und Flüsse verstopfen durch die Müllberge. Denn der Großteil der Kleidung wird nicht getragen – zu warm, zu kurz oder einfach unbrauchbar ist die Kleidung, die dort landet. Hinzukommen die Berge an Altkleidern, die in den Ländern selber entsorgt werden.

ACT recycelt und upcycelt alte Textilien. “Upcycling ist bei uns teuer, aber in Kenia ist es bezahlbar – und schafft Jobs”, sagt Stroomer. Aus Jeansstoffen werden Stofftiere oder Teppiche gemacht, aus Baumwolle etwa Putzlappen, aus Mischgewebe Füllstoffe für Kissen und aus alten Uniformen Rucksäcke. “Unsere Rucksäcke haben eine Geschichte – ich wünsche mir, dass es bald nicht mehr die Ausnahme ist, einen recycelten Rucksack zu haben, sondern es zum Mainstream wird”, sagt Stroomer.

Bisher verkaufen sie ihre Produkte in ihren beiden Produktionsländern Kenia und Nigeria, einige Produkte wie etwa Teppiche aus alten Jeans gibt es auch in den Niederlanden, Deutschland, England und in der Schweiz zu kaufen. Rucksäcke sollen ab Herbst diesen Jahres auch in Europa verkauft werden. 

“Es ist wichtig, dass wir so auch für einen Geldfluss nach Afrika sorgen. Denn eines der vielen Probleme, die der Second-Hand-Kleidungssektor mit sich bringt, ist, dass viel Geld von Afrika nach Europa fließt und die Textilabfälle in die andere Richtung wandern.” Durch das Upcycling von Textilabfällen und den Rückverkauf nach Europa werden nach und nach neue Einnahmequellen geschaffen, die dazu beitragen, weitere Arbeitsplätze zu schaffen und so Menschen einen Weg aus der Armut zu ermöglichen.

Impact

Armut beenden

“Lasst uns Geschäftspartner werden” – eine neue Form der Entwicklungszusammenarbeit

Ein Beitrag von Jana Sepehr