Benjamin Ferencz, 101 Jahre alt, ist der letzte noch lebende Chefankläger der Nürnberger Prozesse. Noch heute setzt er sich fürs Völkerrecht ein. “Ich kann nicht aufgeben, weil ich weiß, dass ich Recht habe. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch machen kann. Aber solange ich kann, werde ich das machen”, sagt Ferencz.

Die Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg und später im Nachkriegsdeutschland prägten den Harvard-Absolventen. Bevor er in einem der größten Mordprozesse 24 Männer der "SS-Einsatzgruppen" stellvertretend für deren insgesamt rund 3.000 Mitglieder anklagte, war er selbst als amerikanischer Soldat im Einsatz.

Der Sohn jüdischer Eltern, der in den transsilvanischen Karpaten, im damaligen Ungarn und heutigen Rumänien geboren wurde, wuchs in Armut in New York auf. Heute sagt er über seine Zeit im Nachkriegsdeutschland: “Was mir bei meiner Arbeit in Deutschland am meisten wehgetan hat, ist, dass nie jemand zu mir kam und gesagt hat: ‘Hey Ben, du bist Jude. Was wir getan haben, tut mir leid.’ Niemand. Nicht eine Person.”

Keine Rache, sondern Gerechtigkeit

Trotzdem will Ferencz keine Rache nehmen. “Ich weiß, dass nicht alle Deutschen böse sind. Im Gegenteil. Der Krieg kann Menschen böse werden lassen.” Was Ferencz will, ist eine Welt voller Gerechtigkeit und ohne Krieg. “Ich habe mich mein ganzes Leben – und es war ein langes – damit beschäftigt, den Krieg auf der Welt zu beenden.

"Ich arbeite die ganze Zeit ununterbrochen. Es ist ein Trauma. Ich kann nicht damit aufhören.” Während er das sagt, deutet Ferencz auf seinen Schreibtisch in seinem Haus in Florida. Er ist übersät mit Papierstapeln und Büchern, die nur darauf warten, von ihm bearbeitet und gelesen zu werden.

An junge Menschen hat Benjamin Ferencz zwei einfache und doch eindrückliche Ratschläge: “Law not war” und “Nie aufgeben, nie aufgeben und nie aufgeben!”

Leben und Wirken von Benjamin Ferencz 

Beim diesjährigen Human Rights Film Festival Berlin zeigen wir drei eindringliche und bewegende Filme, die das Leben und das Werk des stets leidenschaftlichen Anwalts für Völkerrecht porträtieren.

Die Dokumentation "Night Will Fall" rekonstruiert die Geschichte der Entstehung eines Hitchcock-Films. 1945 erteilt die britische Regierung den beteiligten Soldaten, die Befreiung der ersten Konzentrationslager festzuhalten. Alfred Hitchcock solle daraus später einen Lehrfilm machen, doch das Projekt blieb aus politischen Gründen unvollendet. Nachdem das Filmmaterial jahrzehntelang als verschollen galt, tauchte es 2014 wieder auf und konnte von Wissenschaftler*innen zu einer beeindruckenden Dokumentation zusammengesetzt werden.

Regisseur André Singer holt für "Night Will Fall" zudem Soldaten, Kameraleute und Überlebende der Lager vor die Kamera und lässt sie erzählen – einer von ihnen ist der ehemalige Soldat der US-Armee Benjamin Ferencz.

Von den Nürnberger Prozessen nach Den Haag

Sein Leben vom Chefankläger der Nürnberger Prozess zum Gründungsmitglied des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag rund 50 Jahre später zeichnet die Filmemacherin Ullabritt Horn in ihrem Werk “A Man Can Make a Difference” nach. 

Das Werk zeigt eindrücklich, wie die NS-Zeit für Ferencz zur treibenden Kraft im unermüdlichen Kampf gegen Kriegsverbrechen auf der ganzen Welt wurde. Auch noch mit 101 Jahren erinnert sich Ben Ferencz an die Worte, mit denen er sein Plädoyer begann: “Diese Männer waren die grausamen Ausführer des Terrors im dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Menschheit. Das Leben war für sie ein Spielzeug und der Tod war ihr Werkzeug. Wenn diese Menschen davonkommen, dann hat das Gesetz seine Bedeutung verloren.”

Der Film “Watchers Of The Sky” geht dem Leben von Raphael Lemkin nach. Dem Mann, der das Wort "Völkermord" schuf und fest daran glaubte, dass das Gesetz die Welt vor Gräueltaten schützen könne. 

Er erzählt aber auch das Leben von vier weiteren Menschen, die dafür kämpfen, dass Genozide künftig verhindert werden. Die Zuschauer*innen werden unter anderem auf den Lebensweg von Benjamin Ferencz von Nürnberg nach Den Haag mitgenommen. 

Ein Weg hin zu einer Welt ohne Krieg, oder wie Benjamin Ferencz im Interview mit der Welthungerhilfe sagt: “Wir können das System nicht ändern, wenn sich nicht alle von uns ändern und wir alle verstehen, dass wir Mitglieder einer großen menschlichen Familie sind – und uns gegenseitig auch so behandeln.”

Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation von Global Citizen mit dem Human Rights Film Festival Berlin (HRFFB). Zwischen dem 16.-25. September 2021 werden im Rahmen des Films Festivals 40 Dokumentarfilme gezeigt – online als Stream in Berliner Kinos sowie den Atelier Gardens @BUFA. Hier finden zudem eine Kunstausstellung sowie das Human Rights Forum statt. Bei den Filmen geht es um den Kampf für Meinungsfreiheit, den Klimawandel oder Frauenrechte. Es sind die Geschichten von mutigen Menschen, von ihren Ängsten, Freuden und Hoffnungen. Bei Global Citizen verlosen wir insgesamt 25 Tickets. Online- und Kino-Tickets kannst du auch auf der Seite des HRFFB kaufen. 

Global Citizen Life

Gerechtigkeit fordern

Benjamin Ferencz: Ein ganzes Leben für den Frieden und die Menschlichkeit

Ein Beitrag von Helena Düll  und  Jana Sepehr