Diese App vermittelt Kindern in Pakistan Wissen – und jede Menge Spaß am Lernen

Autor*innen: Leah Rodriguez und Pia Gralki

Saiyna Bashir for Global Citizen
Warum das wichtig ist:
Alle Kinder weltweit haben ein Recht auf Bildung – doch Armut, Konflikte und schlechte Infrastruktur halten sie vielerorts davon ab, die Schule zu besuchen. Der Gründer Haroon Yasin hat eine Lern-App entwickelt, um mehr Kindern einen Zugang zu Bildung zu verschaffen – und zwar auf spielerische Weise. Du kannst hier mit uns aktiv werden.

Du möchtest mehr über Haroon Yasin und seine Organisation Orenda erfahren? In unserem Podcast Powering the Movement erzählt der junge Gründer aus Pakistan mehr über seine eigene Geschichte, Motivation und Ziele für die Zukunft. Hier findest du seine Folge zum Nachhören – oder überall dort, wo du sonst deine Podcasts entdeckst.


Als Haroon Yasin sich auf sein Studium an der Waterloo University in Ontario, Kalifornien, vorbereitete, wurde ihm mit einem Mal bewusst, dass er mit seinem Umzug viele Freunde in Pakistan zurücklassen würde.

Yasin ist in der Hauptstadt Pakistans Islamabad aufgewachsen und hat oft auf der Straße mit anderen Kindern aus den umliegenden Slums gespielt. Für sie gab es keine Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Viele von ihnen hatten daher keine andere Wahl, als schlecht bezahlten Jobs nachzugehen – ohne Aussicht, dem Armutskreislauf zu entkommen.

Haroon Yasin, co-founder and CEO of Orenda, an educational tech company that creates content for children, poses for a portrait at their office in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Image: Saiyna Bashir for Global Citizen

Nachdem Yasin sein Studium in den USA abgebrochen hatte, kehrte er nach Islamabad zurück. Hier begegnete er Kindern, die Müll aus Abfalleimern fischten, um sich etwas dazuzuverdienen. Das war der Moment, in dem Yasin klar wurde, dass er etwas verändern musste. Seitdem widmet er sein Leben der Überzeugung, dass jedes Kind eine hochwertige Bildung verdient – unabhängig davon, ob “es in eine benachteiligte Familie“ hineingeboren wurde.

Eine App, die 120.000 Kinder unterrichtet

Bereits als 18-Jähriger eröffnete und leitete Yasin Schulen in den ärmlichen Vierteln, wo er arme und obdachlose Kinder unterrichtete. Nachdem er sein Studium an der Georgetown University in Katar erfolgreich abgeschlossen hatte, gründete er 2015 die Organisation Orenda.

“Die Gesellschaftsschicht, in die du hineingeboren wurdest, entscheidet darüber, ob du zur Schule gehen kannst. Und die Schule, auf die du gehst, entscheidet wiederum darüber, in welcher Schicht du für den Rest deines Lebens bleiben wirst“, erzählt er Global Citizen.

Yasins Organisation Orenda möchte abgelegenen und benachteiligten Gemeinden Zugang zu innovativen Lernmöglichkeiten verschaffen. Dafür hat die Organisation die App Taleemabad entwickelt, die Kinder über einen spielerischen Ansatz und mit einem individuellen Lehrplan mit Wissen versorgt.

Children watch videos on the Taleembabad app at the Saya School in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Image: Saiyna Bashir for Global Citizen

Denn Yasin ist davon überzeugt, dass Kinder Spaß beim Lernen haben sollten. Deshalb setzt Orenda den vorgesehenen Lernstoff in animierte, digitale Formate um. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass Schüler*innen zunächst in der App ein Video anschauen, um im Anschluss in einem Spiel auf ihr Wissen getestet zu werden.

“Stell dir vor, du hast in der Schule eine*n bestimmte*n Lehrer*in und freust dich jeden Tag darauf, diese*n Lehrer*in zu sehen – das ist genau die Rolle, die Teleemabad für über 120.000 Kinder in Pakistan übernimmt“, sagt Yasin.

44 Prozent der Kinder in Pakistan brechen die Grundschule ab

2018 haben 22,5 Millionen Kinder in Pakistan keine Schule besucht. Damit hat das Land die zweithöchste Rate der Welt an Kindern, die keinen Zugang zu Bildung haben – die meisten von ihnen sind Mädchen.

Auch der Anteil von Schulabgänger*innen ist in Pakistan besonders hoch. Das nationale Bildungsministerium berichtet, dass rund 44 Prozent aller Schüler*innen die Grundschule und 40 Prozent die weiterführende Schule abbrechen. Die Hauptgründe dafür seien zum einen Geldmangel oder mangelnde Schulen – oft allerdings auch fehlendes Interesse am Lernen. Selbst Kinder, die eine öffentliche Schule besucht haben, können in der fünften Klasse oftmals noch immer nicht richtig lesen, sagt Yasin.

Haroon Yasin roams the streets of Bheka Saiyidaan, a slum where he built his first school, in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Image: Saiyna Bashir for Global Citizen

Zudem leben in Pakistan schätzungsweise 1,5 Millionen Kinder ohne Dach über dem Kopf. Aus einer Studie des Ministeriums für Menschenrechte in Pakistan ging hervor, dass 70 Prozent der befragten Kinder in Slums keine Schule besuchen.

“Ich habe einen Großteil der letzten acht Jahre damit verbracht, durch Slums und Dörfer in ganz Pakistan zu reisen. Dabei habe ich gespürt, dass sich etwas ändern muss, wenn wir eine Generation zukünftiger Führungskräfte aufbauen wollen“, sagt Yasin.

Weniger Schulabbrüche, mehr Lernerfolg

Einige der staatlichen Schulen mit den schlechtesten Lernraten testen die App Taleemabad zur Zeit und sehen die ersten positiven Ergebnisse.

Saiyna Bashir für Global Citizen

Saiyna Bashir für Global Citizen
Haroon Yasin teaches lessons to children from the Taleemabad app at the Saya School in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Saiyna Bashir for Global Citizen

Saiyna Bashir für Global Citizen

Saiyna Bashir für Global Citizen
Children watch videos on the Taleembabad app created by Orenda, at the Saya School in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Saiyna Bashir for Global Citizen

Saiyna Bashir für Global Citizen

Saiyna Bashir für Global Citizen
Haroon Yasin helps a student with the Taleemabad app at the Saya School in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Saiyna Bashir for Global Citizen

So konnte die App die Rate von Schulabbrüchen an einigen Institutionen bereits um 70 Prozent reduzieren, sagt Yasin. Kinder, die mit der Nutzung der App beginnen, würden innerhalb von zwei Wochen bereits eine Lernerfolgssteigerung von bis zu 50 Prozent zeigen.

Aber auch Kinder, die die App außerhalb der Schule nutzen, zeigten Verbesserungen, so Yasin.

Haroon Yasin plays with students at the Saya School in Islamabad, Pakistan on Nov. 14, 2019.
Image: Saiyna Bashir for Global Citizen

In den kommenden Jahren könnte Orenda es schaffen, eine Million Kinder in mehreren Ländern erreichen. “Ich möchte, dass jedes benachteiligte Kind die Chance auf eine hochwertige Bildung in nächster Reichweite hat, unabhängig davon, ob es dafür bezahlen kann“, sagt Yasin. “Unabhängig davon, wo es geboren ist, welcher Religion es angehört und aus welcher sozialen Schicht es kommt.“


Für sein Engagement wurde Yasin vergangenes Jahr für den Global Citizen Prize nominiert. Mehr über seine Geschichte erfährst du in unserer Podcast-Folge Powering The Movement.

Neben Haroon Yasin haben wir für unseren Podcast Powering the Movement weitere inspirierende Aktivist*innen getroffen, die mit ihrer Arbeit einen außergewöhnlichen Beitrag für eine Welt ohne Armut leisten. In fünf Folgen erzählen sie uns ihre Geschichten – und wie jede*r einzelne von uns aktiv und Teil der Global Citizen Bewegung werden kann.