Okay, um direkt zu Anfang alle Ungewissheiten zu klären: nein, ich hab nicht mit in der G7-Runde am Tisch gesessen. Und nein, ich bin auch nicht mit Obama, Merkel, Renzi oder Juncker durch die Alpen spaziert. Aber ich war -mehr oder weniger- so nah dran, wie ein Normalsterblicher nun mal dran sein kann. Und glaubt mir, ich hatte ja keine Vorstellung!

So ging's los
Den ganzen Samstag-Vormittag über trudelten die Staats- und Regierungschefs der sieben teilnehmenden Nationen am Münchener Flughafen ein (noch mal zur Erinnerung: die sieben Nationen sind Deutschland, England, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und die USA). Und ich muss zugeben, so ein klein wenig war es doch ziemlich öde. Denn: sie kamen, sie winkten, sie verschwanden in Limousinen. Umso beeindruckender allerdings: auf dem Rollfeld bei heißen Temperaturen stand neben gefühlt 100 Menschen in Trachten eine komplette Blaskapelle. Ebenfalls in Tracht. Dirndl und Lederhosen waren generell ein großes Thema (dazu gleich mehr).

Also, alle kamen, alle verschwanden. Außer Barack Obama - der landete so früh, dass für ihn und Merkel noch ein wenig Zeit für einen kurzen Besuch im beschaulichen Krün blieb (Krün liegt ca. 15 min Autofahrt von Schloss Elmau entfernt). Obama hielt in Krün eine kurze Ansprache, in der er sich brav für die Einladung nach Deutschland bedankte, die langjährige Freundschaft zwischen den USA und Deutschland lobte, danach viele bayerische Hände (in Trachten) schüttelte und dann zusammen mit Merkel auf ein (alkoholfreies) Bier und Brezn im Biergarten Platz nahm. Und auch hier wieder: waschechte Blasmusiker im Hintergrund. Was will man mehr? Rhetorische Frage, denn die Antwort aus meiner Sicht lautet an dieser Stelle eindeutig: ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Menschen in Lederhosen und Nicht-Lederhosen. Denn Menschen in Tracht (ja, ich spreche auch von Dirndl) waren gefühlt ÜBERALL. Und derart in der Überzahl, dass man zwischenzeitlich nicht umher kam, die Titelmelodie von Heidi summen zu wollen.

Ich meine, es ist ja nicht so, als ob der Rest der Welt uns nicht eh schon mit Bier und Trachtenmode in Verbindung bringt. Merkels G7-Organisationsteam scheint aber ganz offensichtlich keine Hemmungen gekannt zu haben, dieses Stereotyp mal in voller Breite zu bedienen.

Der Nachmittag
Ab Mittags ging's dann mit dem 'richtigen' Programm los. Heißt: alle man auf nach Schloss Elmau. Das für die zwei G7-Tage übrigens ganz stilecht nur mit Helikopter und Golf-Car erreicht werden kann. Ja, richtig gehört. Golf-Car. In denen wurden alle Regierungschefs einer nach dem anderen die pittoreske Alpenstraße zum Schloss hochgefahren. Oh, sagte ich alle? Englands Premierminister David Cameron kam in einem richtigen Wagen (vielleicht allergisch gegen Alpengras?)
Und dann ging's ruck zuck: Merkel und ihr Mann Joachim Sauer sagen allen fix Hallo und dann findet Merkel sich mit ihren sechs Gästen, sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, auch schon in einem nett gestalteten Raum im Schloss ein. In der Mitte des Raumes steht tatsächlich ein runder Tisch, alle setzen sich und nach sehr wenigen Minuten (noch bevor überhaupt einer was groß gesagt hat) werden alle Journalisten rausgeschmissen - denn alle Arbeitssitzungen (ja, mit dem Wort 'Arbeit' davor klingt es einfach schicker) finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die angekündigten Themen der ersten Arbeitssitzung waren die allgemeine Weltwirtschaft und das Weltwirtschaftswachstum. Und dann wollte man über gemeinsame Werte sprechen - heißt, mal die Gelegenheiten nutzen die Runde zu fragen, was mit Russland gemacht werden soll, nachdem es sich letztes Jahr unverhältnismäßig in die Ukraine eingemischt hat (am Ende des Tages wird Merkel sagen, dass sich alle darüber einig sind, dass Russland weiterhin ausgeschlossen ist, bis «die Voraussetzungen, unter denen [die Sanktionen] mal eingeführt wurden, nicht mehr da sind und die Probleme gelöst sind.»)

Kurze Kaffeepause (okay, ich war nicht dabei, aber ich geh stark davon aus) und dann startete um 15 Uhr auch schon die zweite (ebenfalls private) Arbeitssitzung, in der das Thema Handel und Standards diskutiert werden sollte.

In der Zwischenzeit trafen auf dem Münchener Flughafen weitere hochrangige Staatsgäste (laut Protokoll 'Outreach-Gäste' genannt) ein, deren offizielles Zusammentreffen mit den G7-Regierungschefs allerdings erst am Montag stattfindet (und ich muss an dieser Stelle nicht mehr erwähnen, dass alle Outreach-Gäste ebenfalls von Blasmusikern und Trachtenträgern empfangen wurden, oder?).

Bei den 'Outreach-Gästen' handelt es sich um die Staatsoberhäupter der Länder Äthiopien, Nigeria, Senegal, Südafrika, Tunesien, Irak und Liberia. Jawohl, ihr habt richtig gehört: Liberias Staatsoberhaupt ist auch da: Ellen Johnson Sirleaf.
DIE Ellen Johnson Sirleaf, die erst gestern noch auf unserem großartigen 'Zusammen gegen Armut' Event in München auf unserer Bühne Stand und eine inspirierende Rede für ein Ende extremer Armut gehalten hat (wer das Event verpasst hat: hier ist der Live-Blog zum nachlesen).

Montag ist also der für uns Global Citizens super spannende Tag, denn Montag geht es um Entwicklungspolitik! Und dies ist der Moment, für den wir Global Citizens uns schon seit Wochen Stark machen und für den wir uns so intensiv eingesetzt haben! Montag wird sich zeigen, ob unsere vielen Aufrufe ihren Weg in die Köpfe der Staats- und Regierungschefs gefunden haben, so dass in den Diskussionen um Frauenrechte, Gesundheit und Afrika vor allem der Fokus auf ein Ende extremer Armut in den Mittelpunkt rückt! Wir, und ich weiß ihr auch, sind enorm gespannt!

So, und um den Sonntag noch schnell abzuschließen:
nach getaner Arbeit (zwei Sitzungen....zwei! Also ich kommentier das jetzt mal nicht) Also, nach getaner Arbeit ging's dann weiter zum Abendessen - oh, pardon: ARBEITSessen um 20Uhr, bei dem dann Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik diskutiert wurden. Und nein, bevor jetzt wieder die wildesten Ideen über das Wort ArbeitsESSEN ausgepackt werden: ich bin davon überzeugt, dass Fragen zur nationalen Sicherheit nicht mit vollem Mund zwischen Vor- und Hauptspeise diskutiert wurden. Leider gibt es keine Beweisfotos, denn auch dieses Essen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Vielleicht fragen wir mal die Blasmusiker, die waren mit Sicherheit dabei.

Editorial

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Ein Beitrag von Aileen Elsner