Die Kamera schwenkt über das Feuer und den schwarzen Rauch. Dann auf einen Mann in Unterhemd, der einen Feuerball mit einem Stock in die Luft wirbelt. Der Schweiß rinnt über seine muskulösen Schultern, seine dunkle Haut glänzt.

„Das Feuer ist ein Monster“, sagt er. „Es kann dich krank machen. Aber für mich ist es etwas Gutes. Feuer erschafft immer etwas.“

Genau deshalb arbeitet er hier, auf einem Schrottplatz mitten in Ghanas Hauptstadt Accra. Rund 6.000 Männer, Frauen und Kinder leben und arbeiten auf einer der größten Elektroschrotthalden in Afrika, auf der täglich Dutzende Schubkarren, Lastwagen und Fahrräder beladen mit Schrott ankommen. Die Bewohner nennen diesen Ort Sodom.

„Welcome to Sodom“ heißt deshalb auch der Dokumentarfilm der beiden österreichischen Filmemacher Florian Weigensamer und Christian Krönes. Mit der Kamera begleiteten sie mehr als zwei Monate das wilde Treiben. Die Protagonisten in dem Film erzählen von ihrem Leben auf dem Schrottplatz. Ein schwuler Arzt aus Gambia, der verfolgt und vertrieben wurde. Ein kleines Mädchen, das so tut, als wäre es ein Junge, damit es auf dem Schrottplatz die lukrativeren Jobs machen darf. Ein junger Mann, der nach der Arbeit in einem improvisierten Tonstudio Musik aufnimmt und Songtexte schreibt und darauf hofft, eines Tages groß rauszukommen.

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Der Film zeigt die Strukturen an einem Ort, der auf den ersten Blick so wirkt, als gäbe es hier keine Regeln, nur Chaos. Doch in Wirklichkeit gibt es klare Hierarchien, wie an jedem anderen Arbeitsplatz. Es gibt die Männer, die das Feuer kontrollieren. Die Frauen, die Wasser verkaufen und andere das Essen. Es gibt die jüngeren Kinder, die die kleinen Metallteile aus dem Boden sieben und die älteren, die schon mit Hammer und Meißel Metall aus den Elektrogeräten klopfen.

Es gibt ein Fitnessstudio, mit Hanteln aus alten Metallstangen, und einen Fußballplatz, einen Friseur und einige kleine Shops.

Über den Boden wehen Plastiktüten und Müllsäcke wie buntes Laub. Ziegen und Kühe liegen herum. Hinter ihnen wird eine neue Ladung Müll ausgekippt. Etwas weiter liegen alte Monitore.

Dieser Ort in Accras Stadtteil Agbogbloshie zählt zu den am meisten vergifteten der Welt. Der Schrott hier kommt aus der ganzen Welt, vor allem aus Amerika und Europa. Allein in Deutschland fallen jedes Jahr rund zwei Millionen Tonnen Elektroschrott an – nicht mal die Hälfte wird auf Recyclinghöfe gebracht. Viele ausrangierte Monitore, Laptops und Fernseher werden in Containern verstaut und auf die Reise übers Meer geschickt.

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Immer mehr Handys, Laptops, Fernseher, bedeuten auch immer mehr alte Geräte, die irgendwo recycelt werden müssen, damit die Wertstoffe wieder in den Kreislauf gelangen.

Es ist ein Kreislauf, dessen Sonnenseite in den westlichen Länder liegt. Hier werden die Geräte gekauft und benutzt – bis sie nicht mehr funktionieren, bis es neue Modelle gibt und die alten nicht mehr mithalten können. Dann werden viele Geräte verschifft, in Afrika auseinandergenommen, bis die Wertstoffe wieder in neuen Geräten landen – und diese dann vor allem in Europa und den USA.

Der Film zeigt die andere Seite: Den trostlosen Ort mit all den Menschen, die Tag für Tag darauf hoffen, hier morgen das Geschäft ihres Lebens zu machen.

„Sodom ist ein harter Ort”, sagt einer der Protagonisten. „Du musst stark sein wie ein Löwe.”

Genre: Dokumentarfilm • Regie: Florian Weigensamer, Christian Krönes •Dauer: 92 Minuten • FSK: ab 6 Jahren • Sprache: Als OmU Fassung und mit deutschem Voiceover • Kinostart: 02. August 2018

Editorial

Umwelt schĂĽtzen

Filmtipp: „Welcome to Sodom“ – der vergiftetste Ort der Welt

Ein Beitrag von Jana Sepehr