Einer meiner Versuche, ein besserer Mensch zu sein, begann mit der Idee, ab sofort vegan zu essen. Mutige Entscheidung, finde ich. Denn Menschen, die mich kennen, wissen: Es gibt zwei Dinge die ich liebe – Essen und Reisen. Also war es keine ganz einfache Challenge. Ich wollte nicht fasten, sondern nur vegan essen. Schon klar. Trotzdem fühlte es sich anfangs nach üblem Verzicht an.

Ich einigte mich mit mir selbst auf einen Monat**. Das ist ein guter Zeitraum, um es mal auszuprobieren, dachte ich mir.

Ich startete an einem Montagmorgen (irgendwie ist das psychologisch immer sehr sinnvoll, Rituale und Gewohnheiten an einem Montag zu durchbrechen) und ich verbreitete diese frohe Botschaft im großen Stil. Ich erzählte Freunden, Arbeits*kolleginnen, Papa, Mama, Schwester, Cous*innen, Onkel und Tante davon. Nicht, um damit anzugeben. Sondern aus reinem Selbstschutz, nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

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Denn je mehr Menschen ich um mich herum habe, die mich aufhalten können, sollte ich aus Versehen in ein Stück Käse beißen, desto besser.

Und mit aus Versehen meine ich wirklich: Aus Versehen. Und wie sich schnell zeigte, war diese Eingebung richtig und wichtig. Einmal bekam ich gerade noch die Kurve, als eine liebe Kollegin mich mit Schokobons aufheitern wollte. Und einmal ging es trotzdem in die Hose.

Es passierte am Dienstag in Woche drei. Ich stand am Londoner Flughafen. 7:30 Uhr morgens, was für mich schon früh ist, aber ich war zu diesem Zeitpunkt bereits drei Stunden auf den Beinen. Ich war auf der Suche nach Kaffee, den ich ungefähr genauso liebe wie Käse. Mein Hirn sagte nur: Kaffee. Kaffee. Kaffee. Während ich nebenbei versuchte, irgendetwas Veganes in einem Flughafen-Café zu finden. Als mein Blick suchend über mit Käse belegte Baguettes und Buttercroissants schweifte, sagte ich dem Kassierer: Einen Cappuccino bitte. Der kam prompt – inklusive Kuhmilch.

Vor lauter Müdigkeit hatte ich vergessen, dass Kuhmilch ja die “normale Milch” ist. Und was soll ich sagen? Ich trank den Kaffee, aber er schmeckte komisch. Ein bisschen nach Kuhstall.

Viel leichter als gedacht war es auch, guten veganen Kuchen und veganes Brot zu finden. Auch veganes Eis ist ganz okay.

Während diese Umstellungen mir erstaunlich leicht fielen, gibt es auch Produkte, die sich einfach nicht ersetzen lassen. Dazu gehört definitiv Rührei. Fetakäse. Und Cheddar. Und nein: veganer Käse ist kein Käse. Genauso wenig wie Tofu und Seitan “fast wie Fleisch” schmecken. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe Tofu. Aber wir sollten nicht so tun, als schmecke ein Tofu-Würstchen fast wie eine Krakauer.

Mein Fazit nach einem Monat: Ich würde es wieder tun. Ich kaufe nur noch Hafermilch. Ich esse mehr Gemüse. Ich esse weniger Käse und genauso viel Rührei wie vorher.

** Zwei Sternchen für zwei Geständnisse: Erstens: Ich habe während einer einwöchigen Ghanareise pausiert. Vergebt mir! Denn die Alternative wäre für mich wohl gewesen, eine Woche lang Avocados und frittierte Kochbananen zu essen. Und kein Mensch weiß, ob ich (und mein Umfeld) das überlebt hätte(n).

Zweitens: Genau genommen, waren es vier Wochen minus vier Tage, da ich mir an einem Tag in der Woche einen sogenannten “Cheatday” erlaubt habe, den andere vielleicht von Diäten kennen. Ein “Cheatday” ist wie eine rettende Insel, die einen bei Laune hält. An dem Tag darf man essen was man will. (Ich empfehle Samstage. Da kann hat man viel Zeit zum einkaufen und zum essen.)

Opinion

Gerechtigkeit fordern

Wie es ist, einen Monat lang vegan zu essen

Ein Beitrag von Jana Sepehr