Warum das wichtig ist
Kinderehen hindern Mädchen und Frauen daran, zur Schule zu gehen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Im Rahmen der 17 Global Goals haben sich die Vereinten Nationen (UN) vorgenommen, Kinderehen bis 2030 zu beenden. Werde aktiv und setze dich mit Global Citizen dafür ein, dass Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt selbst über ihren Körper und ihr Leben bestimmen können.

Was sind Kinderehen?

Eine Kinderehe ist die Verheiratung eines Kindes unter 18 Jahren. Meist sind Mädchen betroffen, die mit einem älteren Mann verheiratet werden.

Weltweit gibt es mehr als 700 Millionen Frauen, die vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet wurden – ein Drittel von ihnen sogar vor ihrem 15. Geburtstag.

Kinderheirat bedeutet, ein junges Mädchen von seiner Familie und seinen Freunden zu trennen und es einem fremden Mann zu übergeben – als es sie eine Ware.

Was sind die Gefahren für Kinderbräute?

Kinderbräute werden oft gezwungen, die Schule zu verlassen, sie sind eher unterernährt und vermehrt häuslicher Gewalt ausgesetzt. Sie werden schwanger, bevor ihre Körper dazu bereit sind und häufig kommt es während der Schwangerschaft oder Geburt zu Komplikationen. In vielen Fällen erleiden Mädchen Fehlgeburten oder sterben während der Geburt. Außerdem verringert die unzureichende Gesundheitsversorgung die Überlebenschancen der Mädchen und ihrer Babys.

Kinderheirat ist eine schwere Verletzung der Freiheitsrechte von Mädchen. Ihnen wird häufig die Chance auf ein gesundes, sicheres und selbstbestimmtes Leben genommen – egal, ob die Ehe gesetzlich anerkannt ist oder es sich um eine informelle Vereinigung handelt.

Die meisten Länder haben bereits Gesetze gegen Kinderehen erlassen. Solange diese Gesetze aber nicht durchgesetzt und von der Bevölkerung unterstützt werden, bewirken sie wenig.

Wo kommen Kinderehen vor?

Kinderehen kommen auf der ganzen Welt vor. Am weitesten verbreitet sind sie jedoch in Entwicklungsländern, allen voran in Ländern in Subsahara-Afrika und in Südasien.

Laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) lebt fast die Hälfte aller Kinderbräute weltweit in Südasien. Allein in Indien leben mehr als zehn Millionen Mädchen, die vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet wurden. Damit hat Indien die höchste Anzahl an Kinderbräuten der Welt, gefolgt von Bangladesch, Nigeria und Brasilien.

Auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestheiratsalters von 18 Jahren, hat in Bangladesch wenig bewirkt. Noch immer gibt es dort mehr als zwei Millionen Kinderbräute.

Prozentual ist der Anteil an Kinderehen im westafrikanischen Niger am höchsten. Rund 77 Prozent der Frauen im Alter von 20 bis 49 Jahren wurden dort vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet – in der Regel mit mindestens zehn Jahre älteren Männern.

Rund 88 Prozent aller Länder weltweit legten zwar ein gesetzliches Mindestheiratsalter von 18 Jahren fest, erlauben es allerdings weiter, Kinder mit Zustimmung der Eltern zu heiraten, berichtete das World Policy Center.

Warum werden Kinderehen geschlossen?

Armut, traditionelle Glaubensvorstellungen und soziale und geschlechtsspezifische Ungerechtigkeit fördern das Fortbestehen der Kinderehe.

In den meisten Fällen spielt Armut die größte Rolle. Für viele Eltern in den ärmsten Regionen der Welt bedeuten Töchter eine finanzielle Belastung. Viele sehen in der frühen Verheiratung ihrer Töchter die Chance, dank des teilweise hohen Preises, die die Familie des Bräutigams zahlt, Schulden zu begleichen oder der Armut zu entkommen.

Die Wahrscheinlichkeit früh verheiratet zu werden, ist laut aktueller Daten für Mädchen aus den ärmsten 20 Prozent der Familien doppelt so hoch wie für Mädchen aus den reichsten 20 Prozent der Familien, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.  

Ein weiterer Faktor ist die Mitgift. In Ländern, in denen die Mitgift von der Familie der Braut bezahlt wird, entscheiden sich Eltern häufig für eine frühe Heirat ihrer Töchter. Denn für jüngere Bräute muss weniger Mitgift bezahlt werden als für ältere. In manchen Fällen wird die Ehe zweier Kinder gleichzeitig arrangiert, als eine Art “Pauschalangebot”. Im Jemen zum Beispiel heiratete ein 13-jähriges Mädchen einen Mann, der doppelt so alt war, während ihr Bruder dessen Schwester heiratete. Das Mädchen starb vier Tage später an inneren Blutungen, die vermutlich auf sexuelle Handlungen zurückzuführen waren.

Auch Traditionen spielen eine große Rolle. In einigen Ländern, etwa Äthiopien, markiert die Kinderehe den Übergang vom Mädchen zur Frau.

In anderen Ländern müssen Mädchen “jungfräulich” verheiratet werden, da sie sonst ihr Ansehen und das ihrer Familie beschädigen. Denn Mädchen, die keine Jungfrau mehr sind, gelten in vielen Kulturen als “ungeeignet” für die Ehe. Um die Familienehre nicht zu gefährden, verheiraten Eltern ihre Töchter deshalb besonders früh.

Krisen und Kriege verschlimmern die Situation für Mädchen

Die Kinderehe wird besonders in Krisenregionen und Gebieten, die von Naturkatastrophen heimgesucht werden, als legitime Maßnahme betrachtet, um die Sicherheit der Mädchen zu gewährleisten.

Mütter in Syrien befürchten, dass ihre Töchter in den dicht gedrängten Flüchtlingslagern Opfer körperlicher oder sexueller Handlungen und somit “entehrt” werden können. Sie nehmen an, dass Mädchen, die verheiratet sind und unter dem Schutz eines Mannes stehen, weniger wahrscheinlich angegriffen werden. Das führte zu einem Anstieg von Kinderehen in Syrien.

"Es war besser für sie zu heiraten, obwohl sie noch ein Kind war, als von einem Soldaten vergewaltigt zu werden", erklärte eine Mutter.

Laut UNICEF ist die Zahl neuer Kinderehen in den vergangenen zehn Jahren zwar deutlich zurückgegangen. Doch noch immer wird weltweit jedes vierte Mädchen als Kind verheiratet.

Die Global Goals der Vereinten Nationen fordern bis 2030 ein Ende von Kinderehen. Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedete 2017 eine Resolution gegen die Kinderehe.

Burkina Faso, Nepal und Ägypten entwickelten nationale Strategien und Maßnahmen, um internationale Bemühungen gegen die Kinderehe zu unterstützen.

Guatemala und Tschad erhöhten das Mindestheiratsalter für Mädchen von 16 auf 18 Jahre. In Tansania werden Männer, die Mädchen im schulpflichtigen Alter heiraten oder schwängern, mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft.

In Gambia werden nicht nur die Männer, die ein Kind heiraten mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestraft, sondern auch die Eltern des Mädchens. Bekannte, die über die Heiratspläne informiert sind, sie aber nicht den Behörden melden, können mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden.

Trotz der vielen Fortschritte werden weiterhin zwölf Millionen Mädchen im Jahr vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet.

Wir müssen traditionelle Glaubensvorstellungen und soziale Normen infrage stellen, die an der Idee festhalten, dass Mädchen weniger Wert sind als Jungen. Wir müssen Mädchen die Möglichkeit geben, über ihre eigene Zukunft bestimmen zu können.

Und wir müssen der Diskriminierung von Mädchen ein Ende setzen, damit sie zu selbstbestimmten Frauen heranwachsen können.

Global Citizen Explains

Gerechtigkeit fordern

Alles was du über Kinderehen wissen musst

Ein Beitrag von Daniele Selby  und  Carmen Singer