Die Knappheit von Blutkonserven ist ein weltweit verbreitetes Problem, das Dank einiger Wissenschaftlern der University of British Columbia (UBC) bald gelöst werden könnte. Denn sie fanden eine Möglichkeit, die Blutgruppen verschiedener Blutkonserven in die universell einsetzbare Blutgruppe 0-negativ umzuwandeln, berichtet CBC.

Die Blutgruppe 0-negativ ist die seltenste doch zugleich auch die nützlichste Blutgruppe, da sie als “Universalspender” gilt. Das heißt: Alle Menschen, egal welche Blutgruppe sie haben, können 0-negativ Konserven verarbeiten.Unglücklicherweise können Menschen mit der Blutgruppe 0-negativ wiederum nur Spenden ihrer eigenen Blutgruppe erhalten, sodass die Reserven dieser Gruppe meist knapp sind.

Blutgruppen unterscheiden sich durch Zuckermoleküle

Doch wie worin unterscheiden sich die Blutgruppen eigentlich? Entscheidend ist die Oberfläche der roten Blutkörperchen. Die Blutgruppen A, B, und AB haben unterschiedliche  Zuckermoleküle und Proteine auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen. Da sich das Immunsystem jedes Menschen an die Merkmale der eigenen Blutgruppe gewöhnt, kann es bei der Verabreichung einer fremden Blutgruppe zu einer abwehrenden Immunreaktion kommen.

Der Blutgruppe 0-negativ fehlen Zuckermoleküle allerdings vollständig, sodass sie für das Immunsystem aller Menschen sozusagen unsichtbar ist. Das bedeutet, die Blutgruppe 0-negativ kann jedem Menschen verabreicht werden. Um Blutkonserven für alle Menschen verträglich zu machen, suchen Wissenschaftler seit den 80er Jahren nach Möglichkeiten, Blutkonserven in die Blutgruppe 0-negativ umzuwandeln. Das machen sie, indem sie die Zuckermoleküle von der Oberfläche der roten Blutkörperchen entfernen.

Glücklicher Fund im menschlichen Darm

Die Forschungsergebnisse, die der Biochemiker Stephen Withers nun der American Chemical Society vorstellte, zeigen, dass dies nun geglückt sei und die Knappheit von Blutkonserven bald der Vergangenheit angehören könnte.

Die Wissenschaftler der UBC suchten nach einem Enzym, das Zuckermoleküle aufspürt und entfernt. Sie nahmen an,  dass es ein natürlich auftretendes Bakterium gäbe, dass solch ein Enzym produzieren würde.

“Es war ziemlich wahrscheinlich, dass es Darmbakterien gibt, die zur Energiegewinnung Zucker spalten können. Die natürliche mikrobielle Flora des Menschen war also ein guter Ort, um nach den Bakterien zu suchen”, erklärte Withers.

Das Team untersuchte 20.000 DNS-Proben und wurde schließlich im menschlichen Darm fündig. Wie erwartet, wurden mehrere Bakterien identifiziert, die zur Spaltung von Zuckermolekül geeignet waren. Eines davon schien deutlich effektiver zu sein, als die anderen.

“Wir haben die Effektivität der einzelnen Bakterien, das heißt die Geschwindigkeit der jeweiligen Spaltungsprozesse, miteinander verglichen und stellten fest, dass das neu entdeckte Bakterium Zuckermoleküle ungefähr 30 Mal schneller abspaltete, als das Bakterium, das bis dahin als am effektivsten angesehen wurde”, sagte Withers.

In Deutschland brauchen 80 Prozent der Menschen mindestens einmal in ihrem Leben eine lebensrettende Blutkonserve, so Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Doch die Spendenbereitschaft geht seit Jahren zurück. So waren nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts im Jahr 2010 noch 4,9 Millionen Spender in Deutschland registriert, 2017 waren es nur noch 3,9 Millionen. Das läge vor allem daran, dass viele Spender aus Altersgründen nicht mehr infrage kommen – und zu wenig junge nachrücken. Hier kannst du dich übers Blutspenden informieren.

Ein deutlicher Fortschritt in der Technik der Metagenomik, erzählt der Biochemiker weiter, hätten die neuen Forschungsergebnisse möglich gemacht. Neue Arbeitsmaterialien und Werkzeuge ermöglichten es den Wissenschaftlern, große Mengen Darmbakterien zu untersuchen, sodass eine breitgefächerte Analyse möglich war.

Wissenschaftlerin spricht von "vielversprechenden Ergebnissen"

Dana Devine, leitende Wissenschaftlerin des Canadian Blood Services, schreibt in einer E-Mail von den vielversprechenden Ergebnissen: “Gespendetes Blut wird wahrscheinlich niemals genau den benötigten Blutgruppen entsprechen. Die Schwierigkeit, dem unverhältnismäßig hohen Bedarf an der Blutgruppe 0-negativ gerecht zu werden, kann mithilfe der neu entdeckte Technologie umgangen werden, indem Blutkonserven anderer Blutgruppen in die Blutgruppe 0-negativ umgewandelt wird.”

Es stehen noch weitere Tests aus, mit denen die Sicherheit aller gewährleistet werden soll. Doch es lässt sich schon jetzt sagen, dass das neu entdeckte Verfahren den Bereich der Blutspende maßgeblich verändern und vielen Menschen das Leben retten könnte.

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Ein Beitrag von Jackie Marchildon  und  Jana Sepehr