Man kann es überall beobachten: In Cafés, Restaurants, Bars, selbst in Supermärkten.  Food-Liebhaber (auch gerne ‘Foodies’ genannt) fotografieren ihre Snacks und Mahlzeiten, um die Bilder dann bei Instagram hochzuladen.

Der US-amerikanische Starkoch, TV-Persönlichkeit und preisgekrönte Autor Alton Brown hat diesen Trend jetzt dafür verantwortlich gemacht, wie Menschen weltweit inzwischen Mahlzeiten und Lebensmittel wahrnehmen und damit umgehen.

„Instagram hat mit Essen das gemacht, was Pornos mit Sex gemacht haben" lautet seine durchaus provokative Aussage, die er vor einigen Wochen auf der Veranstaltung ‘Atlantic Harvest’ verkündete, bei der Forscher, Landwirte, Foodies und Vertreter aus der Tech-Industrie zusammen kamen, um über nachhaltig gestaltete globale Ernährungssystem zu sprechen.

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Browns Vergleich will dabei laut seiner eigenen Aussage gleich mehrere Themen anschneiden.

Zum einen ginge es ihm um die sich verändernde gesellschaftliche Perspektive in Bezug auf Schönheits-Standards. So wie die sozialen Medien zu einer veränderten Wahrnehmung unserer Selbst beigetragen haben, so hätte sich auch unsere Wahrnehmung von Lebensmitteln verändert.

Bilder von unserem Essen auf Instagram zu posten und Filter zu nutzen, um es attraktiver zu machen, hat uns unerreichbare Schönheits-Standards für Essen auferlegt, so Brown - und das trage zu einer massiven Lebensmittelverschwendung bei.

„Wir haben keine Lebensmittelknappheit, wir haben nur Essen, das wir nicht essen wollen, weil wir finden, dass es hässlich aussieht.", so Brown.

Brown nannte Bananen als ein verbreitetes Beispiel dafür, dass Essen verschwendet wird, weil es nicht attraktiv ist. Allein in Großbritannien werden täglich 1,4 Millionen noch essbare Bananen weggeworfen. Auch in den USA zählen Bananen zu den am meisten weggeworfenen Artikeln in Supermärkten.

Aussehen ist jedoch nicht einzige Faktor. Laut einer Studie der Universität Karlstad ist ein weiterer Grund für die Verschwendung der wahrgenommene Reifegrad.

Die meisten von uns wollen lieber Produkte essen, die so aussehen, wie wir sie uns im optimalen Zustand vorstellen. Eine Banane zum Beispiel, die dunkle Stelle hat, kann problemlos gegessen werden. Die meisten Käufer jedoch meiden jede Banane, die bereits kleine, dunkle Flecken auf ihrer Schale hat.

Das gleiche Muster zeigt sich auch für viele frische Produkte, von Paprika über Äpfel bis hin zu Kartoffeln. Und die meisten Lebensmittelhändler wissen um das Kaufverhalten ihrer Kunden und folgen daher solchen Standards für Größe, Form, Farbe und weitere kosmetische Eigenschaften.

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Es gibt inzwischen aber auch Ausnahmen: Einige Einzelhändler arbeiten daran, den Blick ihrer Kunden für ‘Lebensmittel-Attraktivität’ zu verändern und so dazu beizutragen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Unternehmen wie "Imperfect Produce", "Hungry Harvest" oder "Perfectly Imperfect" gehören dazu.

In Berlin gibt es mit zum Beispiel den Laden ‘SirPlus’, in dem nur ‘gerettet’ Lebensmittel angeboten werden, die alle noch genießbar sind.

Unterdessen fordert der Lebensmittelaktivist Jordan Figueiredo, der die Kampagne "Ugly Fruit and Veg" ins Leben gerufen hat, große Lebensmittelhändler wie Whole Foods, Walmart und Target dazu auf, auch ‘unschöne’ Produkte anzubieten, wie die britische Zeitung Guardian berichtet.

Laut Figueiredo werden zwischen 20% und 40% der weltweiten Produkte aussortiert, bevor sie überhaupt in den Laden kommen, nur aufgrund der Auffassung, wie Obst und Gemüse angeblich auszusehen haben.

„Hässliche Produkte sind nicht einmal wirklich hässlich, nur ein bisschen größer oder kleiner als die 'Norm' und manchmal unförmig, aber sehr selten hässlich oder unschön", sagt er auf seiner Website.

„Was hässlich ist, ist die Art und Weise, wie diese verschiedenen Produkte in der ganzen Welt behandelt werden - verschwendet werden, während so viele Menschen Hunger leiden oder sich nicht ausreichend gesunde Produkte leisten können." sagt Figueiredo weiter.

Laut ‘Atlantic Harvest' arbeiteten vor zwei Jahrhunderten 90 Prozent aller Amerikaner als Farmer - heute sind es nur noch zwei Prozent. Die Verlagerung weg von der Agrarindustrie war also massiv,  weshalb Industrieexperten dazu aufrufen, sich jetzt mit dem globalen Ernährungssystem zu beschäftigen, um herauszufinden, welche Veränderungen gemacht werden können, um zu gewährleisten, dass unsere Nahrungsmittelproduktion nachhaltiger wird und bleibt.

Global Citizen Kampagnen machen sich für die Erreichung der UN-Nachhaltigen Entwicklungsziele stark, darunter auch Ziel Nr. 2, Kein Hunger. Auch du kannst dich dafür einsetzen, indem du hier aktiv wirst.

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Ein Beitrag von Imogen Calderwood