Warum das wichtig ist
Impfungen spielen eine wichtige Rolle, wenn wir die Global Goals bis 2030 erreichen wollen. Sie tragen direkt und indirekt dazu bei, extreme Armut zu beenden, globale Gesundheit zu fördern und eine nachhaltigere Welt für alle zu schaffen. Schließ dich uns an und werde hier aktiv, damit diese Ziele Wirklichkeit werden. 

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Impfungen sind seit Langem eine der erfolgreichsten und kostengünstigsten Gesundheitsmaßnahmen. Während der aktuellen Coronapandemie wird deutlicher denn je, wie wichtig die Erforschung und Entwicklung eines Impfstoffs ist. Uns ist dieses Thema in diesen Tagen näher als sonst. Denn normalerweise haben wir, unsere Kinder, Nachbarinnen und Freunde Zugang zu essenziellen Impfstoffen. Anders ergeht es Millionen Menschen in vielen Entwicklungsländern. Weltweit sterben jedes Jahr 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten, die durch Impfungen hätten verhindert werden können. 

Gavi ist eine weltweit agierende Impfallianz, die im Jahr 2000 ins Leben gerufen wurde. Schon jetzt kann Gavi große Erfolge verzeichnen: 760 Millionen Kinder konnten mithilfe von Gavi geimpft und mehr als 13 Millionen Leben gerettet werden. 

Gavis Ziel ist es, allen Kindern gleichberechtigten Zugang zu Impfungen zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Impfallianz auf starke Partner, darunter Nichtregierungsorganisationen, die Privatwirtschaft und Regierungen. Die nächste Wiederauffüllungskonferenz wird im Juni 2020 in London stattfinden. 

Global Citizen hat sich am Rande des World Health Summit im vergangenen Herbst mit Gavis CEO Seth Berkley getroffen, um über die Bedeutsamkeit von Impfungen zu sprechen – und welche Rolle Deutschland spielen kann, um die weltweite Situation zu verbessern. Heute hat das Thema eine für uns brisante Aktualität und vielleicht betrachten wir einige der untenstehenden Antworten noch einmal aus einem anderen Blickwinkel. 

Seth Berkley, die Anzahl an Impfskeptiker*innen nimmt in Deutschland – und anderen Teilen der Welt – zu. Was würden Sie diesen Menschen sagen?

Wir leben in einer Welt, in der Menschen zunehmend nationalistisch denken und weniger multi-nationalistisch. Wir müssen verstehen, dass wir alle miteinander verbunden sind. Krankheiten kennen keine Ländergrenzen, Moskitos kennen keinen Ländergrenzen. Sie sind immer in Bewegung. Und junge Menschen möchten reisen, sie möchte mit der Welt in Kontakt kommen. Das wird zur Gefahr für uns alle, überall, wenn wir Impfungen nicht ernst nehmen.

Was würden Sie Eltern raten, die zögern, ihre Kinder impfen zu lassen?

Kinder spielen überall, auch auf dem Fußboden. Das Immunsystem ist wie ein Muskel – je mehr man es trainiert, desto stärker wird es. Kinder sollen auf dem Boden krabbeln und Dinge essen, das ist ganz natürlich. Unser Immunsystem ist dazu fähig, tausende Erreger abzuwehren. 

Abgesehen davon sind Impfungen die effektivste Krankheitsvorbeugung. Jeden US-Dollar, der in Impfungen investiert wird, bringt einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen von 54 US-Dollar. Das ist im Gesundheitsbereich absolut einmalig. So betrachtet sollten alle in Impfungen investieren – und Eltern über die Relevanz von Impfungen aufgeklärt werden.

Impfskepsis scheint eine der größten Herausforderungen für das Gesundheitssystem in Industrieländern zu sein. Wie ist die Situation in Entwicklungsländern?

Es gibt noch immer Orte, an denen Impfungen nicht verfügbar sind. Aber in den meisten Teilen der Welt sind sie es. Die Herausforderung ist eher, dass nicht alle sie nutzen. Deshalb ist es entscheidend, dass alle die Wichtigkeit von Impfungen verstehen. 

Im allgemeinen sind Vorbehalte gegenüber Impfungen in ärmeren Ländern kein großes Problem, denn hier sehen die Menschen die Krankheiten, sie sehen, wie Menschen an ihnen sterben. Das wurde erst mit der zunehmenden Nutzung sozialer Medien und dem Streuen von Gerüchten über diese zum Problem. Genau das konnten wir beispielsweise in Nigeria und in Indien beobachten. Das ist sehr problematisch. Deshalb müssen wir – und die Gesundheitshelfer*innen – mit den Dorfältesten und religiösen Wortführer*innen sprechen, denn ihnen vertrauen die meisten Gemeindemitglieder. 

Welche Familien und Regionen sind am schwierigsten zu erreichen?

In den vergangenen 20 Jahren haben wir große Fortschritte gemacht. Aber wir haben es nicht geschafft, alle Kinder weltweit zu erreichen. Kinder ohne jeglichen Impfschutz sind sogenannte “zero dose” Kinder und dazu kommen diejenigen, die bisher nicht ausreichend geimpft sind.

Zwei Drittel dieser Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze. Ohne Impfung ist die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden höher und wenn man krank wird, gibt es keine Behandlungsmöglichkeit; wenn eine Epidemie ausbricht, ist meist kein Gesundheitspersonal verfügbar – das macht die Situation zu einem echten Gefahrenherd. Diese Kinder leben oft in den Slums großer Städte, was es schwierig macht, sie und ihre Familien aufzuspüren und mit Impfungen zu versorgen.

Das Gleiche gilt für Migrant*innen und Geflüchtete, Kinder in Kriegsgebieten und einige religiöse Minderheiten. Diese Kinder sind besonders schwer zu erreichen, daher müssen wir sie besonders in den Blick nehmen. 

Einige Länder haben bessere Impfraten als andere. Was sind die Gründe dafür?

Eigentlich sollte man meinen, dass die Impfraten in den Industrieländern im Allgemeinen höher sind als in den Entwicklungsländern. Das ist aber nicht der Fall. Ruanda zum Beispiel hat die höchste Impfrate für die Impfung gegen Humane Papillomviren, die vor Gebärmutterhalskrebs schützt. Dies mag ein Sonderfall sein, aber es zeigt deutlich, was in Entwicklungsländern möglich ist, wenn Politiker Impfungen und Gesundheitsversorgung zur Priorität machen. Im Vergleich ist in Frankreich das Vertrauen in Impfungen weltweit am niedrigsten.

Viele Gesundheitsfragen sind eng mit geschlechtspezifischer Diskriminierung verknüpft. Gilt das auch für Impfungen?

Auf jeden Fall. Manchmal geht es um wirklich praktische Dinge. In einigen Bereichen sind die Kliniken nur tagsüber geöffnet, wenn Mütter arbeiten müssen. Wenn es Nachtkliniken gibt, muss man sich oft um die Sicherheit der Mütter sorgen. Deshalb arbeiten wir daran, dass Frauen sicher und zu passenden Zeiten dorthin gehen können. Die Situation ist von Region zu Region verschieden. Deshalb bestärkt Gavi ihre Partnerländer darin, diesbezüglich mehr Forschung zu betreiben. Wir stellen Mittel für Umfragen, Maßnahmen und Trainings zur Verfügung und testen neue Wege, um geschlechtspezifische Hemmnisse zu verringern und schließlich zu überwinden.

Welche Unterstützung erhoffen Sie sich von Deutschland? 

Unter dem Druck des Ebola-Ausbruchs 2015 in Westafrika hat die deutsche Bundesregierung im Rahmen ihrer G7-Präsident­schaft ihr Engagement für die Impfallianz deutlich verstärkt. 2015 richtete Deutschland die erfolgreiche Gavi-Finanzierungskonferenz aus und Kanzlerin Merkel sagte 600 Millionen Euro unsere Arbeit von 2016 bis 2020 zu. Bis Ende 2018 haben wir unsere Partnerländer dabei unterstützt, 760 Millionen weitere Kinder zu impfen und damit langfristig 13 Millionen leben zu schützen. 

Unser Ziel ist es nun, bis 2025 weitere 300 Millionen Kinder in Entwicklungsländern zu impfen und somit acht Millionen Menschen vor dem Tod zu bewahren. Um diese Pläne umzusetzen, sind mindestens 7,4 Milliarden US-Dollar erforderlich, zusätzlich zu den 2 Milliarden US-Dollar, die uns bereits zur Verfügung stehen, und wir haben unsere Geber dazu aufgerufen, unsere Ziele zu unterstützen. Wir hoffen, dass Deutschland sich weiterhin für Gesundheit weltweit stark macht und sein Engagement für die Impfallianz in der kommende Periode verstärkt. Konkret hoffen wir, dass Deutschland seine Unterstützung auf 700 Millionen Euro erhöhen wird.

Warum sind Impfungen im Zusammenhang mit der Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Global Goals) bis 2030 so wichtig? 

Impfungen spielen eine entscheidende Rolle, um Gesundheit und Wohlbefinden für alle, SDG3, zu erreichen, aber auch für alle anderen globalen Nachhaltigkeitsziele. Man kann logischerweise keine starke Wirtschaft haben, wenn man nicht gesund ist. Man kann extreme Armut nicht beenden, wenn man nicht gesund ist. Die sozialen Bereiche, Ernährung, Gesundheit, Bildung und Sicherheit, sind alle miteinander verknüpft - und Gesundheit ist einer der wichtigsten. Und wenn man an effiziente Investitionen in Gesundheit denkt, ist Prävention viel besser als Behandlung.

In einem rationalen System würde man 100 Prozent der Bevölkerung impfen und viele Krankheiten verhindern. Aber natürlich ist das System nicht rational und Menschen finden Behandlung wichtiger als Prävention. Also geben sie ihr Geld für Medikamente und Behandlung. Genau darum ist Bildung so wichtig.

Advocacy

Armut beenden

Impfungen sind Lebensretter – ein Interview mit Seth Berkley

Ein Beitrag von Jana Sepehr