Liebe Frau Steffen, Ende November wurde der Bundeshaushalt für 2019 verabschiedet. Die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit wurden um fast 800 Millionen Euro auf 10,2 Milliarden Euro angehoben. Wie zufrieden sind Sie mit diesem Ergebnis?

Das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen macht mich froh – ohne Wenn und Aber.

Wie werden die zusätzlichen Gelder nun eingesetzt?

Die Verteilung erfolgt zwischen zwei Ministerien: Dem Auswärtigen Amt und dem Entwicklungsministerium und zwar im Verhältnis 1/4 und 3/4. Inhaltlich legen wir in der Entwicklungszusammenarbeit den Schwerpunkt auf multilaterale Projekte, etwa zur Stärkung von Frauen oder der Verbesserung von Bildung und Gesundheitsversorgung. Insbesondere freut mich, dass wir auch Gelder zur Ausrottung von Polio einsetzen. Da haben wir das Ziel fast erreicht, doch wir müssen auf den letzten Metern dranbleiben, sonst bricht alles wieder zusammen.

Trotz des starken Ergebnisses und der Aufstockung der Entwicklungsgelder, wurde das im Jahr 1972 gesetzte Ziel, jedes Jahr 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, wieder verfehlt. Was bringt eine solche Quote, wenn sie wieder und wieder nicht erreicht wird?

Die Quote hält uns einen Spiegel vor, wir kommen nicht darum herum, uns immer wieder daran zu messen. Und das ist richtig und wichtig. Die Schwierigkeit liegt natürlich unter anderem darin, dass unser BNE in den vergangenen Jahrzehnten extrem gestiegen ist und deshalb auch die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit drastisch steigen müssen, um die Quote zu halten. Das haben wir bisher nicht geschafft, da ist in jedem Fall noch Luft nach oben.

Was ist das Wichtigste, damit Entwicklungszusammenarbeit effizient funktioniert?

Ich glaube, dass deutsche Entwicklungspolitik dann gut ist, wenn wir verschiedene Instrumente nutzen. Ich halte sehr viel von multilateraler Zusammenarbeit, also sich mit anderen Staaten und Organisationen für Projekte und Vorhaben zusammenzuschließen. Genauso gut finde ich die Arbeit, die die Zivilgesellschaft macht: Nichtregierungsorganisationen oder Vereine, die Gelder sammeln und kleine Projekte unterstützen.

Auch die GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Anm. d. Red.) ist gut und genießt in vielen Entwicklungsländern ein hohes Ansehen. Wenn vor Ort neue Projekte besprochen oder angedacht werden, ist immer jemand von der GIZ dabei, weil die Menschen auf diese Arbeit vertrauen.

Der neueste Bereich ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ich habe noch keine endgültige Meinung dazu, wie nützlich das ist. In jedem Fall braucht man gewisse Kontrollmechanismen, um zu prüfen, ob die ausgegebenen Gelder effizient eingesetzt werden.

Wie sind Sie persönlich zu dem Thema Entwicklungszusammenarbeit gekommen?

Ich engagiere mich seit Jahren für den DAZ e.V., einen Verein in meinem Wahlkreis, der verschiedene Projekte in Togo, Westafrika, fördert. Dort unterstützen wir in Zusammenarbeit mit einem Partnerverein vor Ort Schulen, Hospitale und Waisenhäuser. Das Projekt ist so cool, weil wir es in Deutschland ausschließlich mit ehrenamtlichen Mitarbeitern stemmen und alle Gelder direkt ankommen. Durch die Arbeit in dem Verein haben wir auch einen engen Austausch mit Menschen in Togo.

Was muss passieren, damit das Themenfeld Entwicklungszusammenarbeit noch mehr Aufmerksamkeit bekommt? 



Seit 2015 hat das Thema bereits mehr Aufmerksamkeit bekommen, darüber bin ich ganz froh. Auch wenn der weit verbreitete Gedanke, wir sollten Entwicklungshilfe leisten, um Migration zu verhindern, viel zu eindimensionale gedacht ist.

Um zu verstehen, was Entwicklungszusammenarbeit eigentlich ist und was sie leisten kann, wäre es toll, wenn wir einen engeren Austausch hinbekommen – schon im Schulkindalter.

Wir haben Global Citizens gebeten, uns per Mail ihre Fragen an Politiker zu schicken. Eine davon wollen wir an Sie weitergeben: Was tut Deutschland, um das Leid im Jemen zu lindern?

Über das Auswärtige Amt leisten wir humanitäre Hilfe, sowohl durch bilaterale als auch multilaterale Projekte. Wir unterstützen Fonds, um den Hunger zu stillen – etwa durch das World Food Programm. Aber mindestens genauso wichtig ist es, die Rolle Deutschlands in diesem Krieg zu hinterfragen. Und was kann von deutscher Seite getan werden, um diesen Konflikt zu schlichten? Dafür ist nicht die Entwicklungszusammenarbeit zuständig, aber eine Antwort auf diese Frage ist mindestens genauso wichtig.

Editorial

Armut beenden

“Der Gedanke: Wir sollten Entwicklungshilfe leisten, um Migration zu verhindern, ist viel zu eindimensional”

Ein Beitrag von Jana Sepehr