Ja, ich kann euch quasi laut ausrufen hören: "Bitte was? Wie kann das denn sein? Wir Global Citizens haben uns derart ins Zeug gelegt die Entwicklungsziele rund um den Globus zu verbreiten - was ist da los?"

Also. Haben wir auch wirklich an alles gedacht, alle grundlegenden Themen abgedeckt? Mal schauen: Gesundheitsversorgung? Check. Ernährungssicherheit? Check. Frauen und Mädchen? Doppelt Check. Und dennoch haben wir was super Wichtiges vergessen! Denn wie zum Kuckuck wollen wir alle diese Ziele eigentlich verwirklichen?
Es scheint, als ob all die Menschen da draußen, die sich auf all' diese Themen konzentrieren, alle irgendwie davon ausgehen, dass irgendwer schon noch darüber nachdenken wird, wie man das alles dann letztendlich tatsächlich umsetzt. So. Und das ist im Grunde genommen genau die Einstellung, die unsere weltweit führenden Politiker und die meisten einflussreichen Entscheidungsträger gerade mit sich rumtragen. Ziele ja, tatsächliche Umsetzung: wird sich schon jemand drum kümmern.

Also. Problem erkannt würd ich sagen. Problem, das dazu führen könnte, dass die Entwicklungsziele, seien sie noch so gut und ambitioniert, von vornherein zum scheitern verurteilt sind. Denn auch wenn ich es nicht explizit erwähnen müsste, da es als ungeschriebenes Gesetz weltweit gilt (ich sag es trotzdem): ohne Moss nix los. Aber, wir wären nicht Global Citizen, wenn wir nicht auch darauf eine Antwort hätten. Oder zumindest einen Ansatz. Der da heißt: die Entwicklungsfinanzierungskonferenz der Vereinten Nationen in Addis Ababa in Äthiopien. Zugegeben, der Titel klingt jetzt nicht wahnsinnig spannend. Aber wie so oft im Leben verstecken sich die einflussreichen Dinge hinter simplen Namen (oder würdet ihr heutzutage ein Handy belächeln dass einen simplen Obstnamen trägt?)

Okay, zurück zum Thema. Besagtes Treffen ist eine von drei Konferenzen, die dieses Jahr stattfinden. Und ja, ich weiß, die anderen beiden klingen wichtiger: die UN Generalversammlung im September, bei der die neuen weltweiten Entwicklungsziele verkündet werden und die Klimakonferenz in Paris im Dezember. ABER - diese Konferenz hier in Addis Ababa wird darüber entscheiden, ob die beiden folgenden Konferenzen und damit auch die kommenden 15 Jahre ein Erfolg werden oder nicht! Denn auf dieser Entwicklungsfinanzierungskonferenz kommen die weltweit führenden Spitzenpolitiker zusammen, um zu entscheiden, wie genau wir die globalen Entwicklungsziele überhaupt erfüllen und vor allem worauf die finanziellen Prioritäten liegen werden.

Und daher ist es von enormer Bedeutung, dass die Finanzminister der weltweit führenden Industrienationen an dieser Konferenz teilnehmen. Denn diese Minister verfügen über die Autorität, finanzielle Abkommen zu verabschieden, die der internationalen Entwicklungshilfe die Richtung weisen. Ich meine, natürlich ist die Anwesenheit der Entwicklungsminister ebenfalls wichtig, aber ohne die Finanzminister und deren Entscheidungen ist der Handlungsspielraum nun mal begrenzt. Und dabei geht es nicht mal maßgeblich darum, an dieser Konferenz sprichwörtlich mit Geld um sich zu werfen, sondern darum, dass die richtigen Menschen zur richtigen Zeit alle gemeinsam an einem Ort sind: damit die Themen unserer weltweiten Gesellschaft analysiert, besprochen und ein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann.

Die sieben größten Industrienationen der Welt (England, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA und Deutschland) treffen sich jetzt im Juni in Deutschland (genauer gesagt: auf Schloss Elmau in Oberbayern) und wir wollen diese sieben Länder dazu bewegen, ihre jeweiligen Finanzminister nach Addis Ababa zu senden, damit die Konferenz dort so produktiv und effektiv wie möglich sein kann!
Denn Fakt ist: Global Citizens wie du und Entwicklungshilfe-Nerds wie ich haben alle eine sehr sehr lange Liste an Zielen, für die wir uns so unermüdlich einsetzen. Aber wenn die weltweit politischen Entscheidungsträger, diejenigen, in deren Hand es letztendlich liegt wie die weltweiten finanziellen Ressourcen zum Erreichen dieser Ziele eingesetzt werden - wenn die zu keiner vernünftigen und vor allem verbindlichen Einigung kommen wie diese Ziele tatsächlich finanziert werden, dann sind alle unsere Bemühungen vergebens.

Und genau deswegen rufen wir alle Global Citizens dazu auf, jetzt und hier aktiv zu werden. Wir fordern, dass die Finanzminister der G7 Länder an der Konferenz in Addis Ababa teilnehmen und sich auf folgende konkrete Ergebnisse einigen:

1.         Entwicklungsländer in ihrem Kampf gegen Armut unterstützen, in dem der Aufbau einer innerstaatlichen Infrastruktur mit Behörden und öffentlichen Einrichtungen gefördert wird, so dass diese Länder ihre Einnahmenquellen stärken können. Das bedeutet auch, geschlechtsspezifischer Diskriminierungen ein Ende zu setzen, um Frauen zu vollwertigen Wirtschaftsakteuren der Gesellschaft zu machen.

2.         Steuerhinterziehung, Korruption und rechtswidrige monetäre Transaktionen den Kampf ansagen, um aus den somit gewonnen finanziellen Ressourcen die allgemeinen Sozialleistungen zu fördern und zu unterstützen.

3.         Bis zum Jahr 2020 50% des Entwicklungshilfebudgets den ärmsten unter den armen Entwicklungsländern zugute kommen lassen. Außerdem sollen alle Geberländer einen konkreten Zeitplan vorlegen, wie sie das Ziel, 0,7% ihres Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe bereit zu stellen, bis zum Jahr 2020 erfüllen werden.

4.         Die Leistungsfähigkeit der Entwicklungsnationen unterstützen, in dem vor allem in die Entwicklung der Landwirtschaft sowie in Infrastruktur und in den Energiesektor nachhaltig und verantwortungsbewusst investiert wird.  

Gemeinsam können wir Global Citizens es schaffen, dass alle Finanzminister im Juli nach Addis Ababa reisen, um sich dort mit konkreten Überlegungen den Herausforderung einer dauerhaft nachhaltigen Finanzierung für die weltweite Entwicklungshilfe zu stellen, die allen Menschen auf unserem Planeten zugute kommen wird.

Editorial

Armut beenden

Wie die weltweiten Entwicklungsziele gerade gehörig vermasselt werden könnten.

Ein Beitrag von Alison Shea  und  Carolin Albrecht