Für jemanden wie mich, der in den Vereinigten Staaten geboren und aufgewachsen ist, steckt Deutschland voll faszinierender Eigenarten. Dazu gehören Klassiker wie die deutsche Autobahn ohne Geschwindigkeitsbegrenzung oder die Tatsache, dass Bier ab 16 Jahren freigegeben ist. Jetzt allerdings kommt eine Sache hinzu, die ich nicht nur spannend, sondern auch bewundernswert finde: ein Supermarkt ganz ohne Verpackungen. Sara Wolf und Milena Glimbovski in Berlin haben dieses tolle Projekt gestartet und den 'OU' ('Original Unverpackt') Markt gegründet, der seit Oktober 2014 in Berlin Kreuzberg beheimatet ist.

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt der Pro Kopf Jahresverbrauch für Müllabfälle in Deutschland bei 613kg (Stand 2013), was sogar deutlich über dem EU Durchschnitt (481kg) liegt. Ein Supermarkt, der ganz ohne Wegwerf-Verpackungen auskommt klingt da wie eine ziemliche geniale Lösung auf der Suche nach Müllreduzierenden Möglichkeiten für unseren Alltag. 

Wie sieht so ein Supermarkt aus und wie funktioniert's?

Im Inneren des Original Unverpackt Marktes sieht es ein klein wenig wie in einem Labor aus und wie ich finde ziemlich cool. Es gibt eigentlich alles zu kaufen, was man in einem anderen Supermarkt auch finden würde, nur halt ohne den ganzen Plastikmüll genannt Verpackung drum herum. Von A wie Apfelessig über J wie Joghurt bis hin zu Z wie Zwiebeln und Zahnpasta gibt es alles, was das alltägliche Leben braucht. Auch Seife und flüssige Produkte wie Milch sind erhältlich. Viele Produkte sind bewusst Regional bezogen, so dass der Verpackungsmüll für die ganze Lieferkette so gut wie eben möglich klein gehalten werden kann. Denn auch Biogroßhändler liefern ihre Waren oft in Folie und Plastik gewickelt. „Wir haben es geschafft, dass unsere Lieferungen nur mit Gurten festgehalten werden“, sagt Sara Wolf, eine der zwei Gründerinnen. 

Image: Flickr: storebukkebrute

Wer bei 'Original Unverpackt' einkaufen möchte bringt entweder seine eigenen Verpackungsbehälter mit, in den man dann die lose Ware abfüllen kann, oder man kauft wiederverwertbare Dosen, Gläser, Stoffbeutel und Flaschen im Laden. Dinge wie Milch, Joghurt oder Tofu werden in Pfandgläsern und -flaschen abgegeben. Es gibt sogar Wein aus dem Fass, was mein Herz hat höher schlagen lassen. 

Image: Flickr: storebukkebrute

Dadurch, dass die Ware lose ist, kann man sich außerdem genau so viel abfüllen, wie man braucht, was gleichzeitig auch die eigene Lebensmittelverschwendung reduziert. Die entsprechenden Mengen werden dann an der Kasse gewogen (minus dem Gewicht des Behälters natürlich) und schon hat man seinen ersten Müllfreien Einkauf erledigt. Absolut großartig wie ich finde! 


Image: Flickr: storebukkebrute

Und 'Original Unverpackt' ist nicht der einzige Laden dieser Art. In Frankreich hat bereits ein ähnliches Prinzip mit dem Namen 'Day to Day' an fünf Standorten eröffnet, die pro Laden über 450 verpackungsfreie Produkte im Angebot haben.

Regionale Bio-Produkte zu kaufen ist oftmals teurer als die massenproduzierte Ware in Supermärkten. Die Besitzerin des 'Day to Day' Marktes allerdings hält fest, dass ihre Produkte mitunter bis zu 40% günstiger sind als das verpackte Gegenstück. Was mich dann doch stutzig gemacht hat. Ich meine, über mangelnde Transparenz in der Preisgestaltung für Lebensmittel müssen wir ja jetzt hier nicht diskutieren, aber ich bin schon enorm neugierig, wie viel Geld in die Verpackung (sowie das Design und Werbung) gesteckt wird, was dann wiederum auf den Preis aufgeschlagen wird.

Halten wir einfach fest: Produkte ohne Verpackungen zu kaufen hilft nicht nur dabei, Hausmüll im Allgemeinen zu reduzieren, sondern ebenso bei der Reduktion des Kohlendioxidausstoßes (da weniger Verpackung hergestellt werden), dem Schutz unseres Klimas bis hin zum Kampf gegen den immensen Müllberg, der sich immer weiter in unseren Ozeanen ausbreitet. Alles in allem also auf jeder Seite eine Gewinn - bleibt von meiner Seite aus zu hoffen, dass diese Null-Verpackungs-Supermärkte bald überall zu finden sind und auf ebenso begeisterte Anhänger trifft wie ich einer bin. 

Editorial

Armut beenden

Wie ein Supermarkt ganz ohne Verpackung aussieht? Genau so.

Ein Beitrag von Meghan Werft