Warum das wichtig ist
Frauen und Mädchen sind in jedem Land dieser Welt sexualisierter und häuslicher Gewalt ausgesetzt. Damit jeder Mensch ein gleichberechtigtes und sicheres Leben führen kann, müssen wir Frauenrechte weltweit stärken. Nutze hier deine Stimme für Gleichberechtigung.

Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie haben in der Asien-Pazifik-Region zu einem rasanten Anstieg von Gewalt und Ausbeutung von Mädchen geführt. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Hilfsorganisationen Plan International Australien und Save the Children hervor.

Der Bericht Because We Matter’ erklärt, dass die verheerende Kombination aus finanzieller Not, weit verbreiteter Arbeitslosigkeit und pandemiebedingter Ausgangssperren eine erhebliche Zunahme von geschlechtsspezifischer Gewalt verursacht haben. Dazu gehören etwa Zwangsheirat, Sexhandel, Online-Missbrauch und frühe, unfreiwillige Schwangerschaften. Die Asien-Pazifik-Region umfasst den Großteil von Ostasien, Südostasien, Australien und Ozeanien.

Fälle häuslicher Gewalt haben sich durch COVID-19 teilweise verdoppelt

Der Bericht beruht auf den neuesten verfügbaren Daten zu geschlechtsspezifischer Gewalt, die unter anderem von Hilfstelefonenstellen für häusliche Gewalt bereitgestellt wurden. Die Auswertungen zeigen, dass sich die registrierten Fälle häuslicher Gewalt zwischen Februar und April in Thailand fast verdoppelt haben. In Singapur, Malaysia und Bangladesch zeigen sich ähnlich hohe Werte.

Bei einer Umfrage in Nepal gab mehr als ein Drittel der Teilnehmer*innen an, dass die Gewalt an Kindern durch die von der Regierung verhängten Ausgangssperren zugenommen hat. Auf den Philippinen wurden Angaben zufolge zwischen März und Mai 280.000 Kinder Opfer von Cybersex-Ausbeutung. Das sind fast viermal so viele Fälle wie im vergangenen Jahr.

"In vielen Teilen der [Asien-Pazifik-]Region werden Mädchen und Frauen systematisch benachteiligt und oft durch Armut, Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung gedemütigt. Viele werden durch Kinder-, Früh- und Zwangsheiraten und hohe Teenager-Schwangerschaftsraten unterdrückt", sagt Bhagyashri Dengle, Regionaldirektorin für Asien bei Plan International Regional, gegenüber Global Citizen. "Während die COVID-19-Pandemie weiter wütet, könnte die Zahl der Frauen und Mädchen, die keinen Zugang zur Familienplanung haben, sowie ungewollten Schwangerschaften, geschlechtsspezifischer Gewalt und anderen schädlichen Praktiken ausgesetzt sind, um Millionen Fälle in die Höhe schnellen.”

Schulschließung könnten häusliche Gewalt fördern

Dass viele Schulen während der Pandemie geschlossen bleiben, wirkt sich zudem besonders nachteilig auf Mädchen aus.

"Mädchen sehen sich besonders hohen Risiken durch Schulschließungen ausgesetzt, da sie dadurch den Zugang zu dem verlieren, was oft ihre einzige Aussicht auf eine Ausflucht und Unterstützung ist. Lehrer*innen sind oft die ersten, die feststellen, ob ein Kind zu Hause missbraucht oder vernachlässigt wird", so der stellvertretende CEO von Save the Children Australia, Mat Tinkler, gegenüber Global Citizen. "Die finanzielle Not, mit der viele Familien konfrontiert sind, führt dazu, dass sie es sich oft leisten können, jedes ihrer Kinder wieder in die Schule zu schicken. Dabei ziehen Mädchen oft den Kürzeren.”

Während der Pandemie sind viele Kinder auf digitales Lernen angewiesen. Dadurch verbringen sie mehr Zeit denn je im Internet, etwa um Hausaufgaben zu bearbeiten oder sich mit Freund*innen auszutauschen. Viele sind in dieser Zeit unbeaufsichtigt im Internet unterwegs, was jene Kinder anfälliger für Online-Täter und Cyberbullying macht.”

Die andere Schattenseite der Schulschließungen ist, dass viele Kinde mehr Zeit zuhause verbringen und dadurch öfter Zeugen von Gewalt werden. "Wir wissen, dass Kinder, die bereits in gewalttätigen Familiensituationen leben, derzeit besonders anfällig für weitere Gewalterfahrungen sind", erklärt Tinkler.

Hilfsorganisationen fordern Schutzmaßnahmen für Mädchen und Frauen

Die Hilfsorganisationen Plan International Australien und Save the Children haben auf Grundlage ihres Bericht nun lokale Regierungen in ganz Asien-Pazifik zu sofortigen Schutzmaßnahmen aufgefordert.

Die Sicherheitsbestimmungen zu COVID-19 dürften die Rechte und angestrebte Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen nicht beeinträchtigen, heißt es in ihren Forderungen.

"Regierungen müssen die Ursachen der Gewalt an Frauen und Mädchen mit einem gleichberechtigten Ansatz an der Wurzel packen", so Dengle von Plan International gegenüber Global Citizen. "Dazu gehört es, einen partizipatorischen Ansatz für Mädchen und Frauen bei den Entscheidungen zu fördern, die ihr Leben beeinflussen. Dieser muss über das bloße Zuhören ihrer Bedürfnisse hinauszugehen, und sie wirklich in Form von Gesetzen und Richtlinien stärken, die Gewaltprävention und geschlechtergerechte Systeme voranbringen.”

Zudem müssen Regierungen die finanziellen Mittel zum Schutz, sowie zur Stärkung und Bildung von Mädchen aufstocken.

"Regierungen müssen mehr und gezielter in Förderungsprogramme investieren, die heranwachsende Mädchen in ihrer Bildung und ihren Fähigkeiten unterstützen, die sie für ihre soziale und wirtschaftliche Teilhabe benötigen. [Ansätze wie diese] haben bereits bewiesen, geschlechtsspezifischer Gewalt wie etwa Kinder-, Früh- und Zwangsheirat vorzubeugen", fügt Dengle hinzu.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Gewalt, Menschenhandel und Kinderheirat: So verschärft COVID-19 die Situation für Mädchen in Asien-Pazifik

Ein Beitrag von Madeleine Keck