Seit dem frühen Morgen des 24. Februar verfolgt die Welt mit Entsetzen die russische Invasion in der Ukraine. 

Die Gewalt hat seitdem noch zugenommen. Laut ukrainischen Behörden gibt es immer mehr Tote und Verletzte. Berichten zufolge sind seit Beginn des Angriffs fast Zehntausende von Zivilist*innen, darunter auch Kinder, ums Leben gekommen. 

Die Vereinten Nationen erklärten am 3. März, dass bereits eine Million Menschen aus der Ukraine geflohen seien. Viele Familien wurden getrennt, denn Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren durften das Land nicht verlassen. Viele der Zurückgebliebenen suchen Schutz in Kellern und U-Bahn-Stationen. Es mangelt an lebenswichtigen Gütern wie Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten. 

Niemand kann besser ausdrücken, was ein Krieg mit Menschen macht, als diejenigen, die ihn vor Ort miterleben. Deshalb erzählen nachfolgend vier Ukrainer*innen, wie sich der Krieg auf sie und ihre Angehörigen auswirkt, was sie der Welt mitteilen möchten und was sie sich von der internationalen Gemeinschaft an Solidarität für die Ukraine wünschen. Aus Sicherheitsgründen verzichtet dieser Text auf Nachnamen.


Wolodymyr

Ich bin in Kiew geboren und lebe derzeit dort. Am 24. Februar wachte ich um 5:20 Uhr morgens auf und hörte Explosionen. Mein erster Gedanke war: Hat der Krieg wirklich begonnen? Ich hatte Angst, war besorgt um meine Angehörigen und um mich selbst. Ich konnte nicht begreifen, warum das passiert. Niemand sollte solche Gefühle erleben müssen. 

Ich wünsche niemandem auf dieser Welt, dass er das erleben muss, was die Ukraine gerade durchmacht. Meine Frau und ich machen uns Sorgen umeinander und um unsere Eltern, die in ihren Häusern außerhalb von Kiew leben. Sie wiederum sind um unsere Sicherheit und unser Wohlergehen besorgt. Wir wissen nicht, ob wir den Tag oder die Nacht überstehen werden. Es gibt keine Worte, die unsere Gefühle ausdrücken können. 

Ich möchte, dass die Welt weiß, dass Putin nicht nur die Ukraine zerstören, sondern der ganzen Welt seine Bedingungen auferlegen will. Er hat gesagt, dass er bereit ist, Atomwaffen einzusetzen. Der Krieg in der Ukraine ist kein lokaler Konflikt, es ist der Kampf zwischen Gut und Böse auf der ganzen Welt. Und wer der Sieger sein wird, hängt von allen Menschen auf der Welt ab. 

Einigkeit und Zusammenarbeit von Regierungen sind entscheidend, um Putin entgegenzutreten. Die Ukraine ist ein Schlachtfeld. Doch wir demonstrieren der ganzen Welt, dass wir, das ukrainische Volk, bereit sind, weiter zu kämpfen, dass wir bereit sind, für diejenigen zu sterben, die wir lieben, und sogar für diejenigen, die wir nicht kennen, im Namen von Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit.

Viele Länder haben Sanktionen gegen Russland und seine Führung verhängt, aber leider nicht alle. Wir brauchen täglich neue Länder, die Nein zu einem Krieg im 21. Jahrhundert sagen. Sanktionen sollten auch gegen die Verbündeten der russischen Führung verhängt werden. Sie müssen begreifen, dass sie entweder für eine demokratische, freie Welt einstehen können oder ausgestoßen und geächtet werden. Bitte fordert eure Regierungen dazu auf, Maßnahmen gegen die Invasion zu ergreifen, falls sie es noch nicht getan haben. Der Frieden auf der Erde hängt jetzt von euch allen ab.


Yuliia

Hallo Welt. Ich bin Yuliia aus Kiew. Ich bin in dieser wunderbaren Stadt geboren und aufgewachsen. 

Der Schwarze Donnerstag begann am 24. Februar um 5:20 Uhr morgens. Ich wurde durch das Pfeifen von Raketen und Explosionen geweckt. Es war ein erschreckendes Geräusch, das ich noch nie zuvor gehört hatte. Mein Gedanke war: Der Krieg hat begonnen. Mein Mann und ich riefen unsere Eltern und Freunde an. Unsere einzige Frage an sie war: "Geht es dir gut?" Dann begann ich, vor Panik zu zittern. Ich wusste nicht, was ich als Nächstes tun sollte. Mein Herz klopfte in meinen Ohren. Ich werde diesen Morgen nie vergessen.

Meine Familie und ich sind noch am Leben. Aber die Kämpfe werden von Tag zu Tag heftiger. Nur selten können wir Stille am Himmel genießen. Wir können unsere Lieben nicht sehen. Es ist gefährlich, die Stadt zu verlassen. Die Brücken, die zu unseren Eltern führen, sind entweder zerstört oder gesperrt. 

Jede*r muss verstehen: Das ist nicht nur ein Krieg in der Ukraine, sondern ein Krieg gegen die ganze Welt. Die Invasoren töten Kinder und Familien; Frauen bringen ihre Babys in Luftschutzbunkern zur Welt; ein einziger Raketeneinschlag zerstört die Häuser vieler Zivilist*innen. Wir leben in den Kellern unserer Häuser und in U-Bahn-Stationen. Wir haben nicht genügend Lebensmittel und Medikamente. Ganze Städte, Plätze und Brücken sind zerstört worden. Die Menschen bekommen nicht die medizinische Versorgung, die sie brauchen. Unser Land liegt in Schutt und Asche.

Wir bitten euch alle um Hilfe. Wir bitten euch, euch in diesem Krieg mit uns zu verbünden. Jetzt müssen wir mehr denn je unsere Kräfte bündeln und das russische Völkermordregime stürzen. Gebt uns Waffen. Wenn wir nicht die Mittel haben, um uns gegen diese Invasion durchzusetzen, wird die ganze Welt verlieren.


Bohdan 

Ich bin Staatsbediensteter, wurde in der Region Poltawa geboren und bin in Kiew aufgewachsen.

Dass der Krieg begonnen hat, erfuhr ich, als bei meinem Morgenspaziergang am Himmel um 6:00 Uhr morgens Blitze zu sehen waren. Ich betete zu Gott, dass es nur ein Gewitter ist, doch eigentlich war mir klar, dass es eine Explosion ist. 

Wir mussten eine schwere Entscheidung treffen und unsere Familie trennen. Ich blieb zurück und meine Frau brachte unsere Tochter und unser Haustier in Sicherheit, weit weg vom Schlachtfeld.


Valentyna

Mein Name ist Valentyna und ich bin in der Region Charkiw geboren und aufgewachsen.

Ich wurde um 5:00 Uhr morgens durch einen Anruf meiner Verwandten geweckt, die in Charkiw leben. Sie sagten, dass es dort viele Explosionen gegeben habe und dass Russland in die Ukraine einmarschiert sei. 

Einige meiner Verwandten waren gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, andere mussten in Notunterkünften ohne Strom, Wasser oder Lebensmittel ziehen. 

Ich möchte, dass die Welt weiß, dass es sich hier nicht um einen Konflikt, sondern um eine russische Invasion in der Ukraine handelt, bei der innerhalb einer Woche mehr als 2.000 Zivilist*innen getötet wurden. 

Die internationale Gemeinschaft muss sich darüber im Klaren sein, dass sich Putins Russland nicht auf die Ukraine beschränken wird. Das nächste Ziel wird Europa sein. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, Russland jetzt zu stoppen.

In My Own Words

Armut beenden

Menschen aus der Ukraine: So ist das Leben inmitten eines Krieges