Die sexuellen Übergriffe in Köln und Hamburg haben die Flüchtlingsdebatte ein weiteres Mal angeheizt. Was jetzt keine Überraschung ist, da das Thema vorab schon heftig debattiert wurde. Wie auch immer man hierzu nun argumentierten mag, Fakt ist und bleibt allerdings: nicht alle Männer sind Vergewaltiger. Schlussfolgerung: nicht alle männlichen Flüchtlinge sind Vergewaltiger - und die große Mehrheit von ihnen verurteilt die Taten aus der Silversternacht vehement. Einige von ihnen haben den Weg in die Öffentlichkeit gesucht, um ausdrücken zu können, was sie von den Übergriffen halten - und um klarzustellen, dass sie nichts mit den Tätern gemein haben. 
Hier ein kleiner Auszug:

Serge Menga Nsibu, 39, aus NRW

„Jetzt stell ich allen Ausländern, die hier in Deutschland leben die Frage [...] Mit welchem Recht nehmen sich manche Menschen Sachen raus, die im Grunde genommen das Ansehen aller in Deutschland lebenden Ausländer besudeln?" Ziemlich klare Worte, denen man anhört, dass der Verfasser, Serge Menga Nsibu, wütend ist. Und um seiner Wut Luft zu machen, griff er letzte Woche zum Handy und stellte ein Video von sich auf Facebook hoch, dass inzwischen mehr als 5 Mio. Views hat.

Serge ist in der Demokratischen Republik Kongo (damals Zaire) geboren. Als er 4 Jahre alt war, sind er und seine Eltern nach Deutschland geflüchtet, auf der Suche nach einem besseren und vor allem sicheren Leben. 
In seinem Video findet Serge nicht nur klare Worte zu den Vorfällen aus der Silvesternacht, an denen laut derzeitigem Kenntnisstand Männer aus Nordafrika beteiligt waren, sondern er gibt den Tätern auch gleich einen Ratschlag mit: „Leute, packt doch einfach eure Klamotten und geht zurück nach Hause." Es geht dem 39-Jährigen vor allem um eins: seine Wut nicht gegen den Generalverdacht zu richten, den viele jetzt seit Silvester gegenüber Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund hegen, sondern gegen die, die diese Situation einzig und allein zu verantworten haben: die Täter. 

Warum sind wir Ausländer in die BRDgekommen???!!

Posted by Serge Nathan Dash Menga on Donnerstag, 7. Januar 2016

Tunisian Youth Organisation

So wie Serge will auch die Initiative Tunisian Youth darauf aufmerksam machen, dass sie die Taten aus der Silvesternacht mit aller Macht verurteilen. Als Zeichen ihrer Solidarität versammelten sich einige Jugendliche der Organisation vor einigen Tagen am Kölner Hauptbahnhof, um dort weiße Rosen an Frauen zu verteilen. Jede Rose war mir einer kurzen Nachricht gespickt, auf der die Organisation sich zu ihrer Solidarität mit Deutschland bekennt. 

Brief von Flüchtlingen aus Köthen (Anhalt)

Die Gemeinde Köthen (Anhalt) in Sachsen-Anhalt nimmt schon seit geraumer Zeit Flüchtlinge in ihrer Mitte auf. In diesem Rahmen hat sich die Initiative „Willkommen in Köthen – weltoffen und bunt“ zusammen geschlossen, um den ankommenden Menschen konkrete Hilfe anzubieten. Nach den Vorfällen um Silvester hat sich eine Gruppe von Flüchtlingen aus Köthen zusammengetan und einen offenen Brief verfasst, den sie den Unterstützern der “Willkommen in Köthen” Initiative übergeben haben. Der Brief richtet sich in erster Linie an die deutschen Frauen, die im Rahmen der Initiative tätig sind. 
Hier ein Auszug aus dem Brief: 

Liebe deutsche Frauen,

wir sind Männer aus Syrien und Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr in Köthen (Anhalt) angekommen sind. Einige von uns sind hier mit unseren Familien, einige ohne sie. Wir wollen Euch sagen, dass wir uns schämen für die ekelhaften, unmenschlichen Dinge, die in Köln am Silvesterabend passiert sind.

Wir sind hier in Köthen auf sehr schöne, herzliche Art willkommen geheißen worden. Wir sind sehr froh und dankbar, hier eine Zuflucht und Frieden gefunden zu haben. Viele unserer Helfer und Unterstützer hier sind deutsche Frauen. Für uns sind die deutschen Frauen wie Schwestern, Tanten, Mütter und Töchter. Es ist keine Frage für uns, sie mit großem Respekt zu behandeln und wir glauben, in Notfällen ist es unsere Pflicht, sie vor allen Angreifern zu schützen....

Hier klicken für den ganzen Brief.  


So hitzig die Debatten also geführt werden, sollten wir darüber hinaus nicht vergessen, dass ein Generalverdacht gegenüber Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur falsch ist, sondern auch denjenigen schadet, die sich nach bestem Kräften bemühen, ein gutes und vor allem integriertes Leben in Deutschland zu führen. Und letztendlich für alle anderen Flüchtlinge als wertvolles Vorbild dienen.    

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Migranten & Flüchtlinge verteidigen ihr Ansehen in Deutschland

Ein Beitrag von Aileen Elsner