Friederike Meister, Deutschlanddirektorin zum Abschluss des G7-Gipfels:

Die G7 schieben eine gerechte Welt auf die lange Bank – und das in einem Moment, in dem die Welt mehr denn je mutige und fortschrittliche Entscheidungen braucht. Die ärmsten Menschen der Welt haben keine Zeit, darauf zu warten, bis die Staats- und Regierungschef*innen der Welt endlich liefern. Dass die G7 in einem Moment, in dem sich globale Krisen dramatisch verschärfen, eigentlich nur Status Quo statt Fortschritt verkünden, ist eine herbe Enttäuschung.

Als selbsternannter “Klimakanzler” wollte Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem G7-Gipfel entscheidende Impulse für die internationale Klimapolitik setzen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Zwar haben die G7 es vermieden, frühere Zusagen zurückzunehmen, doch das kann angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise nicht der Maßstab sein – und das kann nicht der Anspruch des Bundeskanzlers und der Ampel-Regierung sein.

Während das Kommuniqué die Verpflichtungen von Glasgow zur Beendigung der Finanzierung fossiler Brennstoffe nicht aufhebt, besteht die Befürchtung, dass die G7 kurzsichtige Gasinvestitionen den erneuerbaren Energien vorziehen könnten.

Mit der Zusage von zusätzlichen 4,5 Milliarden US-Dollar für Ernährungssicherheit unterstreichen die G7 ihren Willen, die Schwächsten vor Hunger und Unterernährung zu schützen. Das begrüßen wir.

Aber es braucht weitere Milliarden, um die globale Ernährungskrise vollständig zu beenden. Deswegen müssen neben der Soforthilfe weitere Gelder in den Aufbau von widerstandsfähigen Ernährungssystemen und in die Stärkung von Kleinbäuer*innen vor den Folgen der Klimakrise fließen. Essentiell ist, dass die G7 bei der Einhaltung dieser Verpflichtungen standhaft bleiben und nicht eine Krise gegen die andere ausspielen. Die Bekämpfung der vielen Krisen um Hunger, Armut und Klima müssen Hand in Hand gehen.

Die wohlhabendsten Demokratien der Welt verpassen die Chance, sich zum Ende extremer Armut weltweit zu bekennen. Ihr langjähriges Versprechen zur Bereitstellung von 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftskraft für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe wird nicht eingelöst – es spielte scheinbar keine Rolle auf diesem Gipfel. Ein Rückschritt gegenüber dem letzten Gipfel in Elmau 2015. Noch immer erreichen die G7-Staaten nicht einmal die Hälfte dieses Ziels. Deutschland als Vorreiter für Entwicklungszusammenarbeit hätte hier für ein starkes Zeichen der G7 sorgen müssen – eine vertane Chance für Bundeskanzler Olaf Scholz. 

Der G7-Plan für Infrastruktur und Investitionen wirft zwar große Zahlen ins Feld, aber bei genauerem Hinsehen reicht er keinesfalls aus, um auf die zahlreichen Krisen zu reagieren, unter denen die ärmsten Menschen weltweit am meisten leiden.

Die Gleichstellung der Geschlechter hat auf diesem G7-Gipfel nicht genug Aufmerksamkeit erhalten, obwohl die Rechte von Frauen und Mädchen weltweit akut bedroht sind. Das zeigt nicht zuletzt die Aufhebung des Rechts auf Abtreibung in den USA. 

Dass die Rechte von Frauen und Mädchen nicht ausreichend priorisiert werden, ist ein verheerendes Signal an diejenigen, die die Unterstützung der G7 am dringendsten benötigen. Die Förderung von Frauen und Mädchen ist zentral, um den Kreislauf extremer Armut zu durchbrechen. Mit ihrer Anerkennung unbezahlter Betreuungsarbeit erkennen die G7 aber in einem ersten Schritt, dass die wirtschaftliche Erholung nicht auf dem Rücken von Frauen aufgebaut werden kann – mehr muss folgen.


Mehr zu Global Citizen:

Global Citizen ist eine globale Bewegung engagierter Menschen, die gemeinsam ihre Stimmen nutzen, um extreme Armut jetzt und überall zu beenden. Global Citizen bietet hierzu Informationen rund um Kernthemen wie Ernährungssicherheit, Gleichberechtigung, Bildung, Umweltschutz und globale Gesundheit – und die Möglichkeit, sich gemeinsam für die Themen einzusetzen, die einem am Herzen liegen. Unter dem Motto Pop & Policy mobilisiert Global Citizen eine große Community von Global Citizens, die zusammen Entscheidungsträger*innen aus Politik und Wirtschaft zum Handeln auffordert und finanzielle und politische Zusagen für die Global Goals der Vereinten Nationen einfordert. Darüber hinaus unterstützt Global Citizen die Global Goals mit einzigartigen Event- und Aktionsformaten, wie den Global Citizen Festivals, für die Tickets nicht erwerblich sind, sondern durch politisches und soziales Engagement verdient werden. Seit Global Citizen im Jahr 2009 mit der Kampagnenarbeit begann, sind Global Citizens mehr als 30 Millionen Mal aktiv geworden. Diese Aktionen haben in Verbindung mit unserer politischen Arbeit dazu geführt, dass Mittel in Höhe von 41,4 Mrd. US-Dollar an unsere Partner*innen ausgezahlt wurden, die bis heute das Leben von über 1,1 Milliarde Menschen verbessert haben. 

Weitere Informationen unter www.globalcitizen.org und @GlblCtznDE auf Twitter, Instagram und Facebook.

Editorial

Armut beenden

Pressemitteilung: Die G7 schieben eine gerechte Welt auf die lange Bank