Ivan Crisostomo war im Oak Park Viertel in Sacramento, Kalifornien, unterwegs als er die 16-jährige Crystal Allen am Wegrand schluchzen sah.
"Ich habe ihr Weinen gehört, als ich aus dem Fahrzeug stieg, also ging ich auf sie zu und fragte sie ob sie Angst hatte, aber sie wollte nicht reden", schilderte Crisostomo dem amerikanischen Fernsehsender KRON-TV die Situation.
Crisostomo gelang es, sie zu beruhigen und half ihr, ihre Mutter anzurufen. Dann setzte er sie in seinen Postwagen, bis Hilfe kam.
Er erfuhr bald, dass seine Tat mehr war, als eine freundliche Geste. Allen war gerade aus einem Auto geflohen nachdem sie drei Monate lang als Sexsklavin festgehalten worden war.
"Was Ivan getan hat, ist toll", sagte David Cuneo, der stellvertretende Polizeichef, dem amerikanischen Fernsehsender KPIX. "Er handelte, wo viele Leute einfach weitergefahren wären und hat damit das Leben dieses jungen Mädchens gerettet."
Bei einem Wiedersehen am 2. August 2018 überreichte Allen dem heldenhaften Postboten eine Dankeskarte.
'I helped,' Postal carrier helps girl escape sex trafficking https://t.co/JVJeSnxTpopic.twitter.com/sGWQKTXPNh
— kcranews (@kcranews) 6. August 2018
Dieses schöne Wiedersehen soll nicht von der grausamen Natur des Menschenhandels in Amerika ablenken.
Der britischen Tageszeitung Daily Mail zufolge, glaubte Allen, die in Kalifornien lebt, dass sie zu einem Freund nach Hause fahren würde, als sie Anfang des Jahres ihre Wohngemeinschaft verließ. Doch der Freund, mit dem sie sich traf, übergab sie an einen Menschenhändler.
"Sie haben es unmöglich gemacht [zu entkommen]", berichtete Allen dem amerikanischen Fernsehsender KCRA. "Sie hatten Wachhunde und Leute, die uns die ganze Zeit beobachtet haben und uns nicht gehen ließen. Ich war an Stühle gefesselt."
In den nächsten drei Monaten wurde Allen mehrmals vergewaltigt und misshandelt. Sie entkam schließlich, als sie das Handy ihres Entführers packte, aus dem Auto sprang und um ihr Leben rannte.
Sexsklaverei ist ein weltweites Problem, das jedoch besonders in den USA floriert. Von den 600.000 bis 800.000 Opfern, die jedes Jahr dem Menschenhandel zum Opfer fallen, werden dem Amerikanischen Außenministerium zufolge, zwischen 14.500 und 17.500 Menschen in den USA gehandelt.
Weitere Fälle werden der Nationalen Hotline für Menschenhandel gemeldet. Einige Staaten haben jetzt vorgeschrieben, dass Lkw-Fahrer geschult werden müssen, damit sie Menschenhandel erkennen, wenn sie auf den Straßes unterwegs sind.
"Ich sehe mich selbst nicht als Held", sagte Crisostomo zu KCRA. "Ich sehe mich selbst als jemanden, der wirklich helfen will. Das ist, was ich tat. Ich habe geholfen.”
Auch in Deutschland gibt es Menschenhandel. Die Zahl der Menschen, die Opfer von Menschenhändlern werden, stieg zuletzt sogar an, zeigt ein Bericht des Bundeskriminalamts, der im August 2018 veröffentlicht wurde.
671 Menschen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland sexuell ausgebeutet, zur Arbeit oder zum Betteln gezwungen. Das entspricht einer Zunahme von 25 Prozent gegenüber 2016. Arbeitsausbeutung liegt auf einem relativ hohen Niveau, dennoch bleibt sexuelle Ausbeutung die häufigste Form von Menschenhandel in Deutschland.
Ermittlungen im Bereich des Menschenhandels sind sehr komplex. Opfer fürchten sich etwa oftmals vor den Tätern, schämen sich oder sind schwer traumatisiert.
Unterstützung erhalten Betroffene von Zwangsprostitution, Menschenhandel oder Ausbeutung durch Prostitution in Deutschland über das “Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen" unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 116 016.
Das barrierefreie, anonyme und mehrsprachige Angebot steht rund um die Uhr zur Verfügung.