Ich gestehe. Ich hab diese eine Spalte im Lebenslauf immer rausgelöscht weil ich da einfach nix eintragen konnte: Außerordentliches Engagement. Gerne auch mal 'extracurriculare Tätigkeiten' genannt (vorzugsweise von denen, die hier drunter auch was vorzuweisen haben). Bei mir hat das immer nur Schweißausbrüche verursacht. Ich hab zwar hier und da mal ausgeholfen, aber ansonsten war ich lange Zeit eher der Typ 'Couch Potato'. 

Zum Glück gehör(t)e ich da zu den Ausnahmen. Laut DGVN (Deutsche Gesellschaft der Vereinen Nationen) engagieren sich in Deutschland rund 23 Millionen Menschen ehrenamtlich! Hut ab. Zu den Klassikern des Ehrenamts gehören dabei Sportvereine, die Kirche, aber auch Mithilfe bei der Jugendsozialarbeit oder als Schöffe bei Gericht. 23 Millionen Menschen in ganz Deutschland, die allesamt ihre kostbare Zeit hergeben. Ganz ohne monetäre Gegenleistung. Hatte ich schon Hut ab gesagt? Denn das ist definitiv mehr als ein Tag pro Jahr an Anerkennung wert. Aber zumindest ein Anfang: heute, am 5. Dezember ist Internationaler Tag des Ehrenamts!

Und manchmal reicht ein einziger Gedanke, so etwas wie 'einfach mal mit anpacken wollen', um seine ganz eigene ehrenamtliche Aktion ins Leben zu rufen. So geschehen im Sommer 2015 in einem Garten in Elsdorf bei Köln.

Taschen mit Spielzeug für Flüchtlingskinder. Wieso kam da noch keiner vorher drauf? 

Die beiden Mütter Julia Rehberg und Daniela Schäfer beschlossen kurzerhand, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Ihr Augenmerk sollte dabei von Anfang an auf den Kindern liegen. "Egal was man über die politischen Verhältnisse denkt, eines ist sicher, die Kinder können ganz bestimmt nichts dafür", so Julia.

Gesagt, getan. Schnell war die Facebook-Gruppe 'Porzer and Friends helfen Flüchtlingskindern' ins Leben gerufen. Und die Idee kam dann fast von selbst: Kinder, die am Drehkreuz Köln ankommen, mit einer 'Willkommens-Tasche' begrüßen, in der Malsachen in allen Formen und Farben, aber auch Haarbürsten, Haargummis,  Stofftiere und Spielzeugautos zu finden sind.

Daniela Schäfer erinnert sich noch lebhaft an den Start der Aktion: "Ich hab einfach mal die Nummer der städtischen Flüchtlingshilfe gewählt. Dort fand man meine Idee gut und versprach, sich in einigen Tagen zurückzumelden. Ich legte auf und knapp zwei Minuten später klingelte mein Handy. Eine Stimme fragte: 'Wie spontan sind Sie'? Keine zwei Stunden später waren wir mit unseren Taschen am Drehkreuz Köln."

Das war Mitte September. Seitdem ist die Gruppe nicht nur um einige engagierte Helfer gewachsen, sondern hat die Taschen-Aktion auch um ein weiteres, tolles Element erweitert: die Gruppe hat eigene Malbücher angefertigt, die zeitgleich als kleine 'Lernbücher' dienen, mit dem Alphabet und ersten einfachen Wörtern zum Ausmalen.

„Die Kinder sind wirklich neugierig und wissbegierig und freuen sich über jedes Wort, das sie lernen." sagt Linda, Organisatorin und Koordinatorin der Mal- und Lernbücher. „Und wenn die Eltern mal in die Bücher reinschauen, kann das ja auch nicht schaden." fügt sie enthusiastisch hinzu.

Linda packt ebenfalls regelmäßig am Kölner Drehkreuz mit an. „Es ist unglaublich schön zu sehen, wie die Kinder die Taschen aufmachen, erstaunt reingucken und sich dann einfach nur freuen. Die tragen die Taschen dann auch wie einen Schatz mit sich rum."

In dem Zelt am Drehkreuz haben 'Porzer and Friends' eine kleine Spielecke mit Büchern, Spielzeug, einem Tisch, Malsachen und bunten Luftballons aufgebaut. Alles mit dem Ziel, den Kindern für ein, zwei Stunden einfach mal ein bisschen Ablenkung zu verschaffen. „Wenn die Familien im Zelt ankommen wird oft erst Mal etwas warmes gegessen. Während die meisten Erwachsenen erschöpft sind und sich danach etwas ausruhen wollen, sind die Kinder natürlich auf den Beinen. Rumsitzen ist doch nichts für die und da kommt dann unsere Spielecke genau richtig." Malen, spielen, Seifenblasen jagen, Luftballons aufpusten. Die Verständigung zwischen den Helfern und Kindern funktioniert reibungslos. „Man braucht keine Fremdsprachenkenntnisse, um mit einem Kind zusammen was auszumalen." sagt Linda, selbst Mutter einer kleinen Tochter.  

Die Gruppe 'Porzer and Friends' besteht komplett aus ehrenamtlichen Helfern, die sich allesamt neben Beruf und eigener Familie dem Taschen-Projekt widmen. Ein großartiges Engagement, das weiterhin aktiv ist und sich über Spenden, aber auch helfende Hände beim Packen, Tüten nähen und Verteilen vor Ort unglaublich freut. Auf der 'Porzer and Friends' Facebookseite kann man Daniela und Julia kontaktieren, Termine für Spendensammeltermine erfahren - und für alle, die nicht mit anpacken können, erfahren, wo man Geld spenden kann, damit die Gruppe noch mehr Lern-Malbücher drucken lassen kann. Die erste Auflage von 1500 Stück, die ebenfalls komplett aus Spenden entstanden ist, ist inzwischen geliefert und wird mit Sicherheit ruck zuck seinen Weg in Kinderhände finden

Sachspenden, die gebraucht werden:

# Malblöcke und Malbücher
# Stifte in allen Variationen: Buntstifte, Bleistifte, Filzstifte, Wachsmaler
# Anspitzer und Radiergummis
# Kleine Stofftiere
# Luftballons
# Taschentücher       
# Haargummis, Klämmerchen
# Spielzeugautos
# Kinderhaarbürsten
# und - ganz wichtig - Seifenblasen

Nach ein, zwei Stunden geht es dann weiter. Die Kinder und ihre Familie werden in Bussen zu den verschiedenen Unterkünften gebracht. 'Porzer und Friends' räumen zusammen und sind zufrieden. Ihre Taschen sind alle ausgegeben, es hätten sogar ruhig noch mehr sein können. Zum Glück waren noch Boxen mit Spielzeugautos, Seifenblasen und Luftballons da, aus denen die Kinder sich was aussuchen und mitnehmen durften. „Ein Junge hatte so viel Spaß mit den Luftballons, da hab ich ihm drei zum Mitnehmen in die Hand gedrückt, damit er die später aufpusten und damit spielen kann," erzählt Linda. „Er hat sich alle drei Luftballons angeguckt, sich eine Farbe ausgesucht und mir die restlichen zwei wiedergegeben. Da musste ich Überzeugungsarbeit leisten, dass er wirklich alle drei behalten durfte. Da war er ganz erstaunt."

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Tüten voller Glück für Flüchtlingskinder in Köln

Ein Beitrag von Aileen Elsner