Früher. Früher lebte Paulo Amotun Lokoro mit seiner Familie im Süd-Sudan, wo er als Viehhirte arbeitete. Dann kam der Bürgerkrieg. Die Zeit von damals kommt ihm lange her vor.

Als der Krieg losbrachte, sind wir geflohen. Wir versteckten uns in der Steppe und blieben da. Auch wenn es dort nicht zu essen gab außer ein paar Früchten."

Da der Bürgerkrieg weiter tobte und er nicht nach Hause konnte, erreichten Paulo und seine Familie irgendwann das Flüchtlingscamp Kakuma in Kenia. In dem Camp leben mehr als 190.000 Menschen, die fast alle vor dem Bürgerkrieg geflohen sind.

Paulo ging im Camp zur Schule und nahm auch am Sportunterricht teil. Was ihm gut gefiel. Bereits nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass er ein ziemlich guter Sportler war. Das Talent erkannte auch die 'Tegla Loroupe Foundation', die Paulo kurzerhand rekrutierte und ins Flüchtlingsteam für Olympia aufnahm.

Jetzt wird Paulo im 1500m-Rennen in Rio starten. Und könnte über diese Chance nicht glücklicher sein: „Als ich hier [im Flüchtlingscamp] ankam, hatte ich nicht mal ein Paar Schuhe. Inzwischen habe ich trainiert und trainiert, bis ich zu einem richtigen Athleten wurde."

Image: Claire Thomas/IOC

Trainiert wird Paulo von der ehemaligen Olympia-Teilnehmerin und Weltrekordhalterin für 20, 25 und 30km Marathon Tegla Loroupe, die auch die gleichnamige Stiftung gegründet und Paulo entdeckt hat.
Zusammen mit vier weiteren Läufern aus dem Kakuma Flüchtlingscamp bereiten sie sich intensiv auf die Spiele in Rio vor.

Und Paulo ist ambitioniert: „Mein Traum wäre es, den Rekord zu brechen. Eine Medaille zu gewinnen, am besten Gold, das ist mein Traum."

Paulo kämpft hart, um diesen Traum zu erfüllen. Er lässt sich von seinen Erfahrungen aus seinem früheren Leben antreiben. Denn er will, dass es seiner Familie, aber auch all den anderen Flüchtlingen, besser geht. 

„Ich bin so glücklich", sagte er in einem Interview mit dem UNHCR. „Ich weiß, dass ich im Namen aller Flüchtlinge antrete. Ich war ein Flüchtling in einem Camp, und ich weiß, wo ich jetzt stehe, das ist etwas Besonderes. Meine Leute werden mich im Fernsehen sehen können, auf Facebook." 

Image: Claire Thomas/IOC

Und auch seine Pläne für die Zeit nach Olympia stehen bereits fest: nachdem er Gold gewonnen hat, will er seinen Gewinn nutzen, um seine Familie zu unterstützen.

Paulo und das Flüchtlingsteam treten bei den diesjährigen olympischen Spielen als Zeichen der Hoffnung und Solidarität an. Solidarität mit den Millionen Vertriebenen, die weit ab von ihrem Zuhause sind und die Hoffnung auf eine bessere und gesicherte Zukunft für sich und ihre Familie hegen.

Wer Paulo Amotun Lokoro anfeuern will, kann das übernächste Woche tun, wenn er startet:
Leichtathletik, 1500m, Männer, Dienstag, 16. August

Go Paulo!

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Gerechtigkeit fordern

Als Paulo flüchtete, besaß er nicht ein einziges Paar Schuhe - jetzt läuft er bei Olympia

Ein Beitrag von Krista Watson