Nyombi Morris ist ein 24-jähriger ugandischer Klimaaktivist und Social Media Manager für die gemeinnützige Organisation Rise Up Movement, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzt.

Hier berichtet er über seine Erfahrungen, als jemand, der in einer einkommensschwachen Gemeinde aufwuchs, die direkt von Wetterextremen durch die Klimakrise und Plastikverschmutzung betroffen war – und wie er seinen Weg zum Klimaaktivismus fand.

Die Klimakrise steht diesen November im Mittelpunkt, wenn die Staats- und Regierungschef*innen der Welt in Scharm El-Scheich, Ägypten, zur UN-Klimakonferenz COP27 zusammenkommen. Sie müssen entschiedene Maßnahmen ergreifen, um den Temperaturanstieg durch die Senkung der Kohlenstoffdioxidemissionen einzudämmen und zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen, um die von der Klimakrise bedrohten Länder dabei zu unterstützen, sich gegen diese Auswirkungen zu wappnen.


Mein Name ist Nyombi Morris. Ich wurde am 28. März 1998 geboren und bin ein Klimaaktivist aus Uganda. Außerdem bin ich Social Media Manager bei Rise Up Movement, einer gemeinnützigen Organisation, die 2018 von der Klimaaktivistin Vanessa Nakate gegründet wurde. Unsere Aufgabe ist es, die Klimakrise zu bekämpfen und die Stimmen von Klimaaktivist*innen in Afrika zu stärken.

Die Idee einer Welt, in der die natürlichen Ressourcen und das Leben der Menschen geachtet und über den Profit gestellt werden, bedeutet mir sehr viel. Deshalb bin ich hier – um diese Welt Wirklichkeit werden zu lassen.

Während meiner Kindheit in Uganda hatte ich Schwierigkeiten, etwas zu essen oder einen Platz zum Schlafen zu finden und eine Ausbildung zu machen. Deshalb habe ich mein Studium nicht abgeschlossen und meinen Traum, ein humanitärer Helfer und einflussreicher Nachrichtenredakteur in meinem Land zu werden, nicht verwirklichen können.

Ich bin mit meiner Mutter und zwei Geschwistern, einer Schwester und einem Bruder, aufgewachsen. Mein Vater verließ uns, als ich sechs Jahre alt war. Er ist nicht gestorben, er ist einfach mit einer anderen Frau verschwunden. Das bedeutete, dass meine Mutter, die sich die Miete nicht leisten konnte und nicht einmal ein einziges Zimmer in Kampala kriegen konnte, nach allen möglichen Mitteln suchen musste, um für uns zu sorgen.

Sie zog mit uns in ein Slumgebiet namens Luzira, wo es billigere Häuser gab, in der Nähe unserer Großmutter. Von dort aus versorgte meine Mutter drei kleine Kinder. Sie musste sich um Essen kümmern und mein Schulgeld und die Miete bezahlen. Glücklicherweise war ich in der Grundschule sehr gut und bekam ein Stipendium für eine weiterführende Schule, wo ich kostenlos mein Abitur machen konnte.

Nach vier Jahren offenbarte mir meine Mutter, dass sie finanziell nicht mehr in der Lage sei, meine Ausbildung zu finanzieren, also brachte sie mich zu einem Institut, wo ich ein weiteres Stipendium für zwei Jahre erhielt. Dort machte ich mein Zertifikat in IT/Informatik. Ich habe sehr gute Leistungen erbracht, aber ich habe meinen Abschluss nicht gemacht, weil ich die Abschlussgebühren nicht bezahlen konnte. Also habe ich im Januar 2019 erst mein Zeugnis abgeholt.

Während der Zeit, als wir in Luzira lebten, waren wir mit vielen Herausforderungen durch die Klimakrise konfrontiert. Meine Mutter ging mit zwei Kindern auf dem Rücken zur Arbeit, während ich in der Schule war. Oftmals, wenn wir zurückkamen, fanden wir all unsere Sachen – wie Kleidung und Geschirr – in den Fluten im Haus schwimmend vor. Wir haben unsere Habseligkeiten und Geld verloren, wenn es geregnet hat und wir nicht zu Hause waren.

Schließlich kamen wir an einen Punkt, an dem wir unsere wichtigsten Besitztümer wie Fernseher, Radio und andere ausräumen und zu unserer Großmutter bringen mussten. Die größte Herausforderung bestand darin, dass Luzira direkt am Viktoriasee liegt und der See bei starkem Regen volllief, so dass die Menschen in der Umgebung gezwungen waren, umzuziehen.

Eine Nacht im November 2014 werde ich nie vergessen. Es fing an zu regnen, der Strom fiel aus und mitten in der Nacht lief Wasser in unser Zimmer. Meine Mutter weckte mich auf, um unsere Kleidung und Bücher hinaus zu tragen. Sie trug meine Geschwister aus dem Haus und mit nur einem Handy als Lichtquelle standen wir die ganze Nacht im Freien. Am nächsten Morgen gingen wir zum Haus unserer Oma. Dort war es etwas sicherer, während unser Haus nach den starken Regenfällen und Überschwemmungen fast eingestürzt war. 

Es dauerte einige Zeit, bis ich die Hauptursache für diese Überschwemmung erkannte. Ich war draußen, um Geschirr zu waschen, als es zu regnen begann. Ich sah mehrere Leute, die mit Eimern voller Müll schnell davonliefen. Sie schütteten den Müll in das Abwassersystem, das nur für die Ableitung von Wasser gebaut worden war. Das bedeutete, dass die Abfälle den Wasserfluss blockierten und das Abwassersystem verstopften.

Die heftigen Regenfälle hatten das Abwassersystem bereits überlastet, und es drohten Überschwemmungen. Als ich sie fragte: "Warum macht ihr das?", antwortete eine Person: "Wir können diesen Müll nicht verbrennen und selbst die Firma, die wir für die Abholung des Mülls bezahlen, kommt nicht mehr. Wir haben versucht, die Regierung zu bitten, uns zu helfen. Aber niemand hört uns zu, was können wir also tun? Warum nutzen wir nicht den Regen, um den Müll abzutransportieren?"

Ich sah sie an und war sprachlos, denn irgendwo hatte sie Recht. Es ist sehr schwer, in meiner Gegend zwei bis drei Leute zu finden, die die Möglichkeit hatten, zur Schule zu gehen. Und selbst diejenigen, die konnten, wurden nicht über die Klimakrise unterrichtet, so dass die Menschen die Auswirkungen ihres eigenen Verhaltens nicht verstanden. Außerdem fiel es den Gemeindemitgliedern schwer, Plastik von ihrem Müll zu trennen und passende Orte zu finden, an denen sie es entsorgen konnten. So begann ich, über die Umwelt nachzudenken.

Im Jahr 2019 hatte ich nach Abschluss meines IT-Kurses keinen Job und verbrachte daher viel Zeit vor dem Fernseher. Eines Tages sah ich in den Nachrichten einen Bericht über ein Mädchen, das vor dem Parlament stand und die Regierung aufforderte, etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen. Ich machte mich auf Facebook auf die Suche nach ihr und glücklicherweise war sie in meiner Freundesliste.

Ich schickte ihr fünf Nachrichten mit der Bitte um ein Treffen, und nach ein paar Tagen antwortete sie mir. Rate mal, wer dieses Mädchen war? Vanessa Nakate. Wir trafen uns und diskutierten viel über die Klimakrise und ihre Auswirkungen. Als ich nach Hause zurückkehrte, dachte ich darüber nach und stellte fest, dass es genau das war, was ich in meiner Kindheit erlebt hatte. Im September 2019 beschloss ich, Aktivist zu werden. Durch Vanessa Nakate inspiriert, beschloss ich, meine Gemeinde über die Klimakrise aufzuklären.

In Uganda ist es nicht so einfach, Aktivist zu werden, denn Aktivismus ist eine gefährliche Arbeit und wird oft als Verbrechen behandelt. Im September 2020 wurden Teile des Bugoma-Waldes gerodet, um Zuckerrohrplantagen anzulegen. Als Reaktion darauf schloss ich mich anderen besorgten jungen Menschen an und ging hinaus, um Druck auf die Nationale Umweltmanagementbehörde (NEMA) auszuüben. Wir wollten, dass sie uns sagen, warum sie den Verkauf unseres Waldes an ein Zuckerrohrunternehmen genehmigt haben.

Kurz nach dem Protest wurden fünf Twitter-Konten gesperrt, darunter auch meines. Es hat anderthalb Monate gedauert, bis Twitter unsere Konten wieder freigeschaltet hat, nachdem verschiedene Personen, darunter auch Greta Thurnberg, darum gebeten hatten. Ich glaube, dass das Einfrieren unserer Konten ein Mittel war, um uns zum Schweigen zu bringen. Als wir unsere Konten zurückerhielten, gaben wir diesen Wald auf. Ich habe nicht aufgegeben, weil ich es wollte, sondern weil ich dort, wo ich wohne, nicht sicher bin und mir Sorgen mache, was mit mir passieren könnte. Ich hatte das Gefühl, dass mein Leben in Gefahr war.

Am 25. März 2021 ging ich zu meinem üblichen Protest. Ich hatte mich der von Greta Thunberg ins Leben gerufenen weltweiten Bewegung Fridays for Future angeschlossen. Normalerweise gehe ich immer freitags, aber in dieser Woche ging ich am Donnerstag mit meinem Bruder. An diesem Tag hatte ich nur fünf Minuten mit meinem Plakat am Straßenrand gestanden, als ein Polizeifahrzeug auftauchte.

Die Beamt*innen sprangen vom Lkw, packten mich und meinen Bruder und fingen an, uns zu verhören: "Für wen arbeitest du?" Ich sagte ihnen, dass ich für niemanden arbeite und dass ich ein Klimaaktivist bin, der versucht, den Menschen beizubringen, was man gegen die steigenden Temperaturen und die globale Erwärmung tun kann.

Ich sagte: "Jede*r hat eine Wasserflasche dabei, weil es zu heiß ist, unsere Wälder werden verkauft, unsere natürlichen Ressourcen werden zerstört, deshalb fordere ich Klimagerechtigkeit. Ich bin unpolitisch und gehöre keiner politischen Partei an. Ihr könnt mein Plakat sehen." 

Nachdem ich das erklärt hatte, schlug mich ein Beamter, ein anderer trat mir in den Bauch und sagte: "Siehst du nicht, dass du zur Gewalt anstiftest?" und verlangte, dass ich ihnen mein Telefon gebe. Ich fing an, sie anzuflehen und zu bitten, mich nicht ins Gefängnis zu bringen. Mein Bruder hatte bereits angefangen zu weinen. Als sie sahen, dass sich Menschen versammelt hatten, ließen sie uns frei.

Sie sagten mir, ich solle nach Hause gehen und drohten, dass sie uns das nächste Mal, wenn sie uns sehen, ins Hochsicherheitsgefängnis bringen und wir dort für immer bleiben würden. Sie haben mein Plakat und mein Telefon konfisziert, also arbeite ich jetzt daran, beides zu ersetzen. Ich werde den Ort wechseln, an dem ich protestiert habe, weil ich befürchte, dass sie mich verhaften könnten. Aber ich werde nicht aufhören zu protestieren.

Was ich mir wirklich wünsche, ist, dass die Politiker*innen ihr Verhalten ändern und anfangen, das Leben von Menschen zu schätzen. Die führenden Politiker*innen haben es versäumt, den Klimawandel als Krise zu behandeln, und ich glaube, das liegt daran, dass sie denken, er wird sie nie betreffen. Die Lösung für die Klimakrise ist sehr einfach. Die Entscheidungsträger*innen müssen ihr Verhalten ändern, mit den Menschen reden, wie sie es im Wahlkampf getan haben und genau zuhören, was ihre Wähler*innen wollen. Wenn sie dazu nicht in der Lage sind, müssen wir eine neue Führung einsetzen, die die Menschen über den Profit stellt.

Wir sind der Heuchler*innen überdrüssig. Ich versuche immer, meine Leute und diejenigen, die mir in den sozialen Medien folgen, daran zu erinnern, dass sie an die Kraft ihrer eigenen Stimme glauben sollen. Je mehr Lärm man macht, je mehr Verantwortung man von seinen Politiker*innen einfordert, desto mehr wird sich die Welt zum Besseren verändern. Deshalb fällt es mir auch schwer, aufzugeben.

In Zukunft möchte ich in Uganda ein Recyclingprojekt namens Used Plastics ins Leben rufen, das sich vor allem auf die Bekämpfung der Plastikverschmutzung konzentrieren wird. Ich möchte Recycling fördern, weil wir aus gebrauchten Kunststoffen neue Produkte herstellen und ihnen durch Wiederverwendung ein neues Leben geben können. Im Moment bin ich in den sozialen Medien unterwegs, vor allem auf Instagram und versuche, ein Publikum aufzubauen und die Menschen für den Kampf gegen Plastikmüll zu mobilisieren.

Ich habe mich für Plastik entschieden, weil in den letzten Jahren viele Aktivist*innen (mich eingeschlossen) den Menschen gepredigt haben, mehr Bäume zu pflanzen und unsere Wälder zu schützen. Bisher habe ich in zwei Jahren mindestens 100 Bäume gepflanzt, aber ich habe eines der gefährlichsten Dinge auf unserem Planeten ignoriert, und das ist Plastikmüll. Es dauert sehr lange, bis sich Plastikmüll vollständig zersetzt hat, es kann Jahrzehnte dauern.

Es wird jedoch schnell in Mikroplastik zerlegt. Aus einem Bericht der US-Umweltschutzbehörde vom Oktober 2020 geht hervor, dass Plastikmüll nicht nur Meerestiere tötet, sondern inzwischen in jedem Teil der Nahrungskette zu finden ist, vom Trinkwasser bis zum Salz. In demselben Bericht heißt es, es bestehe die Befürchtung, dass sich das Plastik im Meer in den nächsten zehn Jahren verdreifachen wird, wenn wir nicht die Rolle berücksichtigen, die Wissenschaft und Technologie beim Verständnis und bei der Lösung von Problemen spielen können, die seit langem die im und außerhalb des Wassers lebenden Tiere betreffen.


Mehr aus der Reihe "In My Own Words" kannst du hier lesen.

In My Own Words

Umwelt schützen

Überschwemmungen waren Teil meiner Kindheit. Ich bin es leid, dass die führenden Politiker*innen der Welt so tun, als würden sie etwas für den Klimaschutz tun.

Ein Beitrag von Nyombi Morris