Warum das wichtig ist
Noch immer werden junge Frauen weltweit als Sexsklavinnen verkauft und damit ihrer Freiheit, ihren Bildungschancen und ihrer Hoffnung auf eine bessere Zukunft beraubt. Regierungen können diesem Missbrauch entgegenwirken, indem sie strenge Gesetze gegen den Menschenhandel implementieren. Setze dich hier mit uns für mehr Gleichberechtigung weltweit ein.

Embed from Getty Images

Anuradha Koirala wusste schon früh, dass es ihre Berufung ist, Menschen zu helfen. Als Inspiration diente ihr die indische Missionarin und Friedensnobelpreisträgerin, die wir alle als “Mutter Teresa“ kennen.

Getreu ihrem Vorbild beschloss Koirala, junge Kinder in Kathmandu, Nepal, zu unterrichten. Zwei Jahrzehnte später begann sie, Frauen und Mädchen vor Gewalt, Menschenhandel und Ausbeutung zu schützen.

Koiralas Mission begann bereits in den frühen 1990er Jahren: Auf ihren morgendlichen Spaziergängen zum Pashupatinath Tempel in Kathmandu traf sie oft auf bettelnde Frauen. Da sie sich ihnen verbunden fühlte, kam sie mit ihnen ins Gespräch. Die Frauen erzählten ihr, dass sie alle Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt geworden waren. In ihrem TEDx Talk “Stop selling our girls“ (zu deutsch: “Hört auf, unsere Mädchen zu verkaufen”) im Jahr 2015 erinnert sich Koirala an ihre Geschichten.

Koirala war der Schmerz dieser Frauen nur allzu vertraut. Sie hatte selbst extreme körperliche Gewalt durch ihren Ex-Mann erfahren.

“Jeden Tag gab es mehrmals Schläge. Ich hatte drei Fehlgeburten und nehme an, dass diese von den Schlägen kamen. Es war sehr schwierig, weil ich in diesen Tagen nicht wusste, wo ich hingehen sollte, um es zu melden [oder] mit wem ich … sprechen könnte“, sagte sie 2010 gegenüber CNN.

Durch ihre eigenen traumatischen Erfahrungen entschied sich Koirala dazu, ihren Beruf zu wechseln.

Sie begann damit, die Frauen von der Straße über geschlechtsspezifische Gewalt und Frauenrechte aufzuklären. Sie bot ihnen an, sie finanziell bei ihrem Lebenswandel zu unterstützen – vorausgesetzt, dass sie mit dem Betteln aufhörten.

Zunächst nahmen nur acht Frauen ihr Angebot an. Koirala gab jeder von ihnen 1.000 Rupien von ihren knappen Einkünften ab, mit denen die Frauen kleinere Geschäfte eröffnen konnten. Einen kleinen Teil von ihrem Profit – zwei Rupien am Tag – sammelte Koirala ein, um weiteren bedürftigen Frauen Sicherheit und wirtschaftliche Perspektiven bieten zu können.

Bald darauf weitete sie ihre Mission aus und gründete 1993 “Maiti Nepal“ – eine Non-Profit-Organisation, die ausgebeuteten Frauen und Mädchen seit nunmehr 26 Jahren als Zuflucht dient.

Als Aktivistin und Menschenrechtlerin hat sich Koirala besonders dem Kampf gegen den Sexhandel verpflichtet. Dieser weitestgehend ungezügelte Handel zwingt junge Mädchen aus benachteiligten Gemeinden an der Grenze zwischen Nepal und Indien dazu, sich in die Sexsklaverei verkaufen zu lassen.

“In diesen armen Regionen ist Analphabetismus weit verbreitet. Wenn ein Verwandter oder ein Freund jemanden einen Job anbietet, sind es oft die Eltern selbst, die ihre Mädchen dazu ermutigen, den Job anzunehmen, ohne wirklich zu wissen, was dann passiert“, erzählt Koirala dem Guardian. “Für Menschenhändler sind das ideale Voraussetzungen.“

Embed from Getty Images

Die Organisation “Maiti Nepal“, die mittlerweile über 1.000 Mädchen versorgt, hat bereits drei Vorsorgeeinrichtungen ins Leben gerufen, in denen gefährdete Mädchen identifiziert und über die Gefahren des Menschenhandels aufgeklärt werden. Zudem verfügt “Maiti Nepal“ über elf Auffangstationen, in denen gerettete Mädchen unterkommen können. Zwei Kliniken, in denen Frauen und Mädchen, die sich mit HIV/AIDS infiziert haben, behandelt werden können und eine eigene Schule, hat die Organisation ebenfalls geschaffen.

Heute ist Koirala 70 Jahre alt. Mit ihrer Organisation kämpft sie weiterhin gegen den Sexhandel. Dafür arbeitete sie mit vielen Initiativen, wie Kampagnen zu Achtsamkeit, Aktionen zur Stärkung von Frauen und Ausbildungsprogrammen für Frauen und Kinder zusammen.

In Kooperation mit einer lokalen Rechtsbehörde führt “Maiti Nepal“ regular Rettungsaktionen durch und hält mittlerweile an 26 Punkten an der indisch-nepalesischen Grenze Wache, um den Menschenhandel einzudämmen. Seit ihrer Gründung konnte die Organisation so bereits über 18.000 Mädchen vor dem Sexhandel retten. Das berichtete Koirala auf der Global Peace Leadership Conference in 2012.

“Wenn ich ihren Schmerz sehe – den mentalen als auch den körperlichen Schmerz – dann nimmt mich das so mit, dass ich mich nicht abwenden kann. Das gibt mit die Kraft, dieses Verbrechen ein für alle Mal auszulöschen“, sagte Koirala in einem Telefoninterview mit der Non-Profit-Organisation “The Borgen Project”.

“Maiti Nepal“ hilft auch dabei, Menschenhändler aufzuspüren und konnte so zu der Festnahme von über 700 Kriminellen beitragen.

Während es einigen Mädchen gelingt, sich von ihren Traumata aus der Sexsklaverei zu erholen und wieder ein normales Leben aufzunehmen, haben andere weniger Glück. Einige Überlebende haben sich mit HIV infiziert und benötigen eine antiretroviral Therapie, um den Virus in Schach zu halten. Da die Behandlung die Ausbreitung des HI-Virus verlangsamen und das Risiko einer Übertragung reduzieren kann, versorgt “Maiti Nepal“ die betroffenen Frauen und Kinder mit den nötigen medizinischen Hilfsmitteln.  

Für ihren unermüdlichen Einsatz wurde Koirala bereits international anerkannt und mit mehreren lokalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. CNN verlieh ihr 2010 den “Hero of the Year“ Award, durch den sie 125.000 USD für ihre Arbeit erhielt.

Embed from Getty Images

Während der Preisverleihung sagte Koirala in einem Video: “Stellen sie sich einfach kurz vor, was passieren würde, wenn ihre Tochter dort stehen würde (...), was würden sie tun? Wie würden sie dagegen ankämpfen? Sie müssen sich unserem Kampf anschließen. Sie müssen jedes Kind als ihre eigene Tochter ansehen.“

“Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der es keinen Menschenhandel gibt“, fügte sie hinzu, während sich ihre Augen mit Tränen füllten. “Ich hoffe, dass ich das eines Tages erreichen werde.“

Profiles

Gerechtigkeit fordern

Nepals “Mutter Teresa“ hat über 18.000 Mädchen vor Sexhandel bewahrt

Ein Beitrag von Gabrielle Deonath  und  Pia Gralki