Manchmal vergesse ich, auf wie viele unterschiedliche Arten man ein Global Citizen sein kann. Die Geschichte von Peatónito aus Mexiko City hat mir das einmal mehr ins Gedächtnis gerufen.

Häufig ist man überwältigt von dem, was in der Welt vor sich geht, und fühlt sich ratlos, weil man nicht weiß, wie man helfen kann. Ich meine, ich bin kein Politiker oder Unternehmer, der die nötigen Ressourcen hätte, um etwas zu tun. Was soll ich alleine also schon leisten können?

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Doch manchmal reicht es, einfach Mal ein bisschen kreativ zu sein.

Mexico City ist mit über 20 Millionen Menschen die viertgrößten Stadt der Welt. Wen wundert es da, dass das regelmäßig zu einem riesigen Verkehrschaos führt. Doch damit ist die Stadt nicht allein. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass in ganz Mexiko über 16.700 Menschen jedes Jahr bei Verkehrsunfällen sterben. Davon sind ein Drittel Fußgänger, Fahrradfahrer und Motorradfahrer und die große Mehrheit der Menschen, die in Verkehrsunfällen getötet oder verletzt werden, sind zwischen 15 und 29 Jahren. Allein in Mexico City sterben jährlich rund 500 Fußgänger bei Verkehrsunfällen.

Trotz dieser erschreckenden Statistiken und obwohl gerade mal 30% aller Wege von A nach B in Mexico City mit dem Auto gemacht werden (die meisten Menschen laufen oder fahren Fahrrad), hat sich die Stadtverwaltung nie besonders um Sicherheitsvorkehrungen für Fußgänger und Fahrradfahrer gekümmert. Der Verkehr ist chaotisch, der öffentliche Nahverkehr funktioniert nicht gut und die Botschaft an die Bewohner scheint zu sein: auf die Straße gehen nur auf eigene Gefahr! 

Image: Flickr- City Clock Magazine

Und genau da ist Peatónito auf der Bildfläche aufgetaucht. Seinen Namen kann man als “Fußgänger-Mann” übersetzen und sein Ziel ist es, “für die Rechte von Fußgängern zu kämpfen”.

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Meistens wird Peatónito jedoch mit seinem bürgerlichen Namen Jorge Cáñez angesprochen. Er ist 29 Jahre alt, hat Politik studiert und arbeitet jetzt in einem Forschungszentrum für neue Technologien. Er ist ein ganz normaler Typ. Fast. Denn Jorge hat sich, wie viele andere Menschen auch, darüber aufgeregt, wie schlecht der öffentliche Nahverkehr ist und wie gefährlich es ist, durch die Stadt zu laufen. Doch statt sich nur zu beschweren, wie die meisten Menschen (inklusive mir selbst) es getan hätten, hat Cáñez sich dazu entschieden, etwas zu unternehmen. Und so hat er 2012 den Superhelden ‘Peatónito’ erfunden.

Inzwischen kann man Peatónito zweimal in der Woche in seinem schwarz-weiß gestreiften Umhang und der mexikanischen Wrestler-Maske an Mexico Citys größter Straßenkreuzungen antreffen, wo er kleinere und größere Verkehrsvergehen aufdeckt. Bewaffnet mit den Straßenverkehrsregeln und weißem Spray zieht er auch mal die Linien auf der Straße nach. Peatónito macht die Straßen sicherer, indem er Menschen über die Straße hilft, Autofahrer verwarnt, die gerade eine Verkehrsregel gebrochen haben, und, wenn es sein muss, Autos, die auf dem Fußgängerweg stehen, aus eigener Kraft wegschiebt.

#peatonito - Mexico City's own pedestrian rights advocate/luchador.

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Dank Peatónito und anderer Aktivisten, die durch ihre Aktionen Druck auf die Stadtverwaltung gemacht haben, gibt es inzwischen eine Reihe von Erfolgen zu verzeichnen. So hat die Stadt im August 2015 neue Straßenverkehrsregeln eingeführt, unter anderem wurde hierbei das Tempolimit gesenkt. Für 2016 ist es das Ziel Peatónitos und seinen Mitstreitern, dass mehr Gelder in Verkehrsprojekte fließen, die nicht dem Autoverkehr dienen.

Natürlich erwarte ich nicht, das Global Citizens nun anfangen, sich als Superhelden zu verkleiden um die Straßen einzunehmen. Trotzdem zeigt Peatónitos Geschichte, wie ‘ganz normale’ Menschen etwas verändern können. Wenn wir nur ein bisschen kreativ werden und nicht davor zurückschrecken, für das einzustehen, woran wir glauben, können wir die Welt ein wenig besser machen. Peatónito erklärt, wie wirksam es war, die “Lucha Libre”-Figur in seine Rolle zu integrieren. Sie ist Teil mexikanischer Kultur, mit der sich Einheimische identifizieren, und, noch wichtiger, sie bringt Menschen zum Lachen. Die Welt kann einiges von Peatónito lernen, wie man Aktivismus humorvoll und aufregend macht, ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren.

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Wenn du also das nächste Mal über Probleme in deiner Stadt frustriert bist, frag dich selbst: WWPT? (“Was würde Peatónito tun”). Anstatt dich einfach nur zu ärgern, wende dich an deine Stadtverwaltung. Es ist ihre Aufgabe, sich öffentlichen Anfragen anzunehmen. Doch das machen sie nur, wenn die Öffentlichkeit auch Fragen stellt und Sachen einfordert.

Außerdem gibt das nachhaltige Entwickungsziel Nr. 11 der Global Goals vor, wie Städte in der Zukunft sein sollen: und zwar sauber, effizient und sie sollen den Menschen dienen.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Der “Superheld”, der alles für Mexico City tun würde

Ein Beitrag von Nicki Fleischner