Jedes dritte Mädchen in Entwicklungsländern wird noch vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet. Fast immer unter Zwang. Und wenn sich an diesen Zahlen nichts ändert, kann man davon ausgehen, dass in den kommen 10 Jahren 150 Millionen Mädchen noch vor ihrem 18 Geburtstag zwangsverheiratet werden.

Das sind 41.000 Mädchen pro Tag. Ja, PRO TAG für die nächsten 10 Jahre. Die Zahl muss man sich mal vor Augen halten.

Warum geben Familien ihre Töchter überhaupt in so jungen Jahren her? Neben religiösen Gründen liegt das sehr oft an dem traditionell zu entrichtenden Brautpreis, den die Familie des Mädchens an den zukünftigen Ehemann zahlen muss. Umso jünger ein Mädchen ist, umso niedriger der Preis, da ein Mädchen in jungen Jahren weniger arbeiten kann als eine ausgewachsene Frau. Vor allem für arme Familien kann das also der ausschlaggebende Grund sein, da sie sich eine spätere Heirat schlichtweg nicht leisten können. Außerdem muss die Familie nach dem Entzug der Tochter eine Person weniger satt kriegen.

Mit sehr neugierigen Augen habe ich daher die Ergebnisse der von der Organisation Humanosphere durchgeführten Studien gelesen, die Untersuchungen in Äthiopien und Tansania zum Thema Kinderheirat von Mädchen durchgeführt haben. Sowohl in Tansania als auch Äthiopien ist die Rate der minderjährigen Mädchen, die auf Druck ihrer Eltern mit einem erwachsenen Mann zwangsverheiratet werden, besonders hoch.

Die Untersuchungen konzentrierten sich auf die Frage, welche Faktoren dazu beitragen, Mädchen vor solchen Zwangsehen zu bewahren, also welche Anreize geschafft werden müssten - und einer fiel dabei besonders ins Auge, da er sich als besonders effektiv herausstellte: dem betroffenen Mädchen bzw. den Familien der Mädchen Kleinvieh wie ein paar Hühner oder eine Ziege zu geben. 

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So verrückt das klingt, aber die Studie konnte explizit feststellen: in Tansania führt bereits eine Ziege (und in Äthiopien bereits 2 Hühner) dazu, dass Töchter auffällig weniger zwangsverheiratet wurden, als in Familien ohne dieses Kleinvieh.

Und es scheint durchaus logisch: arme Familien, die auf einmal Kleinvieh besitzen, erlangen dadurch eine bessere finanzielle Stabilität. Hühner legen Eier und Ziegen geben Milch - alles Produkte, die die Familie sowohl selber verzehren, als auch verkaufen kann, um so Geld zu verdienen. Und so gering diese Beträge uns auch erscheinen mögen, macht es doch einen entscheidenden Unterschied für Familien in diesen Ländern, die in extremer Armut leben. Und wenn eine Familie finanziell besser dasteht, schwindet auch der Druck, die eigene Tochter aus finanziellen Gründen recht früh hergeben zu müssen.

Und es kommt noch besser: die Mädchen haben somit auch häufiger die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen und abzuschließen, was dazu führt, dass immer mehr Mädchen Bildung erlangen! Wichtige Bildung, die ihnen Kenntnisse wie Lesen und Schreiben vermitteln, so dass sie dazu befähigt werden, sich besser aus eigener Kraft aus der Armut zu befreien.

Bildung, die ihnen beibringt, dass ihr Körper ihnen gehört und nicht ihrer Familie oder einem Mann, so dass sie daraus ein besseres Bewusstsein und Selbstwertgefühl für sich selbst entwickeln können. Weitere Studien belegen außerdem, dass wenn ein Mädchen die Möglichkeit hatte, eine Schule zu besuchen, sie weitaus gewillter ist, ihre eigenen Kinder später in die Schule zu schicken. Ein Kreislauf, den man besser heute als morgen starten sollte. 

Diese neuen Studien unterstützen also die These, dass der beste Weg um Familien aus extremer Armut zu helfen derjenige ist, Menschen Mittel und Wege an die Hand zu geben, mit denen sie sich selbst aus dem Teufelskreis der Armut befreien können. Der Effekt ist zudem viel größer und nachhaltiger und die Menschen können ein würdiges und respektiertes Leben führen, ohne von irgendwem abhängig zu sein. Ich finde, dass klingt nach einem fantastischen Weg, um extremer Armut auf unserer Welt ein für alle Mal ein Ende zu setzen!  

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Junge Mädchen in Tansania vor Zwangsheirat bewahren? Gebt ihr eine Ziege! (ernsthaft)

Ein Beitrag von Joe McCarthy