Warum das wichtig ist
Rund um die Welt arbeiten Menschen unter gefährlichen und belastenden Bedingungen. Oft reicht ihr Gehalt nicht aus, um ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sie sind von Armut und Hunger betroffen und haben keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung. Schließe dich hier an und setze dich mit uns für bessere Arbeitsbedingungen ein.

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Vom Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch bis hin zum der Brand einer Kik-Zulieferfabrik in Pakistan - immer wieder zeigt sich, wie schlecht und teils gefährlich die Arbeitsbedingungen in manchen Produktionsländern sind. Auch deutsche Firmen lassen ihre Produkte oft in Asien und Afrika herstellen. Eine normale Jeans legt laut Bundesentwicklungsminister Gerd Müller bis zu 18.000 km zurück, bis sie bei uns im Geschäft ankommt. Oft verletzen die Zulieferer oder Dienstleister entlang der Lieferketten Menschenrechte, lassen ihre Angestellten unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Mindestlöhne werden nicht eingehalten, es gibt keinen funktionierenden Arbeitsschutz. In der Vergangenheit konnten Unternehmen und Marken dafür nicht verantwortlich gemacht werden – mit ein Grund, warum sich auch Jahre nach der Katastrophe von Rana Plaza nicht allzu viel geändert hat. 

Ein freiwilliges Gesetz hatte keine Wirkung

Vor einigen Jahren beschloss die Bundesregierung bereits den ”Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“. Unternehmen sollen demnach freiwillig auf menschenwürdige Bedingungen entlang ihrer Lieferketten achten. Eine repräsentative Umfrage der Bundes­regierung unter 2.200 Unternehmen zeigt: Nur 17 Prozent der Firmen haben dies erreicht. In anderen Ländern gibt es aus diesem Grund schon länger Lieferkettengesetze. Frankreich beispielsweise verabschiedete 2017 das sogenannte “Loi relative au devoir de vigilance des sociétés mères et des entreprises donneuses d’ordre“. Es verpflichtet französische Firmen dazu, Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltschutz zu erkennen, verhindern und öffentlich über die Maßnahmen zu informieren. Bei Missachtung können die Unternehmen haftbar gemacht werden. In Deutschland hingegen blieb es vorerst bei der freiwilligen Einhaltung.

2018 rief Lisa Jaspers, Gründerin des Berliner Fair Fashion-Labels Folkdays, eine Petition mit dem Hashtag #fairbylaw ins Leben. “Wir rufen alle dazu auf, die Petition zu unterzeichnen und unter dem Hashtag #fairbylaw zu verbreiten. Zeigt sie euren Freund*innen, der Familie und Arbeitskolleg*innen. Man muss noch nicht mal stark engagiert im Fair Fashion-Bereich sein, um dies zu tun. Es reicht, Fairness für alle zu wollen. Egal, ob man das schon lebt oder nicht. Wichtig ist deine Stimme“, lautet die Beschreibung der Petition. 2019 ging sie – anlässlich des sechsjährigen Jahrestags von Rana Plaza – in die zweite Runde. Mehr als 174.000 Menschen haben bereits unterschrieben.

Das Lieferkettengesetz soll die Einhaltung von Standards der Vereinten Nationen sicherstellen

Und der Druck auf die Politiker*innen hatte Erfolg: Zwar wollen Lobbyverbände eine gesetzliche Regelung verhindern. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmeier hat sich gegen ein Lieferkettengesetz ausgesprochen. Doch die Regierungs­parteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, sofern bis 2020 nicht die Hälfte der Unternehmen freiwillig ihre Standards angepasst hat. Da die Zahl allerdings bei nur 17 Prozent der Unternehmen liegt, wird die Koalition nun handeln.

“Freiwil­ligkeit führt nicht zum Ziel. Deshalb erarbeiten wir jetzt eine gesetzliche Regelung. Das sehen die Deutschen genauso: In einer aktuellen repräsentativen Umfrage sprechen sich drei von vier Deutschen für ein Lieferkettengesetz aus“, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in einem Interview. Auch viele Firmen haben sich bereits für das Lieferkettengesetz ausgesprochen, etwa BMW, Daimler, Tchibo und Vaude.

Doch was genau ist das Ziel des Gesetzes? “Das neue Gesetz soll dafür sorgen, dass auch am Anfang unserer Lieferketten grund­legende Menschen­rechts­stan­dards einge­halten werden, wie das Verbot von Zwangs- und Kinder­arbeit. Wir gehen nicht über das hinaus, was die Vereinten Nationen und die OECD ohnehin für Unternehmen vorgeben“, erklärt Müller. 

Rund 52 Unternehmen hätten sich dem inzwischen ein Jahr alten Textilsiegel “Grüner Knopf“ angeschlossen, beispielsweise Hessnatur, Jack Wolfskin, Trigema, aber auch Lidl und Aldi. Zu den Kriterien des Siegels gehören das Verbot von Weichmachern und Textilchemikalien, um die Umwelt zu schützen. Zudem sind Kinder- und Zwangsarbeit verboten, Mindestlöhne und Arbeitsschutz müssen eingehalten werden. Bereits jetzt hielten sich also viele Firmen an die Standards, die auch beim Lieferkettengesetz gelten würde.

“Aber es kann nicht sein, dass andere ohne Rück­sicht auf Menschen­rechts­stan­dards produzieren und sich so Wett­bewerbs­vorteile verschaffen. Märkte brauchen klare Regeln. Deswegen fordern auch 90 renommierte Unternehmen ein verpflichtendes Lieferkettengesetz“, erklärt Müller. Aufgrund der Corona-Pandemie werde es allerdings Übergangsfristen und Ausnahmen geben, etwa für kleine Handwerksbetriebe, um niemanden in der Wirtschaftskrise in zusätzliche Schwierigkeiten zu bringen.

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Menschenrechte: Wie eine Petition dabei half, Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen

Ein Beitrag von Tanja Koch