Von Sonia Elks

LONDON, 24. Oktober (Thomson Reuters Foundation) — Sie meinen es eigentlich nur gut: Studierende aus der westlichen Welt, die Freiwilligenarbeit in Waisenhäusern leisten. Doch oft fördern sie damit den Missbrauch und den Handel von Kindern. Das erklärte die britische Autorin J.K. Rowling beim Start ihrer Kampagne gegen den sogenannten “Voluntourismus“.

Finanziert aus Spendengeldern und der Entwicklungshilfe geben Waisenheime Millionen von Kindern ein Dach über dem Kopf – und stellen gleichzeitig ein lukratives Geschäft dar.

Denn in mindestens acht von zehn Fällen leben die Eltern der dort untergebrachten Kinder noch, wenn auch zumeist in Armut. Viele der vermeintlichen Waisenkinder werden an die Heime verkauft. Das berichtet die Kinderhilfsorganisation “Lumos“, die von der Erfinderin des jungen Zauberers Harry Potter ins Leben gerufen wurde.

“Einige Waisenhäuser wurden ausschließlich gegründet, um Kinder auszubeuten – anders gesagt, werden diese Kinder zum Lockmittel für ausländische Spenden“, sagte Rowling auf dem Jugendgipfel “One Young World“.

“Oft verlassen diese jungen [Reisenden] [die Waisenheime] in dem Glauben, etwas Gutes getan zu haben und sind entsetzt, wenn man ihnen dann die Fakten vorlegt und sie realisieren, dass sie zum weiteren Bestehen dieses Missstands beigetragen haben“, fügt sie hinzu.

Extreme Armut, Krieg und andere Katastrophen zwingen viele Familien, ihre Kinder an Waisenheime abzugeben, so Lumos. Doch mit etwas Unterstützung könnten die meisten von ihnen von ihren Familien und Gemeinden versorgt werden.

Beim Start ihrer Kampagne #HelpingNotHelping wurde Rowling von zwei jungen Menschen begleitet, die als Kinder in Pflegeeinrichtungen gegeben wurden und sich dafür einsetzen, dass Kinder bei ihren Familien bleiben können.

Ruth Wacuka, die in einem Waisenhaus neben einem Tierschutzgebiet für Giraffen in Kenia aufgewachsen ist, berichtet, dass ausländische Freiwillige sich in ihrem Waisenhaus oft wie in einer Touristenattraktion verhalten hätten.

“Man kann sich vorstellen, wie viele Menschen nach Afrika gekommen sind, um Giraffen zu sehen. Also reisten sie ins Giraffengebiet und machten Fotos von den Giraffen; und danach ins Waisenheim, um Fotos von mir zu machen. Kinder sollten nie wie in einer Touristenattraktion ausgestellt werden“, sagt sie.

Eluxon Tassy, die als Kind in einer Pflegeeinrichtung auf Haiti aufwuchs, erzählt, wie ganze Ströme von Freiwilligen mit großen Versprechungen von Sicherheit und Liebe anreisten, nur um kurz darauf abzufahren und nie wieder gesehen zu werden.

Die #HelpingNotHelping Kampagne wendet sich an Unternehmen, Schulen und Universitäten mit der Aufforderung, ihre Spenden an solche Waisenheime einzustellen. Zudem sollen sie garantieren, keine Ausflüge zu diesen Waisenheimen anzubieten oder für diese zu werben.

Stattdessen rät Rowling jungen Reisenden, Projekte zu fördern, die Armut bekämpfen oder lokale Gemeinden unterstützen.

“Wenn dieses [Spenden-] Geld und diese Energie stattdessen in Wohltätigkeitsorganisationen und Projekte fließen würden, die Gemeindedienste oder Familien stärken, könnten wir das [Armuts-] Problem innerhalb der nächsten Jahrzehnte lösen“, sagt sie.

In der offiziellen Empfehlung der britische Regierung an junge Reisende heißt es, dass Freiwilligenarbeit in Waisenheimen “ernsthafte, unbeabsichtigte Folgen für schutzlose Kinder haben“ könnte und die Gefahr besteht, “unbewusst zur Ausbeutung von Kindern beizutragen“.

(Ein Beitrag von Sonia Elks @soniaelks; Überarbeitet von Tom Finn und Lyndsay Griffiths; Bitte die 'Thomson Reuters Foundation' als Quelle angeben, wenn dieser Artikel zitiert / geteilt wird. Die Thomson Reuters Foundation liefert Beiträge über humanitäre Hilfe, Frauenrechte, Menschenhandel, Klimawandel und vieles mehr auf news.trust.org.)

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