Fakt: Mit jedem Jahr zusätzlicher Schulbildung, das ein Mädchen im Durchschnitt erhält, verbessert sich die Widerstandsfähigkeit ihres Landes gegen Klimakatastrophen. Das ist wissenschaftlich bewiesen.

Dennoch fehlt Bildung als wichtiger Bestandteil, wenn über den Schutz der Umwelt nachgedacht wird. Zum Glück gibt es die panafrikanische CAMFED-Bewegung (Campaign for Female Education). Mit ihrem Leitfaden “Agricultural Guide Program” klären die Mitarbeitenden Frauen aus marginalisierten landwirtschaftlichen Gemeinden über Nachhaltigkeit auf. 

Forget Shareka ist Mitglied der CAMFED-Bewegung und Gründerin von Chasi Foods, einem Unternehmen, das die Lebensmittelverschwendung in Simbabwe bekämpft. Sie erstellte den Leitfaden zusammen mit anderen jungen Frauen in Führungsverantwortung. Shareka setzt sich aktiv für eine nachhaltige Landwirtschaft in ihrer Gemeinde und darüber hinaus ein. 

Global Citizen sprach mit Shareka darüber, wie sie die Einführung nachhaltiger Techniken fördert und warum die Ausbildung von Frauen und Mädchen im Mittelpunkt der Klimaschutzmaßnahmen stehen muss. 


Global Citizen: Warum ist ein hochwertiger Zugang zu Bildung für Mädchen wichtig, um unsere globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren und den Klimawandel zu bekämpfen?

Forget Shareka: Schauen wir uns die am meisten gefährdeten Menschen in Ländern mit geringem Einkommen in Bezug auf Klimakatastrophen an – das sind vor allem Frauen. Wenn wir jetzt Mädchen ausbilden, werden sie eines Tages zu Frauen, die zu konkreten Lösungen beitragen können.

Kannst du uns etwas über die klimafreundlichen Praktiken erzählen, die CAMFED Frauen und Mädchen beibringt?

Sehr gerne. Auf der COP25 [der Klimakonferenz der Vereinten Nationen (UN) im Jahr 2019] hat CAMFED den Climate Action Award für das CAMFED Agriculture Guide Program gewonnen. Ich war eine der Personen, die den Leitfaden geschrieben haben, damit die von der Welt vergessenen Landwirt*innen ebenfalls erreicht werden. 

Hierbei handelt es sich in der Regel um Frauen, die keinen ausreichenden Zugang zu Land, Ausbildung und Ressourcen haben. Wir bringen sie mit den Informationen und Dienstleistungen zusammen, die ihnen helfen, ihre Erträge zu steigern. Wenn sie ihre Erträge steigern, trägt das auch dazu bei, die Widerstandsfähigkeit ihrer Community und die Klimaschutzmaßnahmen zu stärken. Mit diesem Leitfaden wurden bis zum letzten Jahr mehr als 35.000 Landwirtinnen geschult. 

In Afrika müssen die meisten Frauen in abgelegenen Regionen lange Strecken für die Suche nach Brennholz zurücklegen. Um diese Last zu erleichtern, haben wir versucht, einen niedrigen, effizienten Herd zu entwickeln, der nicht viel Brennholz benötigt und gleichzeitig die Wiederaufforstung von Bäumen ins Spiel zu bringen. 

Wie hat sich die Klimakrise auf deine Region ausgewirkt und welche Rolle spielen Mädchen und Frauen bei den Wiederaufbaumaßnahmen?

Das Tragischste ist doch, dass der gesamte afrikanische Kontinent nur drei Prozent der weltweiten Emissionen ausstößt. 

Ich würde gerne zitieren, was, wie ich glaube, einer der Landwirtschaftsminister*innen [auf der COP26 im Jahr 2021] sagte: "Wenn es nicht regnet, weinen wir und wenn es regnet, bluten wir." Ich teile dieses Gefühl. Wenn es nicht regnet, haben wir es mit sehr ernsten Dürren zu tun, die eine große Belastung für die Frauen darstellen, denn in den meisten Familien, vor allem in den ländlichen Gebieten, sind sie für die Nahrungssuche verantwortlich. 

Wenn eine Klimakrise eintritt, bedeutet das, dass eine Frau gezwungen ist, weit weg von ihrem Zuhause nach Arbeit zu suchen und einem Mädchen wird die zusätzliche Verantwortung übertragen, sich um die Geschwister zu kümmern, während die Mutter nicht zu Hause ist. Das wirkt sich auch auf die Gesundheit der Familie aus, weil die Menschen sich nicht ausreichend ernähren. Sie sind Krankheiten ausgesetzt, die mit der Unterernährung zusammenhängen. Außerdem müssen die Mädchen Wasser suchen und unterwegs besteht die Gefahr, vergewaltigt zu werden. 

Wenn es jedoch zu viel regnet, wenn es Überschwemmungen gibt, werden die Menschen vertrieben. Während des Zyklons Idai mussten viele Familien flüchten und waren gezwungen, in ungeeigneten Strukturen zu wohnen, was die Fälle von Missbrauch erhöhte. Ihre Sicherheit ist in derartigen Infrastrukturen nicht gewährleistet. Kurz gesagt, eine Klimakrise führt zu einer humanitären Krise. 

Du beschreibst hier eine dramatische Situation für viele Frauen und Mädchen. Was kann dagegen getan werden und wie versucht Chasi Foods Nachhaltigkeit in seine Mission zu integrieren?

Wir versuchen, die Ernteverluste und die Lebensmittelverschwendung durch Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Verarbeitung zu verringern, Innovationen und saubere Energie zu nutzen und gleichzeitig den Lebensstandard in den Gebieten, in denen wir tätig sind, zu verbessern. Weltweit wird jedes Jahr ein Drittel der produzierten Lebensmittel verschwendet. In Simbabwe werden ebenfalls 40 Prozent der jährlich produzierten Lebensmittel weggeworfen und das ist in den meisten afrikanischen Ländern die Realität. Mit diesen Lebensmitteln könnte man die Bevölkerung Kenias vier Jahre lang ernähren.

Wir arbeiten mit Landwirt*innen zusammen, insbesondere mit Frauen und Jugendlichen aus ländlichen Gebieten, die keinen Zugang zum Markt haben und verschaffen ihnen diesen, indem wir ihre Produkte aufkaufen. Außerdem bieten wir einigen alteingesessenen Landwirt*innen Trocknungsdienste für überschüssige Produkte an, die sich nicht verkaufen lassen und verlängern so die Haltbarkeit ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse. 

Wir tragen zur Ernährungssicherheit und zum Klimaschutz bei, denn wenn schlechte Lebensmittel verrotten, entstehen Kohlenstoffdioxid und Methan. So ist es uns allein im letzten Jahr gelungen, die Treibhausgasemissionen in der simbabwischen Landwirtschaft um zehn Prozent zu senken, was für ein erst drei Jahre altes Unternehmen ein großer Erfolg ist. 

Wie hast du erfahren, wie wichtig es ist, Frauen und Mädchen im Kampf gegen den Klimawandel zu stärken?

Frauen tragen nicht nur zu Veränderungen im Unternehmen [Chasi Foods] bei, sondern auch außerhalb des Unternehmens in ihren Haushalten. Wir legen zum Beispiel Wert auf Mülltrennung. Wir schmeißen nicht einfach Sachen weg. Ich habe mal eine Mitarbeiterin bei ihr zu Hause besucht. Dort stellte ich fest, dass auch sie den gleichen Prozess der Mülltrennung eingeführt hatte. Das bedeutet, dass wir nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern auch in der Gemeinde Veränderungen bewirken, weil die Leute das Wissen mit nach Hause nehmen und andere aufklären. 

Welchen Rat würdest du Personen geben, die in ihrer eigenen Gemeinde etwas gegen die Klimakrise unternehmen wollen?

Jeder Tag ist eine Gelegenheit für uns, auf unterschiedliche Weise zu helfen und zum Wandel beizutragen. Jede Gemeinde hat Bedürfnisse. Es gibt immer etwas, das getan werden kann, sei es im Großen oder im Kleinen. Es ist eine Frage der Zusammenarbeit. Es geht darum, zu sagen: "OK, wir müssen etwas unternehmen." Es ist eine Frage des Mitgefühls und Mitgefühl ist das Herzstück unseres Handelns.

Wir sollten einfach die Einstellung haben, dass ich, auch wenn ich vielleicht nicht der*die Verursacher*in bin, einen Beitrag zur Lösung des Problems leisten kann. Wir müssen die Verluste und Schäden bedenken, die den Menschen, die am wenigsten [zur Klimakrise] beitragen, zahlen müssen, denn das ist nicht fair.

Global Citizen Asks

Armut beenden

Warum afrikanische Frauen & Mädchen für die Bekämpfung der Klimakrise entscheidend sind

Ein Beitrag von Leah Rodriguez