Tun wir mal so, als seist du eine schwangere Frau. Und nun stell dir vor, du würdest das Baby bekommen und dürftest es nach der Geburt nicht sehen. Du dürftest es nicht in deinen Armen halten, nicht stillen. Stattdessen wirst du mit bis zu 60 anderen Frauen in einen Raum eingesperrt. Einfach, weil du es dir nicht leisten kannst, die Kosten für den Krankenhausaufenthalt zu zahlen.

Das ist kein Szenario aus einem Horrorfilm. Sondern Realität für arme Frauen in vielen Teilen der Welt. Auch Männer und Kinder sind betroffen und werden von Patienten zu Inhaftierten, wenn sie für medizinische Leistungen nicht bezahlen können. Diese Praktik ist erschreckend weit verbreitet und in einigen Regionen der Welt zur Normalität geworden.

Laut einer neuen Forschungsarbeit des internationalen Think-Tanks Chatham House gibt es möglicherweise Hunderttausende Patienten, die gegen ihren Willen festgehalten werden, hauptsächlich in Subsahara-Afrika und Asien. In vielen Fällen werden die Patienten physisch und psychisch misshandelt.

„Diese Festnahmen und damit verbundene Missbrauchsfälle verstoßen gegen viele internationale Gesetze und stellen eine grobe Verletzung der Menschenrechte dar", schrieb der Co-Autor der Zeitung, Robert Yates, in einem Begleitartikel. „Besonders schockierend ist, dass sie in Institutionen wie Krankenhäusern stattfinden, die eigentlich das Wohlbefinden von kranken und verletzten Menschen schützen und verbessern sollen."

Das kurzfristige Ziel der Inhaftierung von Patienten, soll Familienmitglieder beeinflussen, genug Geld aufzutreiben, um die Rechnungen zu begleichen. In den meisten dieser Fälle wurden Patienten in Krankenhäusern aufgenommen, weil es einen unerwarteten, medizinischen Notfall gab – und dies ist besonders teuer.

Für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft könnte ein solcher Besuch im Krankenhaus bedeuten, dass man sich einer langen Inhaftierung aussetzt. Diese kann zur Folge haben, dass sie ihren Job verlieren und nicht in der Lage sind, sich um ihre Kinder oder andere Familienmitglieder zu kümmern. 

Patienten in einem Krankenhaus in Kenia gaben an, dass sie im Jahr 2015 vom Krankenhauspersonal zum Sex gezwungen wurden, weil sie ihre Rechnung nicht bezahlen konnten. Andere ehemalige Patienten berichteten von systematischem Menschenhandel: Während verarmte Mütter ausgebeutet wurden, boten Krankenhausarbeiter neugeborene Kinder für Geld an.

In vielen Fällen werden diese inhaftierten Patienten von bewaffnetem Personal überwacht und mit Schlägen bedroht, wenn sie versuchen zu fliehen.

Global Citizen setzt sich für die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen ein. Dazu gehören auch eine gute Gesundheitsversorgung für alle Menschen und die Reduzierung von Ungleichheit. Hier kannst du aktiv werden und den ärmsten der Welt deine Stimme leihen.

Die verheerendste Folge dieser Praxis besteht darin, dass schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen von einer medizinischen Behandlung ausgeschlossen werden.

Die Autoren des Papiers schlagen deshalb vor, dass im ersten Schritt Gesetze erlassen werden müssen, die diese Praxis verbieten. Aber Gesetze alleine reichen nicht. Es braucht Maßnahmen, die die Ursachen von Armut und mangelnder Gesundheitsversorgung in den ärmsten Ländern der Welt verhindern. Nur das kann der Schlüssel zum Schutz der Rechte jener Menschen sein, die am wahrscheinlichsten ausgebeutet werden.

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Armut beenden

Frauen zum Sex gedrängt, weil sie Krankenhausrechnung nicht bezahlen konnten

Ein Beitrag von Andrew McMaster